Es sollte die Überzeugung einer Mehrheit von Schöffen und ihr Vertrauen die Frage der Schuld entscheiden.
Nachdem die Anklage und – wenn der Angeklagte erschien, dessen Verantwortung – vernommen, auch die Eide geleistet waren, bestellte der Freigraf einen Schöffen zum Urteilsfinder. Es mußte dies ein dem Angeklagten ebenbürtiger Schöffe sein. Dies nannte man die „Stellung des Urteils auf einen echten rechten Freischöppen“. Dieser hatte die Aufgabe „das Recht zu weisen“. Er konnte sich mit den übrigen Schöffen beraten. Das Urteil mußte aber „sitzend gefunden, stehend gescholten (d. h. verkündigt) werden“. Wurde sein Ausspruch von allen gebilligt, so hieß dies „Folge des Unstandes“. Der hiernach verkündigte Spruch bildete das Urteil, welches nun der Freigraf verkündete und, – wenn es ein Schuldig war, gegen den erschienenen Angeklagten sofort in Vollzug setzte.
Sehr häufig zog der Angeklagte vor, gar nicht vor dem Gerichte zu erscheinen. In diesem Falle nun verwandelte sich das „offene Ding“ in die „heimliche Acht“ (d. h. geheime Beratung) oder das sog. „Stillgericht“. Dies geschah in derselben Sitzung, auf derselben Malstätte, lediglich dadurch, daß alle
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/080&oldid=- (Version vom 31.7.2018)