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Seite:Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen.pdf/78

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Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen

Es sind zur Zeit an derartigen Privatgleisanlagen vorhanden:

Bahnlinien Anzahl Gesamtlänge
in Metern
Ungefährer
Herstellungsaufwand
(exkl. der etwaigen
Arealerwerbungskosten).
auf freier Strecke in Bahnhöfen zusammen
1. normalspurige          
Johanngeorgenstadt-Schwarzenbrg. 1 1 165 3 500
Pirna-Berggiesshübel 2 4 6 998 29 000
2. schmalspurige          
Wilkau-Saupersdorf 9 1 10 535 10 200
Hainsberg-Kipsorf 4 1 5 712 14 325
Döbeln-Oschatz 2 4 6 652 17 200
Radebeul-Radeburg 1 1 2 220 3 900
Klotzsche-Königsbrück 2 1 3 201 2 650
Zittau-Markersdorf 1 1 2 194 3 380

Der durchschnittliche Herstellungspreis beträgt hiernach pro laufendes Meter

an den normalspurigen Sekundärbahnen 30,00
an den schmalspurigen Sekundärbahnen 20,50 "

Die Herstellung der Zweiggleis- und Weichenanschlussanlagen erfolgt ebenso wie an den Hauptbahnen - so auch an den Sekundärbahnen lediglich auf Kosten der betreffenden Privaten. Der Bau wird entweder durch Organe der Staatseisenbahnverwaltung oder doch wenigstens unter Aufsicht derselben ausgeführt. Die Bedienung der Weiche liegt ausschliesslich der Bahnverwaltung ob, ihre Benutzung steht unter der Kontrole der letzteren, und sowohl der Gleisinhaber als auch dessen Leute, welche von ihm zu vertreten sind, haben allen Anweisungen der zuständigen Bahnorgane Folge zu leisten. Die Weiche muss stets unter Verschluss gehalten werden, ebenso der an derselben eventuell anzubringende Sperrbaum.

Die Zuführung der Wagen sowie die Abholung derselben geschieht regelmässig in der Weise, dass die beladenen und leeren Wagen von der Eisenbahnverwaltung bis über die Weiche auf das Zweiggles gebracht und von da wieder abgeholt werden, während die Bewegung der Wagen auf dem Zweiggleise selbst lediglich durch Leute des Zweiggleisinhabers zu bewirken ist. Nach und von dem Zweiggleise werden gewöhnlich nur Wagenladungen befördert. Werden ausnahmsweise auf Verlangen des Gleisinhabers auch Stückgüter übergeführt, so wird hierfür in der Regel dieselbe Zuführungsgebühr erhoben, welche für vollbelastete Wagen zur Erhebung kommt, ohne Rücksicht auf die thatsächliche Belastung des Wagens.

Die Bestimmung der Stunden, in welchen die tägliche Zuführung beziehungsweise Abholung der Wagen nach und von dem Zweiggleise erfolgt, ist ausschliesslich dem Ermessen der Bahnverwaltung vorbehalten; auch kann in der Regel vom Gleisinhaber nur eine einmalige tägliche Zu- und Abführung beansprucht werden. Die Uebergabe und Abnahme der Wagen auf dem Zweiggleise erfolgt unter Zuhilfenahme handlicher Quittungsbücher, die der Bedienstete, welcher den Zug begleitet, bei sich führt. Die Bestellung leerer Wagen zur Beladung hat vorschriftsmässig mindestens zwölf Stunden, bevor dieselben gebraucht werden, zu erfolgen.

Für am Zweiggleise unbetheiligte Personen darf eine Zuführung bez. Abholung von Wagen in der Regel nur mit Genehmigung der oberen Bahnbehörde bewirkt werden. Der Zweigglersbesitzer haftet auch in derartigen Fällen für Bezahlung der Fracht u. s. w. gerade so, als wenn die Zuführung bez. Abholung für ihn erfolgt wäre. Dagegen hat der Zweiggleisbesitzer zu gestatten, dass sein Gleis, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zweiggleisbetriebes geschehen kann, zur Aushilfe für Zwecke der Staatseisenbahnverwaltung benutzt werde, ohne dass ihm ein Vergütungsanspruch deshalb zustände.

Die Entladung und Beladung der Wagen muss binnen der im Lokaltarif für die Sächsischen Staatseisenbahnen vorgeschriebenen zwölf- bezw. sechsstündigen Frist bei Vermeidung der dort angedrohten Nachtheile (Entrichtung von Wagenstandgeld) vorgenommen werden. Diese Fristen laufen von dem Augenblicke an, in welchem die Wagen auf das Zweiggleis gestellt wurden, bis dahin, wo sie wieder als zur Abholung bereit angemeldet und an die Weiche gestellt werden.

Für alle, während der Zeit, wo sich die Wagen auf dem Privatgleise befinden, an denselben vorkommenden sowie für die infolge unzweckmässiger Verladung oder sonstiger unpflegsamer Behandlung durch den Gleisinhaber oder durch dessen Leute oder auch durch dritte Personen herbeigeführten Beschädigungen hat der Gleisinhaber einzustehen, und sämmtliche Reparaturkosten zu übertragen. Auch ist für den Fall, dass durch das Vorhandensein des Zweiggleises oder der letzteres mit den Gleisen der Staatsbahn verbindenden Weiche ein Unfall beim Eisenbahnbetriebe veranlasst werden und hierbei ein Schaden an Personen oder Sachen entstehen sollte, für dessen Ersatz die Haftpflicht der Staatseisenbahnverwaltung als der Betriebsunternehmerin nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder auch nach dem Reichsgesetze vom 7. Juni 1871 (dem sogen. Haftpflichtgesetze) in Anspruch genommen wird, der Inhaber des Zweiggleises gegenüber der Staatseisenbahnverwaltung dermassen ersatzpflichtig, dass er derselben nicht nur den ihr etwa selbst erwachsenen Schaden zu ersetzen, sondern auch den von ihr wegen eines solchen Unfalles an Dritte geleisteten Schadenersatz vollständig zu vergüten verpflichtet ist. Eine Ausnahme hiervon findet nur dann statt, wenn der entstandene Schaden nachweislich auf die Verschuldung der Eisenbahnverwaltung oder ihrer Leute zurückzuführen ist.

Die Gestattung des Weichenanschlusses und der Zweiggleisanlage erfolgt nur unter Vorbehalt eines jederzeit geltend zu machenden Widerrufsrechtes; doch ist dem Gleisinhaber die Zurückziehung der vertragsmässig zugesagten Befugnisse in der Regel zwei Monate vorher durch die Staatseisenbahnverwaltung anzukündigen. Andererseits hat dagegen auch der Gleisinhaber das Recht, seine Befugnisse jederzeit unter ebenmässiger Aufkündigung wieder aufzugeben.

Dabei behält sich die Staatseisenbahnverwaltung stets das Recht vor, in folgenden Fällen den Vertrag ohne vorhergehende Aufkündigung sofort aufzulösen:

     a) wenn den in Bezug auf die Weichenanlage und den Gebrauch derselben ertheilten Anordnungen der Bahnverwaltung nicht gehörig Folge geleistet wird,
     b) wenn der Zweiggleisbesitzer mit Abführung der ihm vertragsmässig obliegenden Geldleistungen im Rückstande bleibt, oder
     c) wenn zu dem Vermögen desselben Konkurs eröffnet werden sollte.

Nach Auflösung des Vertrages wird durch Organe der Staatsbahnverwaltung der auf bahnfiskalischem Areale liegende Theil der Anlage abgebrochen und der frühere Zustand wieder hergestellt. Die hierdurch entstehenden Kosten sind in allen Fällen vom Gleisinhaber zu übertragen.

Empfohlene Zitierweise:
Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen. Druck von H. S. Hermann, Berlin 1886, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sekund%C3%A4r-Eisenbahnen_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen.pdf/78&oldid=- (Version vom 3.4.2025)