Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Eh’ sie von dannen gehen,
Und auch der Weg ist weit;
Indes flog das Verderben
Das grosse Völkersterben
Im Bayern-Land und Haus!
Eh’ sie die Stadt erreichen,
Die alle andern floh’n,
Geruch von weitem schon.
Man warnt, man rät zu bleiben;
Vergebens! Ohne Ruh’
Und unaufhaltsam treiben
Spät abends fuhr der Wagen
Ins Isarthor herein:
Wie ausgestorben lagen
Die hohen Häuserreih’n,
Die sonst so lärmend sind;
Aus schwarzen Wolkenmassen
Blies seufzerschwer der Wind.
Der Sohn hat kaum die Alte
So eilt er in die kalte,
Die todesschwangre Nacht;
Er kann nicht eher schlafen,
Zur Ruh’ nicht eher geh’n,
Das Schauspielhaus, geseh’n.
Und als es hoch und helle
Im Mondlicht vor ihm stand,
Da küsste er die Schwelle,
Und rief, die Händ’ erhoben,
Durch Thränen vor sich hin:
»Ich danke dir da droben,
Dass ich am Ziele bin!«
Erkrankt am Morgen drauf
Und abends – fortgenommem:
Gewöhnlicher Verlauf!
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/312&oldid=- (Version vom 31.7.2018)