Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Verflucht der Tag, verflucht die Nacht,
Wo durch gewalt’ge Liebesmacht
Mein Herz und seins wie umgetauscht war!
Am Rand des Grabes habt Ihr mich
Gerettet aus dem Sündenpfuhle!
Nun auch bekehren darf mein Buhle.
Bringt mir ihn her, dass ich das Herz
Ihm ganz zerwühle und zermalme,
Bis er in tiefstem Seelenschmerz
Und leise tritt ihr Liebster ein,
Und langsam naht er sich dem Bette.
Da ruft sie laut: »Nun bist du mein!«
Und schlingt um ihn der Arme Kette.
Von neuen Lebensgluten scheinen,
Hat heiss und brünstig sie getaucht
Voll Liebeswahnsinn in die seinen.
»Was Seligkeit? was Himmelslust?«
»Der Himmel ist an deiner Brust
Und Seligkeit an deinen Wangen!
Noch einmal küssen musst’ ich dich –
Nun fahr’ ich gern zur Hölle nieder!« –
Auf ewig ihre Augenlider.
Mama.
Durchs grün umrankte Fenster blickt
Die Sonne ins Gemach.
Grossmutter sitzt und nickt und strickt,
Sie nickt den ganzen Tag.
Viel tiefe Furchen ein.
Zu ihren Füssen tändelnd kniet
Ihr jüngstes Enkelein.
„Was nickst du denn so immerzu?“
„Grossmutter! gar nicht schön bist du!
Dein Haar gefällt mir nicht –
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/309&oldid=- (Version vom 31.7.2018)