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Seite:Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen.pdf/14

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Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen

selbst, theils neben denselben auf besonderem Banquet angelegt sind. Sie dienen sämmtlich dem Personen- und Güterverkehr, und zwar zeigt sich fast bei allen im Gegensatz zu der Mehrzahl der Normalbahnen – eine verhältnissmässig starke Entwickelung des Personenverkehrs. Denn während bei den Normalbahnen beispielsweise im Jahre 1884 die Einnahmen aus dem Personenverkehr 31,1 pCt., die Einnahmen aus dem Güterverkehr aber 68,9 pCt. der Gesammteinnahme ausmachten, betrug bei den Schmalspurbahnen innerhalb des gleichen Zeitraums die Einnahme – für die im Betrieb befindlichen Linien gemeinschaftlich – aus dem Personenverkehr 50,7 pCt., die Einnahme aus dem Güterverkehr aber nur 49,3 pCt. der Gesammteinnahme.

Der lokale Charakter der Sächsischen Schmalspurbahnen tritt hauptsächlich darin hervor, dass dieselben – einschliesslich der Strecke Oschatz-Döbeln, die geographisch allerdings zwei Hauptbahnlinien mit einander verbindet – für den durchgehenden Verkehr nicht in Betracht kommen, sondern ihre Bestimmung lediglich in der Bedienung deren örtlichen Verkehrsbedürfnisse finden und insofern nur als Zufuhrstrassen anzusehen sind.

An Massengütern kommen auf den Schmalspurbahnen vorzugsweise in Betracht: Kohlen, Holz, Getreide, Steine (rohe und gebrannte), Mehl, Rüben, Kalk, Glas, Vieh, Wolle, Thonwaaren und Düngemittel.

Für die Anlage und betriebliche Ausrüstung der Sächsischen Schmalspurbahnen ist in vielen Beziehungen das Vorbild der älteren Deutschen Schmalspurbahnen – nämlich der Brölthalbahn der Feldabahn, sowie der Ocholt-Westersteder Bahn – massgebend gewesen. Doch war hierbei nicht zu übersehen, dass die Verkehrsverhältnisse, welche für diese Linien in Betracht kommen, von denen des dichtbevölkerten und industriereichen Sachsens wesentlich abweichen. Dies war der Grund, warum bei den Sächsischen Schmalspurbahnen – obwohl auch hier das Prinzip der Sparsamkeit als oberster Grundsatz im Auge behalten wurde – in vielen Beziehungen über dasjenige hinausgegangen werden musste, was bei jenen nicht Sächsischen Linien als Norm festgehalten wird.




II. Konstruktions- und Anlageverhältnisse.




a) Tracirung, Neigungs- und Richtungsverhältnisse, Normalprofil, Unter- und Oberbau, Kunstbauten.


1. Die Pirna-Berggiesshübler Linie.

Dies ist die erste Bahn, welche in Sachsen als Sekundärbahn erbaut ward. Auf ihr kommen zumeist nur schwer in das Gewicht fallende Massengüter, insbesondere Sand- und Eisensteine zum Transport, welche vorzugsweise auf weitere Entfernungen abgefahren werden. Früher wurden diese Produkte aus dem Gottleubathale, wenn auch nicht in dem heutigen Umfange, der Station Pirna, wo jetzt die Sekundärbahn an die Hauptbahn anschliesst, zur Verfrachtung auf der Eisenbahn zugeführt. Dabei besass der Sandsteinversandt von Rottwerndorf schon damals einen so grossen Umfang, dass die vorhandenen guten Strassen diesen Verkehr kaum zu tragen vermochten. Dieser Umstand liess die Anlage einer Eisenbahnverbindung geboten erscheinen und zwar wurde dieselbe – mit Rücksicht darauf, dass die vorhandenen Massengüter fast ausschliesslich auf die Hauptbahn übergehen und weil die Umladung namentlich der bearbeiteten Sandsteine mit erheblichen Schwierigkeiten und Kosten verbunden gewesen sein würde – als normalspurige Sekundärbahn ausgebaut. Dabei kam auch in Betracht, dass besondere Terrainschwierigkeiten nicht vorlagen, so dass der normalspurige Ausbau der Bahn keine unverhältnissmässig höheren Kosten bedingte.

Infolge des umfangreichen Transportes von Massengütern besitzt die Bahn mehr den Charakter einer Schleppbahn als denjenigen einer Sekundärbahn im eigentlichen Sinne. Sie dient zwar auch dem Personenverkehre, doch liegt es in der Natur der Sache, dass der Güterverkehr bedeutend überwiegt. Der Transport erfolgt – wie auch auf allen übrigen Sächsischen Sekundärbahnen – lediglich durch gemischte Züge, und zwar verkehren während des Winterhalbjahres deren je drei, während des Sommerhalbjahres aber je vier in jeder Richtung.

Die Steinbrüche im Gottleubathale sind zum Theil durch normalspurige Zweiggleise mit der Sekundärbahn verbunden.

Wenn auch die normale Spurweite der Bahn den Uebergang der Transportmittel der Hauptbahn gestattet, so wurden dennoch besondere Lokomotiven und Personenwagen angeschafft, wie solche beim Sekundärbetrieb gebräuchlich und in Abschnitt IV dieser Mittheilungen näher beschrieben sind. Dagegen wurde von der Beschaffung eines eigenen Güterwagenparkes abgesehen, da der Gütertransport durch die Wagen der Hauptbahn mit besorgt wird. Bei ausnahmsweise starker Personenfrequenz, welche jedoch nur zu gewissen Zeiten stattfindet, werden aushilfsweise auch Personenwagen der Hauptbahn in die Sekundärbahnzüge mit eingestellt.

Die Bahn ist 14,92 km lang. Es beträgt die Entfernung zwischen den Verkehrsstellen:

und Pirna-Station und Pirna-Haltestelle 2,00 km
und Pirna Haltestelle und Rottwerndorf 4,42   "
und Rottwerndorf und Neundorf 1,17   "
und Neundorf und Cotta 0,91   "
und Cotta und Langenhennersdorf 3,15   "
und Langenhennersdorf und Berggiesshübel 3,27   "

Der Anfangspunkt der Linie bei Pirna liegt 118,16 m und ihr Endpunkt bei Berggiesshübel 290,27 m über dem Spiegel der Ostsee. Die Bahn steigt in der Richtung nach Berggiesshübel im ganzen 172,11 m; Fall hat sie in dieser Richtung überhaupt nicht. Von besonderem betrieblichen Vortheil ist, dass die vorhandenen Massengüter vorwiegend in der Richtung nach Pirna – also von Berg zu Thal transportirt werden. Von der Gesammtlänge liegen:

12,04 km = 80,70 pCt. in Steigung und
02,88   "   = 19,30 p"t. horizontal

Die Steigung vertheilt sich:

mit 0,34 km auf das Verhältniss von 1 : 1000 bis inkl. 1 : 400,

  "t 1,50 k"m a"f d"s Verhä"ltniss v"n 1 : 0400 b"s i"kl  1 : 200,

  "t 4,42 k"m a"f d"s Verhä"ltniss v"n 1 : 0200 b"s i"kl  1 : 200,

  "t 0,48 k"m a"f d"s Verhä"ltniss v"n 1 : 0100 b"s i"kl  1 : 080,

  "t 0,71 k"m a"f d"s Verhä"ltniss v"n 1 : 0080 b"s i"kl  1 : 060 und

  "t 4,59 k"m a"f d"s Verhä"ltniss v"n 1 : 0060 b"s i"kl  1 : 040.

Das Steigungsmaximum beträgt 1 : 40 in grösster zusammenhängender Länge von 2 688 m.

Nach der Horizontalprojektion liegen 9,38 km = 62,87 pCt. der Bahnlänge in gerader Linie und 5,54 km 37,13 pCt. in Kurven und zwar:

0,28 km in Krümmungen mit Halbmessern von 1 500 bis inkl. 1 000 m

0,14   "m"n Krüm"ungen m"t Halbm"ssern vo"n 1 000 b"s i"kl. 500  "

0,07   "m"n Krüm"ungen m"t Halbm"ssern vo"n 500 b"s i"kl. 400  "

0,25   "m"n Krüm"ungen m"t Halbm"ssern vo"n 400 b"s i"kl. 300  "

4,80   "m"n Krüm"ungen m"t Halbm"ssern vo"n weniger als kl 1 300  "

Empfohlene Zitierweise:
Walter Ledig, Ferdinand Ulbricht: Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen. Druck von H. S. Hermann, Berlin 1886, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sekund%C3%A4r-Eisenbahnen_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen.pdf/14&oldid=- (Version vom 5.3.2025)