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Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/225

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Verschiedene: Die zehnte Muse

Vagantenlied.

Nun ist mir alles einerlei,
Geht es empor, geht’s abwärts wieder:
Und geht es gar nicht, streck’ ich mich
An Strassenrand zum Sterben nieder.

5
Der Morgen findet mich dann tot

Wie manchen Vogel auf der Halde,
Wie manches Wild, gestorben nachts
Vereinsamt, hilflos, tief im Walde.

Und streift der erste Frührotschein

10
Die Wangen mir, die leichenfahlen,

Dann schimmern sie, als freut’ ich mich,
Erlöst zu sein von meinen Qualen.


Maximilian Bern.





Begegnung.

Ein Wandrer zog mit müdem Schritt:
»Herr Postillon, ei, nehmt mich mit!«
Drin sass ein braunes Kind allein.
Nun fuhren traulich sie zu swei’n.

5
Er sprach, er habe das Glück gesucht,

Doch sei das Glück noch auf der Flucht;
Sie sprach, nun sei auch die Mutter tot,
Da suche sie jetzt als Magd ihr Brot.

Wie kurz die Fahrt! Das Posthorn klang,

10
Der Bursche sich aus dem Wagen schwang.

Sie sind einander nimmer begegnet,
Doch jedes hat still das andre gesegnet.


Paul Barsch.





Mit den Schwalben.

Ich zog mit den Schwalben einst fort von hier,
Nun kommen die Schwalben zurück mit mir.
Sie finden die heimischen Giebel und Bogen –
Mein Haus ist verfallen, mein Glück ist verflogen.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/225&oldid=- (Version vom 31.7.2018)