Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Meine Liebste, die hat einen andern gefreit,
Sie tanzte mit Fiedel und Klarinett’
In ein behäbiges Bürgerbett.
Da bleibt mir wohl nichts als Weitergeh’n
Meine Augen, die brennen und dürfen’s nit schau’n,
Wie die sich schnäbeln und Nester bau’n . . .
Vagabunden.
Auf staubiger Strasse fanden
Sich beide von ungefähr;
Er kam aus welschen Landen,
Sie kam von Norden her.
Sie war ein lockres Blut;
Sie küssten sich auf der Stelle
Als wären sie längst sich gut.
Zigeuner mit Zimbeln und Geigen
Die spielten den Hochzeitsreigen
Auf blumigem Wiesenplan.
Den Rest der Flasche tranken
Sie fröhlich miteinand,
Das Pärlein Hand in Hand.
Nur wenig beide sich frugen,
Sie fanden leicht ihr Glück,
Und frohgemeinsam trugen
Einst in ein Dorf hinunter
Stieg er im Abendschein;
Im hohen Korne munter
Harrte die Liebste sein.
Hungernd auf den Genoss.
Und er – er sass geborgen,
Sass hinter Riegel und Schloss.
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/226&oldid=- (Version vom 31.7.2018)