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Seite:Die geschichtliche Entwicklung des Thierschutzes.pdf/20

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ideale Zustände auch auf dem Thierschutz-Gebiete schaffen möchten und dabei dem Erreichbaren das Wünschenswerthe voranstellen. Eine dritte Kategorie von sogenannten Thierschützern, welche die Sache des Thierschutzes in den Augen des grossen Publikums in ein sehr schiefes Licht stellt, treibt ihre Voreingenommenheit für Thiere soweit, dass sie ohne Scheu erklärt: ihr gehe das Thier über den Menschen.

Mit solchen Leuten haben wir aber nichts gemein; wir verurtheilen auch beim Thierschutz jede Gefühlsüberspannung und bestreiten nicht dem Menschen sein Recht, das Thier zu nützen, erkennen im Gegentheil den Menschen die ihm zustehende Herrschaft über das Thier rückhaltlos an. Wir stellen hierbei aber als obersten Grundsatz auf:

„Wie die Vernunft den Menschen, so soll auch der Mensch das Thier beherrschen.“

Mögen, wie gesagt, hier und da Uebertreibungen auch beim Thierschutz vorkommen: der Kern der Thierschutz-Idee ist von den edelsten Geistern als durchaus berechtigt anerkannt worden und es ist ein durchaus wahres Wort, das ein altbewährter Thierschützer (Castelli) ausgesprochen hat:

„Thiere schützen, heisst Menschen nützen.“

Und zwar ist der Nutzen des Thierschutzes ein doppelter: nämlich ein moralischer und ein materieller.

Der moralische Nutzen liegt in der Förderung der allgemeinen Sittlichkeit.

Wenn die Menschen darauf hingeleitet werden, die Thiere schonend zu behandeln, Wohlwollen und Hilfe auch dem Thiere zuzuwenden, so werden sie naturgemäss humaner und gefühlvoller gegen die Mitwelt werden. Darin liegt aber ein grosser Nutzen für das ganze Menschengeschlecht.

Schon Lessing, der grosse Sohn der Lausitz, sagt: „Der mitleidigste Mensch ist auch der beste Mensch.“

Und Alexander von Humboldt, der wie selten Einer in der Welt herumgekommen ist und Länder und Völker kennen gelernt hat, urtheilt wie folgt: „Grausamkeit gegen Thiere ist eines der kennzeichnendsten Merkmale eines niederen und unedlen Volkes.“

Uebrigens bezeugen es hundert Beispiele, dass Thierquäler in der Jugend Menschenquäler im Alter wurden. Von dem grau- samen Kaiser Nero, der zum Vergnügen seine Residenz (Rom) an- zündete und hunderte seiner christlichen Unterthanen erst mit Pech bestreichen und dann anbrennen liess, um sich an ihren Qualen zu

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Schaefer: Die geschichtliche Entwickelung des Thierschutzes. Verlag des Vereins zum Schutze der Thiere, Dresden 1889, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_geschichtliche_Entwicklung_des_Thierschutzes.pdf/20&oldid=- (Version vom 5.9.2024)