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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/114

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Dies kam namentlich der Bildhauerei zugute, die damals wie ein Aschenbrödel ziemlich abseits stand. Ihr einziger Lehrer an der Akademie, der Hofbildhauer Franz Pettrich, begnügte sich in den meisten Fällen mit der schematischen Wiederholung abgebrauchter Motive, die er für bestellte Grabdenkmäler verwendete. Nur bisweilen glückte ihm ein edlerer Entwurf. Als solcher ist die lebensgroße liegende Figur der „schlafenden Unschuld“ zu nennen, die er für das Grab seiner 1803 verstorbenen ersten Gattin (auf dem alten katholischen Friedhofe in Dresden) ausführte, und deren Modell in Gips er 1805 auf der Ausstellung zeigte. Hier hat wirklich das Herz mitgesprochen. – Selten trat der Fall ein, daß Werke der Plastik öffentlich einer besonderen Erwähnung gewürdigt wurden. Einmal war es im Jahre 1803, als die Bildhauer Ulrich und Inspektor J. G. Matthäi zwei Kolossal-Büsten des sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. ausstellten, die zum Vergleiche herausforderten. Man gab damals der Arbeit Ulrichs den Vorzug wegen der Porträtähnlichkeit.

Die Architektur, die jedesmal verhältnismäßig stark vertreten war, zehrte von großen Vorbildern – hier besonders sind die Kopien häufig – oder richtete ihr Augenmerk auf Nützlichkeitsbauten. Daher fanden ihre Ausstellungen künstlerisch wenig Beachtung. Hölzer lieferte selten Arbeiten ein. So sah man meist uninteressante Schülerarbeiten. Im zweiten Jahrzehnt vertrat nur ein Ausländer den wirklich künstlerischen Standpunkt: der russische Hofbaumeister Ritter von Brenna. Er sandte architektonische Darstellungen aus Italien, 1814 u. a. auch sehr genaue Risse des Palais St. Michel zu Petersburg und eine Skizze des Plafonds im großen Saale daselbst. Durch ähnliche Arbeiten erregte später Joseph Thürmer Interesse, besonders durch die farbenprächtigen Aquarellen, die er 1814 bei seiner Reise mit F. Heger und H. Hübsch von Rom nach Griechenland ausgeführt hatte. Man sah von ihm z. B. den Hof des Venetianischen Palastes in Rom, die Tempel des Jupiter Stator in Rom, des Theseus in Athen, des Neptun in Pästum, ferner eine Ansicht des Parthenon auf der Akropolis zu Athen, daneben Grundrisse zu Landhäusern und zu bürgerlichen Wohnhäusern.

6. Die Aufnahme der Ausstellungen: Berichte und Urteile.

Die Frage: Wie nahm man innerhalb und außerhalb Dresdens die Kunstausstellungen auf? läßt sich natürlich nur nach den vorliegenden Berichten beantworten.

Aber mit diesen Berichten ist es durchaus nicht glänzend bestellt. Für viele der in Frage kommenden Jahre fehlen sachkundige Besprechungen gänzlich; nur die Zeit bis 1811 ist in dieser Beziehung gut versorgt. An den Stellen, an denen man sie zunächst sucht, findet man sie nur in dürftigem Umfange: nämlich in den Dresdner Zeitungen, insbesondere den „Gemeinnützigen Beiträgen“ zum Dresdner Anzeiger, die als ein Blatt der „Belehrung und Unterhaltung“ dienen wollten. Sie wissen über Mexiko und die Drehkrankheit der Schafe, über Reitschulen und Panoptiken, über den Stockfischfang in Neufundland und das Baden in offener Elbe recht angenehm zu plaudern – was aber den Dresdnern am nächsten liegen mußte: ihre kulturellen Interessen, sucht man meist vergeblich. So kommt auch die Kunstausstellung nur in den Jahren 1803, 1807, 1814 zu Worte; 1811 wird sie mit einigen Gedichtchen abgetan, sonst überhaupt nicht erwähnt. Dafür treten andere Quellen ein, vor allem die „Zeitung für die elegante Welt“, für die z. T. der Hofrat Böttiger die Berichte schrieb. Für die Jahre 1805 bis 1808 bringt Meusels „Archiv für Künstler und Kunstfreunde“ ausführliche und sachliche Besprechungen. Aus dem zweiten Jahrzehnt sind Referate über die Dresdener Ausstellungen nur sehr spärlich erhalten, z. B. im „Journal der Moden“. Für das dritte Jahrzehnt kommt vornehmlich das 1820 von Ludwig Schorn in Stuttgart begründete „Kunstblatt“ in Betracht, das Berichte über die Ausstellungen von 1820, 1822, 1824 und 1827 enthält, darunter solche von dem bekannten Kunstforscher J. G. von Quandt.

Parallel mit diesen allgemeinen Referaten gehen Urteile über einzelne ausgestellte Werke. So wurde 1808 Professor Seydelmanns Kopie der Raphaelschen Madonna, 1812 Tischbeins Allegorie „Die getäuschte Hoffnung“ unter die kritische Lupe genommen. In den Jahren 1811 und 1816 bestieg man zur Verherrlichung wohlgefälliger Kunstwerke sogar den Pegasus. Der Dresdner „Personensteuer-Rechnungs-Expeditions- Examinator“ Ehrenfried Gottlob Ebert, der Privatgelehrte Johannes Aloys Martyni-Laguna, sowie der obengenannte Advokat Hohlfeldt sprachen sich in poetischer Form, aber meist recht unpoetisch über Kunstwerke aus, die ihnen gefallen hatten. Ja, der auch schon erwähnte Theodor Hell, der 1816 das Amt eines Sekretärs bei der Königlichen Akademie der bildenden Künste übernommen hatte, glaubte sich in demselben Jahre – wahrscheinlich durch seine neue Stellung – verpflichtet, ein ganzes Heftchen solcher gereimter Anerkennungsschreiben zu verfertigen, das er unter dem Titel „Erinnerungstäfelchen an die Ausstellung der Kunstwerke in den Sälen der Königl. Sächs. Akademie der Künste zu Dresden, 1816“ in der Arnoldischen Buchhandlung verlegen ließ. Es enthielt Gedichte über ausgestellte Werke von Klengel, Rösler, Retzsch, Pochmann, Carl Vogel, C. D. Friedrich, Fr. Matthäi, Hartmann und Kügelgen.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/114&oldid=- (Version vom 21.1.2025)