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Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen |
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Die Beförderung des Postdienstes erfolgt auf den übrigen Sekundärbahnen entweder
a) | in besonderen, den Sekundärbahnzügen beigestellten Postwagen, oder |
b) | in separaten Abtheilungen von Personen- oder Güterwagen, oder |
c) | in dem von der Post- und Eisenbahnverwaltung gemeinschaftlich benutzten Gepäckraume des Zugführerwagens. |
Ausserdem werden auf einigen Linien die Postgüter auch in verschlossenen Säcken oder Brief beuteln durch das Eisenbahnpersonal mit befördert.
Die Entschädigung, welche die Eisenbahnverwaltung für den Postdienst auf den Sekundärbahnen bezieht, ist im Durchschnitt – entsprechend der geringeren Menge der zu transportirenden Postgüter – erheblich niedriger als diejenige auf den Hauptbahnen. Nach den hierüber für das Jahr 1884 gesammelten Unterlagen betrug die Einnahme der Eisenbahn für die Leistungen zu Gunsten der Post pro Kilometer
bei den Hauptbahnen | 126,9 | ℳ |
bei den Sekundärbahnen (mit Ausschluss der Linie Pirna-Berggiesshübel) dagegen nur | 35,2 | " |
Bezüglich der Transportleistungen im militärischen Interesse gelten für die Sekundärbahnen dieselben Bestimmungen, welche für den Eisenbahnverkehr im allgemeinen massgebend sind. In der Natur der Sache liegt es jedoch, dass – soweit es sich um militärische Massentransporte handelt – die beschränkte betriebliche Ausrüstung der Sekundärbahnen, speziell der Schmalspurbahnen, in mehrfachen Beziehungen einen einschränkenden Einfluss ausüben muss.
Eine besondere Fürsorge hat man auf den Sächsischen
Sekundärbahnen, speziell auf den Schmalspurbahnen, dem Zweiggleiswesen
zu Theil werden lassen. Schon aus dem Charakter
dieser Linien, als rein lokaler Transportstrassen. ergibt sich
die Nothwendigkeit, auf die thunlichst unmittelbare Einbeziehung
auch der kleineren Verkehrsquellen bedacht zu sein.
Während die Hauptbahn, beziehungsweise die Station der
Hauptbahn, in der Regel den Zweck hat, einem grösseren
Interessentenkreis in seiner Gesammtheit die Vortheile einer
gleichmässigen Verkehrserleichterung zu verschaffen, und
während hier – abgesehen von denjenigen Ausnahmefällen, wo
die besonderen lokalen Verhältnisse einzelner Unternehmungen
eine direkte Schienenverbindung gestatten – von einem Aufsuchen
der einzelnen Produktionsstellen selbst meist schon aus
örtlichen Gründen nicht die Rede sein kann, findet die lokale.
Sekundärbahn gerade in der Berücksichtigung und Bedienung
solcher spezieller Verkehrsbedürfnisse ihre vorwiegende Aufgabe.
Das Vorhandensein mehrerer bedeutender Fabriken genügt in
gewissen Fällen schon, um der Sekundärbahn, und namentlich
der Schmalspurbahn, eine leidliche Verkehrsentwickelung zu
sichern, und speziell bei den Schmalspurbahnen wird sich das
Verhältniss nicht selten so gestalten, dass nicht sowohl die
Bedeutung einer Gegend oder eines Ortes im allgemeinen,
als vielmehr das Vorhandensein einer grösseren Anzahl
von vornherein bestimmter Etablissements für den Bau
der Eisenbahnlinie überhaupt ausschlaggebend ist. Aus diesen
Gründen folgt aber von selbst, dass bei den Sekundärbahnen
bei Berücksichtigung der einzelnen Verkehrsquellen in der
Regel weitergegangen werden muss, wie bei den Hauptbahnen,
und namentlich bei den Schmalspurbahnen sind – infolge des
grösseren Spielraumes bei der Kurven- und Neigungsbestimmung –
auch in technischer Hinsicht die Vorbedingungen für
eine derartige Sonderberücksichtigung der einzelnen Etablissements
in der Regel vorhanden. Dabei erfüllen die Zweiggleise
bei den Sekundärbahnen gewissermassen denselben Zweck wie
die Sekundärbahnen selbst in ihrem Verhältnisse zur Hauptbahn;
sie sind die Saugadern für den Verkehr der Stammbahn,
und je mehr es dieser an einem hinlänglichen, allgemeinen
Verkehr gebricht, um so bedeutungsvoller müssen diese Gleisanschlüsse
für die Sekundärbahn selbst sein, um so eifriger
aber auch das Bestreben der Verwaltung, ihre Vermehrung zu fördern.
Mit Rücksicht hierauf sind bei den Sächsischen Sekundärbahnen die Gebühren für die Zweiggleisbedienung unter Berücksichtigung der Selbstkosten besonders niedrig normirt worden. Es war hierbei – neben den ausgeführten Gründen allgemeiner Natur – namentlich auch der Gedanke massgebend, dass durch die Vermehrung der Privatgleisanlagen die Zahl der auf Staatskosten anzulegenden öffentlichen Verkehrsplätze an der Sekundärbahn thunlichst beschränkt werden könne, was im finanziellen Interesse des Staates besonders wünschenswerth erschien. Dabei kam auch in Betracht, dass bei der verhältnissmässigen Kürze der in Sachsen bestehenden Sekundärbahnlinien die besondere Unterstützung des Zweiggleiswesens schon um deswillen angezeigt erschien, um durch die Erbauung derartiger direkter Gleisverbindungen die Konkurrenz des Privatfuhrwerkes möglichst auszuschliessen, welche sich – wenn zwischen der Bahn und dem betreffenden Etablissement erst noch ein Achstransport der Güter nöthig ist – besonders auf den kürzeren Linien immerhin tühlbar macht.
Die Zweiggleise, welche bisher an den einzelnen Sekundärbahnen Sachsens entstanden sind, verfolgen fast ausschliesslich den Zweck, grössere Etablissements, wie Fabriken, Mühlen und Steinbrüche, mit den Bahngleisen zu verbinden. Der Haupttheil derselben zweigt von der freien Strecke ab. Die Zuführung und Abholung der Wagen erfolgt fast ausschliesslich durch die fahrplanmässigen Züge der Sekundärbahnen.
Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen. Druck von H. S. Hermann, Berlin 1886, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sekund%C3%A4r-Eisenbahnen_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen.pdf/77&oldid=- (Version vom 2.4.2025)