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Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen |
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gemeinen Tarifgrundsätzen dreifache Sätze in Betracht zu kommen und zwar:
a) für die allgemeine Wagenladungsklasse,
b) für die Güter des Spezialtarifs I und II
sowie
c) für die Güter des Spezialtarifs III.
Ein Frachtunterschied zwischen den Gütern der allgemeinen Wagenladungsklasse und der Spezialtarife I und II rechtfertigte sich schon durch den wesentlich höheren Werth der ersteren, sowie durch erhöhte Leistung und Haftpflicht der Eisenbahnverwaltung bei Gütern der zuerst gedachten Art (Beförderung in bedeckt gebauten Wagen).
Für die allgemeine Wagenladungsklasse A wurde der Durchschnitt zwischen den regulären Taxen der Klasse A 1 und B des Normaltarifs, für die Spezialtarife I und II der Satz der regulären Klasse A 2 und für Spezialtarif III der Durchschnitt zwischen den Taxen für A 2 und Spezialtarif III der Normalbahnen zu Grunde gelegt.
Allerdings bieten die sich hieraus ergebenden Frachtsätze in den meisten Fällen ganz wesentliche Ermässigungen gegenüber den früheren Achsfrachten. Doch wurde in Erwägung der bereits oben ausgeführten allgemeinen Rücksichten auch solchenfalls von einer Erhöhung der Einheitssätze abgesehen, und der Erfolg hat gelehrt, dass – selbst nachdem die im Jahre 1884 für das gesammte Sächsische Staatsbahnbereich in Kraft getretene Ermässigung der Gütertarife auch für die im Betrieb befindlichen Schmalspurbahnen analoge Anwendung gefunden hat – immer noch eine zufriedenstellende Rentabilität der einzelnen Schmalspurbahnen zu ermöglichen ist.
Wo mit Rücksicht auf die Tarife konkurrirender Hauptbahnlinien, wie bei Döbeln-Mügeln-Oschatz und Döbeln-Riesa-Oschatz, oder im Hinblick auf lokale Absatz- und Verkehrsbedürfnisse noch weiter gehende Ermässigungen geboten erschienen, haben solche, wie bereits oben angedeutet, entweder in allgemeinerem Umfange oder in Form von Ausnahmetarifen stattgefunden.
Besondere direkte Gütertarife waren dem Gesagten zufolge für die Sächsischen Schmalspurbahnen nicht zu erstellen. Denn da die Sätze der Uebergangsstation der Hauptbahn ganz unberührt bleiben und auch im Verkehre mit Stationen der Schmalspurbahn im vollen Betrage – unter Zusammenstossung mit den Transitsätzen der Sekundärbahn – zur Erhebung kommen, so erledigte sich die Erstellung direkter Schmalspursätze für den direkten Verkehr ebenso wie für den Verkehr mit Stationen des inländischen Hauptbahnbereiches.
Für die Erhebung der Nebengebühren sind die jeweilig für die Sächsischen Staatsbahnen im allgemeinen geltenden Sätze ohne Abänderung angenommen worden.
In Ansehung der in den Güterverkehren der Schmalspurbahnen
anzuwendenden reglementären Bestimmungen gelten
als Norm die allgemeinen Vorschriften des Betriebsreglements
für die Eisenbahnen Deutschlands sowie die für die normalspurigen
Sächsischen Staatsbahnen jeweilig geltenden allgemeinen
und speziellen Zusatzbestimmungen. Ausnahmen hiervon
sind nur da statuirt, wo solche durch die besonderen Verhältnisse
der Schmalspurbahnen und namentlich durch die schmale
Spurweite selbst geboten sind. Als Ausnahmen solcher Art
sind vorzugsweise zu erwähnen:
Der Transport von Leichen und Eisenbahnfahrzeugen, sowie
von Fahrzeugen, welche nach den für die Hauptbahn gültigen
Bestimmungen bei der Gepäckexpedition aufgegeben
werden, ist ausgeschlossen. Diejenigen Fahrzeuge, für welche die
Fracht nach den Bestimmungen des Güterverkehrs zu berechnen
ist, werden dagegen insoweit zum Transport angenommen, als
sich die Wagen der Schmalspurbahn hierzu eignen.
Wilde Thiere werden auf der Schmalspurbahn nicht zum
Transporte angenommen. Gestellung besonders eingerichteter
Stallungswagen findet nicht statt. Die Beförderung von Vieh
in Wagenladungsfracht ist auf diejenigen Schmalspurlinien beschränkt,
wo ein bezügliches Bedürfniss vorliegt.
Ausgeschlossen von der Beförderung sind alle in der Anlage D
des Betriebsreglements für die Eisenbahnen Deutschlands
unter I aufgeführten explodirbaren Gegenstände, ferner
untheilbare Lasten (z. B. Dampfkessel), zu deren Transport die
Wagen der Schmalspurbahn nicht die erforderliche Tragkraft
haben oder sonst ungeeignet sind.
Unverpackte Güter, deren Umladung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, z. B. loses Topfgeschirr, Glas, Stroh und Heu, können auf der Schmalspurbahn für den Uebergangsverkehr nach der Hauptbahn zurückgewiesen werden, auch ist die Staatseisenbahn-Verwaltung berechtigt, solche anderwärts nach der Schmalspurbahn aufgegebene Güter den Adressaten auf der Uebergangsstation zur Verfügung zu stellen.
Eilfrachtbriefe begründen für die schmalspurige Bahn
keine andern Ansprüche auf Annahme, Abfertigung, Beförderung
und Auslieferung wie für gewöhnliches Frachtgut.
Die Lieferungszeit für Güter aller Art regelt sich nach
den allgemeinen Vorschriften. Im Uebergangsverkehre der
Wagenladungsgüter ist für die Umladung 1 Tag der Lieferungszeit
für die Hauptbahn zuzuschlagen. Auch ruht die
Lieferfrist für derartige Güter während der Sonn- und Festtage,
falls aus Anlass derselben das Umladen Aufschub erleidet.
Wegen Avisirung und Zuführung der Eilgüter wird auf
die Ausnahmebestimmung zu § 56 verwiesen.
Das Abfertigungsverfahren im Güterwesen regelt sich
auch auf den Sekundärbahnen im allgemeinen nach denselben
Grundsätzen, welche für die Güterexpedirung auf den Sächsischen
Staatsbahnen überhaupt massgebend sind. Nur in einigen
Beziehungen sind mit Rücksicht auf die beschränktere Personalausstattung
der Sekundärbahnen Vereinfachungen eingeführt
unbedingt nothwendiger Formular- und Registerführungen rein
worden, die jedoch vorwiegend blos den Wegfall gewisser, nicht
interner Natur betreffen und mithin dem Publikum gegenüber
überhaupt nicht zur Erscheinung kommen.
Wesentlichere Abweichungen von dem allgemeinen Verfahren sind nur für diejenigen Haltestellen angenommen worden, deren Dienst nicht von Beamten, sondern von hiermit vertragsmässig beauftragten Privatleuten – Güteragenten – besorgt wird. Hier erschien es nothwendig, sowohl betreffs der Aufgabe als auch der Auslieferung der Güter ein besonders einfaches Verfahren festzusetzen, welches – gegenüber den naturgemäss ziemlich komplizirten Vorschriften des Betriebsreglements und der allgemeinen Geschäftsanweisungen – die expeditionelle Thätigkeit des Agenten auf das zulässig niedrigste Mass beschränkt. Das Verfahren regelt sich hiernach auf solchen Haltestellen im allgemeinen folgendermassen:
Das zur Aufgabe kommende Gut ist vom Güteragenten ordnungsgemäss zu übernehmen und der Frachtbrief in der gewöhnlichen Weise abzustempeln. Eine Kartirungsbefugniss steht dem Agenten nicht zu; er hat vielmehr die Frachtbriefe in unverschlossenen, durch das Zugpersonal zu befördernden Kouverts derjenigen Station zuzustellen, welche die Kartirung der Güter für die Haltestelle vorzunehmen hat. Diese Kartirungsstationen wurden von Haus aus für die einzelnen Haltestellen besonders bestimmt; in der Regel ist die Kartirung
Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen. Druck von H. S. Hermann, Berlin 1886, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sekund%C3%A4r-Eisenbahnen_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen.pdf/73&oldid=- (Version vom 24.3.2025)