13. März 1801 dort seine Antrittspredigt. Im Jahre zuvor hatte er doch auch noch den Entschluß gefaßt, sich zu verheiraten: er verlobte sich mit einer früheren Schülerin, der Tochter des Salzschreibers Markendorf, Lottchen, der er seit 24 Jahren heimlich zugetan gewesen; nun endlich gestand er ihr in einer volle 16 Seiten langen Epistel seine Liebe. Bald nach dem Amtsantritte in Ortrand, am 12. April 1801, erfolgte die Trauung in der Sophienkirche zu Dresden. Mehr als zwei Jahrzehnte noch hat der tüchtige, edelgesinnte und charaktervolle Mann in kinderloser, aber glücklicher Ehe gelebt und segensreich in seiner Gemeinde gewirkt. Auch hier hat er wieder eine Reihe theologischer und historischer Aufsätze verfaßt und noch etwa 40 Kirchenmusiken komponiert; zwei musikalische Werke erschienen im Druck: Vorspiele zu Übergängen und Cadenzen in andere Tonarten für die Orgel und das Pianofort (Leipzig 1813) und Kleine Generalbaßschule (Meißen 1820), letztere wohl sein bekanntestes Werk. Am 24. Januar 1823 ist er an Altersschwäche zu Ortrand gestorben. Sein Grab ist noch erhalten. Ein Bildnis von ihm gibt es nicht.
Schreyer hat unter dem Titel „Meine Lebensgeschichte“ eine 538 Quartseiten umfassende Selbstbiographie[1] hinterlassen, die in fünf Zeiträume (Kindes-, Chor-, Universitäts-, Kandidaten- und Amtsjahre) eingeteilt ist. Er hatte sich schon als Schüler Aufzeichnungen über die Erlebnisse seiner Knabenjahre gemacht und seit seiner Universitätszeit Tagebücher geführt, mit Hilfe deren er dann gegen Ende seiner Kandidatenjahre, als er den Abschluß seines entbehrungsreichen Lebens herbeisehnte, auf Bitten teilnehmender Freunde die Lebensgeschichte ausarbeitete. Bei der pedantischen Genauigkeit seiner Mitteilungen auch über die geringfügigsten Vorkommnisse seines nicht sehr ereignisvollen Lebens und bei der etwas ermüdenden Trockenheit des Tones, in dem er schreibt, würde die Selbstbiographie im ganzen für weitere Kreise schwerlich genießbar sein. Aber die ersten beiden Abschnitte, in denen er seine Erlebnisse als Kind während des Siebenjährigen Krieges[2] und dann als Chorschüler auf der Annenschule schildert, bieten doch soviel Merkwürdiges zur Dresdner Lokal- und Sittengeschichte, ganz besonders auch zur Geschichte des Schulwesens, daß sie verdienen, im wesentlichen hier wiedergegeben zu werden.
Bisher hatten meine Eltern immer in einem mäßigen Wohlstande sich befunden und zufrieden gelebt, da es beiden nicht an Gelegenheit gefehlt hatte, etwas zu verdienen, und sie für ihre Kinder wenig Aufwand bedurften. Aber mit dem Jahre 1757 traten ungünstige Verhängnisse ein, seitdem mein guter Vater sich nie wieder erholen konnte. Der Siebenjährige Krieg war ausgebrochen, der schon an sich manche Besorgnisse erregte und vermehrte, manchen Erwerb verkümmerte und manches Erworbene raubte. Auch meine Eltern spürten bereits in diesem Jahre manche Folgen von seinem nachteiligen Einflusse. . . . . .
Ich sah es ja täglich mit an, wie mühselig mein armer Vater, bei verminderter Einnahme und vermehrten Aus- und Abgaben, seine kleine Haushaltung einschränken mußte. Fast Tag für Tag war die einfachste, magerste Kost das immer wiederkehrende Einerlei unsers Tisches, von dem wir jedoch zwar mehrmals nur knapp gesättigt, aber doch nie ganz hungerig zu Bette gegangen sind. Hiervon ein unter mehrern mir besonders erinnerlich gebliebenes Beispiel: Mein Vater hatte, da im Winter bei der Profession nichts zu verdienen war, sich beim Feldkommissariat in Neustadt mit anstellen lassen, wo er zu Ende des Februar auf 2½ Monate rückständigen Lohn zu fordern hatte. Als er
Anmerkungen
- ↑ Die Handschrift befindet sich noch im Besitz der Familie und ist mir von den Geschwistern Margarethe, Martin und Henri Scheuffler zur Veröffentlichung freundlichst überlassen worden.
- ↑ Die Abschnitte über die Kriegsereignisse sind bereits im Dresdner Anzeiger vom 29., 31. Oktober und 5. November 1876 veröffentlicht, dort aber natürlich jetzt kaum noch zugänglich.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/161&oldid=- (Version vom 20.1.2025)