behauptete, so mußte der Beweis, von der einen oder andern Seite durch Eid geführt werden. Der Ankläger konnte sich erbieten, seine Anklage mit Eidhelfern zu beschwören. Diese mußten Freischöffen sein, und den Eid dahin leisten, daß sie die Anklage für wahr halten. Ob hiefür zwei Eidhelfer genügten, oder deren sechs nötig waren (daher der Ausdruck: „übersiebenen“) ist nicht unbestritten; doch scheinen ursprünglich zwei genügt zu haben. Hatte nun aber der Ankläger mit seinen Eidhelfern sich zum Eid erboten, so konnte der Angeklagte mit einer größeren Zahl von Eidhelfern sich losschwören, also wenn gegen die zwei Eidhelfer des Klägers sechs Schöffen bereit waren, den Eid dahin zu leisten, daß sie die Unschuld des Angeklagten für durchaus glaubhaft halten. Aber diese Eide durfte hinwiederum der Ankläger mit dreizehn Eidhelfern vereiteln, und in diesem Falle konnte der Angeklagte nur mit zwanzig Freischöffen, welche mit ihm zu schwören sich bereit fanden, die Klage überbieten und sich frei machen. Je nach der Zahl der zum Eid bereiten Eidhelfer wurde nun entweder die Anklage oder die Unschuld beschworen. Es lag hierin ein ähnliches Prinzip, wie es den modernen Geschwornengerichten zu Grunde liegt.
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/079&oldid=- (Version vom 31.7.2018)