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Seite:Die geschichtliche Entwicklung des Thierschutzes.pdf/19

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Lamartine sagte in dieser Beziehung: „Lasst den gemeinen Pöbel spotten, alle höheren Geister stimmen von Herzen Euern Bestrebungen für die allgemeine Liebe bei.“

Auch Kant stimmt den Ideen des Thierschutzes bei; in seinen „Metaphysischen Anfangsgründen der Tugendlehre“ heisst es im § 17: „Die gewaltsame und grausame Behandlung der Thiere ist der Pflicht des Menschen gegen sich selbst entgegengesetzt, weil dadurch das Mitgefühl an ihren Leiden im Menschen abgestumpft und folglich eine der Moralität, im Verhältniss zu anderen Menschen sehr diensame natürliche Anlage geschwächt und nach und nach ausgetilgt wird.“

Schon im Eingänge gedachte ich des Ausspruches des edlen Lord Erskine: „Es giebt keine wahrhaft gute Erziehung und es giebt auch kein wahrhaft gutes Heiz, ohne Mitleid gegen die Thiere!“

Ja, die „gute Erziehung“ und „das gute Herz“ sind in der That von jeher die Grundpfeiler des ächten Thierschutzes gewesen.

Wo immer sich eine Vereinigung für die Sache des Thierschutzes findet, da sind Bildung und Gemüth stets die treibenden Factoren gewesen; denn weder irgend ein Gesetz, noch ein persönliches Interesse gebietet die Gründung eines Thierschutz-Vereins. Frei aus dem Willen gleichgesinnter Menschen entsteht er, gleichsam als ein Wiederklang göttlicher Barmherzigkeit, die auch in das menschliche Herz Mitgefühl herabsenkt für die lebende Creatur und die ihre allumfassende Liebe und Fürsorge auch auf das kleinste, uns unbedeutend erscheinende Geschöpf erstreckt.

Freilich mögen noch immer breite Volksschichten vom Thierschutz überhaupt Nichts wissen.

In rohen Egoismus versenkt, kennen sie kaum eine Rücksicht gegen ihre Mitmenschen, geschweige denn gegen ein hilfloses Thier.

„Das Thier ist mein, ich kann damit machen, was ich will“, das ist eine ziemlich landläufige Redensart.

Aber auch in vielen sonst wohlgesinnten Kreisen begegnet die Sache des praktischen Thierschutzes einem gewissen Indifferentismus. Ja – und dies kann leider nicht verschwiegen werden – der Thierschützer muss zuweilen ironische oder gar spöttische Bemerkungen über sich ergehen lassen.

Allerdings muss zugegeben werden, dass sich auch beim Thierschutz hier und da eine Gefühlsüberspannung kund giebt, die meist in einer einseitigen Vorliebe für Thiere (besonders Hunde und Katzen) wurzelt und zur Verzärtelung und Verhätschelung derselben führt; auch findet man nicht selten sentimentale Seelen, welche

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Schaefer: Die geschichtliche Entwickelung des Thierschutzes. Verlag des Vereins zum Schutze der Thiere, Dresden 1889, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_geschichtliche_Entwicklung_des_Thierschutzes.pdf/19&oldid=- (Version vom 5.9.2024)