ein Töchterlein geblieben – ihr Haupt hinlegen konnten[1]. Im Juli 1630 sollte er, da er 15 Taler an Hauszins schuldete, das Losament verlassen, das er zwei Jahre bewohnt hatte. In seiner Not wandte er sich an Pflug mit der Bitte um Vermittlung einer Auszahlung bei der Rentkammer, da auf andere Weise von dort nichts zu bekommen sei – ein Zeugnis für die damaligen zu stände in der Kurfürstlichen Kammer.
Noch eine größere Arbeit, die der trotz seiner Vernachlässigung unverdrossene Künstler 1630 für den Hof ausführte, wird uns bekannt. Der Kurfürst wünschte, daß auf der „Tafel“, welche die Grundlegung der Stadt Dresden zeigte, an der Ringmauer noch die dahin gehörigen Gebäude eingefügt würden. Es waren dies: Münze, Gießhaus, Salzhaus, der verstorbenen Frau Mutter (Sophie, Christians I. Witwe, † 7. Dezember 1622) Haus auf der Kreuzgasse, die Häuser um die Klosterkirche herum, ferner die Hof-Apotheke, das Back- und das Brauhaus. Vogel, dem durch Pflug der Wunsch des Kurfürsten mitgeteilt wurde, verlangte genügend Zeit zur Verrichtung dieses Werkes und 60 Gulden Bezahlung, damit er das noch Fehlende dazu bringen und das ganze Stadtbild damit vollenden möge[2]. Am 4. Dezember 1630 schrieb er dann die Quittung über seine Arbeit, die er folgendermaßen schilderte: „Die Churf. Stadt Dresten alhier, mit den vornehmsten Gebäuden und allen ihren Gassen, nach dem verjüngten Maßstab, auf eine Tafel mit Ölfarbe – kontrafektisch zu Werk gerichtet[3].“ Dies ist die große Tafel im Grünen Gewölbe (s. u.), zu welcher der Künstler schon 1620 den Riß geliefert hatte. Jetzt hoffte er an diesem Werke 400 Taler „wohl verdienet“ zu haben – letzteres wahrscheinlich die (noch unbezahlte) Gesamtsumme. Der Hausmarschall übergab das Gemälde 1631 dem Kurfürsten. Dieser war indessen noch nicht ganz befriedigt. Seinem Kammerdiener Christoph Lehmann gegenüber sprach er sich dahin aus, daß „zum Werk noch mehr kommen solle“, zeigte auch auf der Bildtafel die Orte, wohin noch etwas gehöre. In den ersten Tagen des Jahres 1632 versprach daraufhin der Maler, alles, was sein Herr wünsche, noch hinzuzufügen, da dies ja sein Beruf sei. Doch stellte er auch seinerseits eine berechtigte Forderung. In der Rentkammer war eine ältere Anweisung vom Kurfürsten, daß Vogel, wenn er Arbeit für den Hof habe, wöchentlich einen Taler Sondervergütung neben seiner Besoldung erhalten sollte. Er erbat diesen jetzt, wollte dafür sogar auf Extrabezahlung der noch zu leistenden Arbeit an der großen Tafel verzichten, da ihm nur darum zu tun wäre, daß seines Herrn Wille erfüllt würde. Schon hatte er fleißig abgezeichnet, was er alsbald zu dem Werke gebrauchen könnte, wenn „Verlag“ vorhanden wäre[4].
Dieser Verlag traf aber nicht ein. Denn seit 1632 finden wir den Maler in der bittersten Not, die noch dazu durch schweres Unglück in seiner Familie vermehrt ward. Nur zwei menschenfreundliche Männer nahmen sich seiner in dieser betrübtesten Zeit hilfreich an: Es sind der kurfürstliche Kammerdiener Christoph Lehmann und der Hausmarschall Georg Pflug.
Seit Anfang 1632 hatte der Bedrängte keinen roten Heller von seiner Besoldung erhalten; erst 1638 waren nur notdürftig in kleineren Raten die Jahrgelder für 1632 und 1633 abgezahlt, sodaß dem Gläubiger noch die Summe von 500 Gulden zu fordern blieb[5]. Welcher andere Ausweg hätte sich ihm da geboten, als der, sich an die Barmherzigkeit Höhergestellter zu wenden? So hat ihm 1633 Christoph Lehmann im April einen Taler geliehen und im August ebensoviel an Besoldung vermittelt[6]! Noch in dieser Sommerszeit aber sollte den so schon hart geprüften Familienvater das Schwerste treffen: die Pest zog ein auch in sein Haus. Er mußte wegen der Ansteckungsgefahr mit Weib und Töchterchen aus der Stadt weichen und ins Lazareth gehen[7]. Dort lagen ihm Weib und Kind krank darnieder, dort starben sie ihm auch vor seinen Augen[8]. Ein mitleidiger Mann, namens Hieronymus Faber, vermittelte ihm kleinere Geldsummen, die er auf „flehentliches Ersuchen“ von Christoph Lehmann „aus mitleidendem Gemüt und in Ansehung der großen Notdürftigkeit Vogels“ erhalten hatte[9]. So konnte der Vater wenigstens seine lieben Toten in die Erde bringen. Während er sich aber noch außerhalb der Stadt aufhielt, belegte sein hartherziger Wirt in der Stadt die wenigen Sachen, die dem Vereinsamten geblieben waren, mit Beschlag. Es bedurfte der energischen Vermittelung des „Generals im Zeughaus“, wohl Paul Buchners, um diesen Zwangsversuch rückgängig zu machen. Vogel stellte seine Mobilien in einem Hause der Schreibergasse in Verwahrung, behielt aber für sich selbst notgedrungen noch sein Stübchen vorm Wilsdruffer Tore, wo er allerdings wegen der Enge des Raumes nicht arbeiten konnte. Sein einziger Wunsch war nun, daß Gott ihm die Gesundheit lassen möchte, damit er wieder in die Stadt hineinziehen, die noch unfertige Arbeit für den Kurfürsten zu dessen Gefallen beenden und sich
auf diese Weise erhalten könnte[10]. Christoph Lehmann
- ↑ H.-St.-A. Loc. 9835 Die Churf. Kunst-Cammer – Bl. 92.
- ↑ H.-St.-A. Loc. 4520 Bestallungen 1601 – 50. Vol. II. Bl. 86.
- ↑ H.-St.-A. Loc. 14599 Anderes Vogeln Mahlern betreffende was er auff abrechnung seiner Arbeit bekommen [1630 – 34] Bl. 1.
- ↑ H.-St.-A. Loc. 4520 a. a. O. Bl. 85.
- ↑ H.-St.-A. Loc. 7287 Einzelne Schriften, Cammersachen – 1592 – 1677.
- ↑ H.-St.-A. Loc. 14599 a a. O. Bl. 2 f. (s. Anm. 40).
- ↑ Ebenda Bl. 4.
- ↑ H.-St.-A. Loc. 14599 a. a. O. Bl. 8.
- ↑ Ebenda Bl. 4 – 5.
- ↑ Ebenda Bl. 7.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/21&oldid=- (Version vom 21.12.2024)