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Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen |
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Sache der in der Richtung des Transportes zunächst gelegenen Station oder Uebergangsstation.
Bis zur Kartirungsstation dienen die Frachtbriefe als Begleitpapier.
Kommen Sendungen zwischen Haltestellen der Sekundärbahnen untereinander ohne Berührung einer Station vor, so müssen gleichwohl die Frachtbriefe der vorgeschriebenen Kartirungsstation zugestellt werden. Die Kartirung wird diesfalls auf die der Bestimmungshaltestelle nächstgelegenen Station vorgenommen und zwar unter Bezeichnung der Transportstrecke, für welche die Frachtberechnung zu erfolgen hat.
Die Frachten werden stets zu Lasten der zuständigen Station berechnet, erfolgt die Bezahlung auf einer Haltestelle, so wird letztere mit der Kassirung durch Avise beauftragt.
Güter nach Haltestellen von einer Station werden mittelst Begleitscheins, aus welchem der Agent u. a. auch ersehen kann, welchen Betrag er vom Empfänger des Gutes einzuheben hat, expedirt. Die zugehörige Frachtkarte geht aber an die zuständige Station. Die Auslieferung des Gutes an den Empfänger erfolgt auf den Haltestellen durch den Güteragenten gegen Einhebung der auf dem Frachtbrief haftenden Spesen. Dabei hat der Empfänger im Quittungsbuche der Haltestelle über den Empfang des Gutes schriftliche Quittung zu leisten.
Aus allen Frachtkarten muss die Transportstrecke, für welche die Frachtberechnung stattfindet, also auch die Empfangsstelle des Gutes, ersichtlich sein.
Die einkassirten Gelder hat der Agent an die zuständige Station (gewöhnlich diejenige, an welcher der Bahnverwalter seinen Sitz hat) und zwar alltäglich abzuliefern. Dieser Station ist jederzeit aus den Karten, durch welche sie mit den Beträgen belastet wird, genau bekannt, was der Agent abzuliefern hat.
Die allgemeine Beschränkung, dass für alle von Stationen nach Haltestellen gehenden Güter Vorausbezahlung der Fracht u. s. w. (Frankatur) verlangt werden kann, und dass die von Haltestellen abgehenden Güter in der Regel nur unfrankirt und ohne Nachnahmebelastung angenommen werden, gilt auch für die Haltestellen der Sekundärbahnen.
Insoweit Ausnahmen hiervon statthaft sind, wie z. B. rücksichtlich der reglementmässig dem Frankaturzwange unterliegenden Sendungen (nach der Hauptbahn und weiter) erfolgt die Regulirung durch direktes Einvernehmen zwischen der Haltestelle und der vorgesetzten Station, für Frankaturbeträge z. B. in der Art, dass die Uebergangs- (Anschluss-) Station der betreffenden Haltestelle eine Rechnung zur Einkassirung zustellt und sich durch Nachnahme auf die zuständige (d. i. die der Haltestelle vorgesetzte) Station Deckung verschafft.
Im Gegensatz hierzu besteht für die Lokalverkehre der Schmalspurbahnen die Bestimmung, dass hier die Vorschriften über Frankaturzwang keine Anwendung zu finden haben. Es ist deshalb solchenfalls die Annahme der franko gestellten und der mit Nachnahme belasteten Sendungen abzulehnen. Spezielle Nachweise u. s. w. für die Hauptverwaltung hat der Güteragent überhaupt nicht anzufertigen. Seine Thätigkeit in dieser Richtung beschränkt sich auf die Führung eines Verzeichnisses über die aufgegebenen Sendungen, welches nach Monatsschluss an das Kontrolbureau – behufs vorschriftsmässiger Prüfung der Frachtberechnung – einzureichen ist. Die vorschriftsmässige Rapportirung der Karten ist Sache der zuständigen Stationen.
Die Abrechnung und Ausgleichung zwischen dem Agenten und der zuständigen Station hat dekadenweise, vor Ablauf einer Dekade aber dann zu erfolgen, wenn und sobald Fracht und Spesenbeträge, für welche er vertragsmässig der Bahnverwaltung aufzukommen hat, bis zur Höhe der bestellten Kaution angewachsen sind.
Alle an einer Sekundärbahn belegenen Stationen – welchen in diesem Sinne auch die mit einem Beamten besetzten Haltestellen mit Kartirungsbefugniss und selbstständiger Kassenführung beizählen – liefern die Einnahmen an diejenige Station ab, an welcher der Bahnverwalter seinen Sitz hat. Der Bahnverwalter stellt die Einnahmen in die Abrechnung ein und liefert die Gelder zur Hauptkasse ab.
Eine Ausnahme hiervon machen nur die Anschlussstationen an die Hauptbahn, welche mit der Hauptkasse selbstständig abrechnen.
Im Uebergangsverkehr der Schmalspurbahnen nach den Verkehrsstellen der Hauptbahn findet direkte Kartirung von Gütern auf Grund der zusammenzustossenden Transitfrachttarife der Schmalspurbahn und der Frachttarife für die Uebergangsstationen zur Hauptbahn statt.
Bezüglich der von Güteragenten bedienten Haltestellen hat jedoch die Kartirung nicht durch diese, sondern – in analoger Weise wie im Lokalverkehr der Schmalspurbahn durch die im einzelnen Fall besonders vorgeschriebene Kartirungsstation – durch Vermittelung der Uebergangsstation mit ab Haltestelle zu datirenden Frachtkarten zu erfolgen.
Die nach den zusammengestossenen Tarifsätzen sich ergebenden Frachten (Stückgut- oder Wagenladungsfracht) werden in der Regel in einer Summe auf den Frachtkarten vermerkt. Nur dann, wenn infolge besonderer Umstände – wie z. B. in dem Falle, wenn auf der Schmalspurbahn infolge der Beschaffenheit des Gutes mehr Wagen zu einer Frachtbriefsendung zu verwenden waren, als zur Erlangung der Wagenladungsfracht statthaft ist – die Frachtberechnung auf Hauptbahn und Schmalspurbahn nicht nach gleichen, bezw. den einander entsprechenden Klassen zu bewirken ist, muss die Fracht für beide getrennt berechnet und in der Karte angegeben werden, wenn nicht zur Vermeidung von Rapportirungsschwierigkeiten dann überhaupt indirekter Kartirung der Vorzug gegeben wird.
Direkte Tarifsätze zwischen den einzelnen Schmalspurbahnen unter sich existiren ebenso wenig, wie zwischen den Schmalspurbahnen und aussersächsischen Stationen, es erfolgt diesfalls vielmehr durchweg Umkartirung in der Uebergangsstation unter Einrechnung der gewöhnlichen Transitsätze für die Schmalspurlinien. Die Vorfracht ist in diesen Fällen bei der Weiterkartirung ab Uebergangsstation als Nachnahme in Ansatz zu bringen.
Während nach den vorstehenden Ausführungen die Entscheidung
darüber, ob für den Güterverkehr der Sekundärbahnen –
speziell der Schmalspurbahnen – das allgemeine
Tarifsystem Anwendung zu finden habe, auf die verschiedenartigsten
Gesichtspunkte Rücksicht zu nehmen war, gestaltete
sich diese Frage in Ansehung des Personenverkehrs von
vornherein bei weitem einfacher. Die Leistung der Eisenbahn
auf dem Gebiete des Personentransportes bleibt sich im wesentlichen
gleich, mag nun die Beförderung auf der Hauptbahn
oder auf der Sekundärbahn, auf der Normalbahn oder auf der
Schmalspurbahn stattfinden, und weder die Konstruktion der
Transportmittel noch auch die Anschlussfrage sind an sich
geeignet, in dieser Beziehung eine unterschiedliche Behandlung
der Interessenten zu rechtfertigen. Die alleinigen Unterschiede,
die zwischen der Beförderung auf der Hauptbahn und derjenigen
auf der Sekundärbahn in der hier fraglichen Hinsicht
obwalten, bestehen darin, dass dem Reisenden auf der Sekundärbahn
infolge räumlicher Beschränktheit und der einfacheren
Ausstattung der Wagen in der Regel ein geringeres Mass
an Bequemlichkeit geboten werden kann, wie in den Koupees
der Hauptbahnen, sowie dass die Fahrgeschwindigkeit auf den
sekundär betriebenen Strecken eine geringere ist, als auf den
Primärlinien. Die Ausnutzung der Personenwagen auf den
Sekundärbahnen ist – obwohl die hier von den Reisenden zu
durchfahrende Strecke in der Regel kürzer sein wird, als auf
der primär betriebenen Strecke – im Durchschnitt doch keine
Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen. Druck von H. S. Hermann, Berlin 1886, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sekund%C3%A4r-Eisenbahnen_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen.pdf/74&oldid=- (Version vom 2.4.2025)