Wer wissentlich mit einem Vervehmten Gemeinschaft hatte, teilte sein Schicksal. So mußte also der Geächtete, verlassen und gemieden, in steter Angst umherirren, bis ihn die Hand des Vollstreckers traf.
Ein so vervehmter Mann, mochte er auch der mächtigste und reichste, der angesehenste und glücklichste gewesen sein, – mit dem Spruch, der über ihn ergangen, war er ein elender, verlorner Mann.
Das Urteil mußte vor dem Vervehmten geheimgehalten werden, damit ihn sicher und unvorbereitet der Vollzug treffen könne. Würde ein Schöffe (denn nur solche waren anwesend gewesen) ihn etwa auch nur gewarnt haben, ihm durch ein verblümtes Wort Vorsicht oder Flucht anratend, z. B. indem er ihm sagte: „es sei anderswo ebensogut Brot essen, als hier,“ so war solcher Schöffe als eidbrüchig unrettbar dem Strange verfallen.
Aber wie vermochte das in Westfalen ergangne Urteil in die weite Ferne zu wirken?
Hier eben griff die Heimlichkeit der Vehme mit staunenswerter, unwiderstehlicher Macht ein und verlieh dieser Achterklärung eine Wirksamkeit, welche weit die der kaiserlichen und Reichsacht und Oberacht übertraf. Wer nämlich in die Reichsoberacht erklärt
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/084&oldid=- (Version vom 31.7.2018)