Späher in die Gemeinden und fanden dann in den bedeutungslosesten Äußerungen, welche Kinder im Verkehr miteinander thaten, einen willkommenen Anlaß zur Einleitung eines Hexenprozesses.
Im Jahr 1662 kam es vor, daß in dem Ort Deizisau (bei Eßlingen am Neckar) der zehnjährige Sohn eines Schmieds zu einem seiner Schulkameraden sagte: „Meine Ahne (Großmutter) ist auch nichts nutz; ich bin mit ihr bei Nacht schon ausgefahren.“ Obwohl bezeugt wurde, der Bube habe ein böses, tückisches Gemüt, sollte nun die alte Großmutter verhaftet und gefoltert werden. Sie wurde lange verfolgt, bis man endlich im Waldesdickicht ihre halbverweste Leiche auffand.
Der Hexenwahn schonte kein Alter und kein Geschlecht. Männer und Frauen, Vornehme und Geringe, Gebildete und Ungebildete fielen ihm in gleicher Weise zur Beute. Seine Fangarme umspannten das Kind in der Wiege und den Greis am Rande des Grabes, den Mann bei der Arbeit, wie die Mutter im Kreise der Familie. Vor ihm schützte keine Tugend, kein Laster, nicht die strengste Zurückgezogenheit, noch das Hinaustreten ins öffentliche Leben. Der Wanderstab lieferte in die Hände der
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/132&oldid=- (Version vom 31.7.2018)