Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Sein Kopf vom Planen brennt!
Nun sieht er endlich offen
Ein Feld für sein Talent;
Was schon sein sel’ger Vater,
Ein grosses Hoftheater,
Nun ist’s ihm doch beschert!
Und wie sein Glück die greise,
Schwerkranke Mutter rührt,
Getreulich mit sich führt!
Er ist zwar nur ein Mime,
Ein leichtes Künstlerblut;
Doch was dem Sohn gezieme,
Sie faltet die Hände beide
Und spricht, ins Bett verhüllt:
»So wird, bevor ich scheide,
Auch mir ein Wunsch erfüllt,
Mir schmerzlich vorenthalt’,
Den Leib des Herrn empfange
In beiderlei Gestalt.
Viel Kirchen, gross und kleine,
Doch meines Glaubens keine
Giebt’s hier im Land Tirol;
Wenn hier mein Stündlein schlüge,
So sagt die Nachbarin,
Wie ehrlos man mich hin.
Herr, thu mir solchen Schaden
An Leib und Seel’ nicht an!
Herr, führe mich in Gnaden
Bis München lass mich langen
Auf meiner Leidensbahn,
Und wenn ich heimgegangen,
Nimm du dich Fritzens an!«
Doch währt’s noch ein’ge Zeit,
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/311&oldid=- (Version vom 31.7.2018)