Was Hildebrands Problem der Form in der bildenden Kunst ist, das soll die Aesthetik der Lyrik in der Dichtkunst sein: Ein Buch, aus dem der Dichter lernen kann.
Der Zweck dieser Schrift ist die Erschliessung des Verständnisses der eigenartigen, vielumstrittenen Schöpfungen Stefan Georges. Dabei wird ein Weg eingeschlagen, der von den Bahnen der üblichen literarischen Kritik gänzlich abweicht. Neu und besonders für Aesthetiker interessant ist der Versuch, ein allgemeines Schönheitsgesetz aufzustellen und deren Anwendung auf die Gedichte zu zeigen.
Dieses merkwürdige Werkchen verdient um der unerschrockenen Selbständigkeit willen, mit der der Verfasser seinen Weg geht, Beachtung, auch von denjenigen, die nach seinem eigenen Ausdruck zu den Geniessenden nicht gehören.
Zwymanns Buch ist keine Sonntagsnachmittags-Lektüre. Es erfordert eine tüchtige Denkanstrengung. Aber sie lohnt sich reichlich durch die Freude an der scharfsinnigen Durchdringung, an den neuartigen Gedanken, für die die Zeit erst reift, an der vollen Hingabe an Georges grosse Kunst, die diese bisweilen so spröde klingenden Worte erwärmt und durchleuchtet. Dem Märchen von der Unverständlichkeit Georges wird durch kurze Auseinandersetzung der einzelnen Gedichte ein Ende bereitet.
Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/157&oldid=- (Version vom 31.7.2018)