„Lieber Gott, warum soll ich denn dabei immer ans Publikum gedacht haben?“ rief sie trotzig. „Muß man einem denn fortwährend Gedanken unterschieben? dürfen wir nicht einmal etwas uns zur Genüge thun, uns selbst?“
„Nun, wenn wir auf die Motive blicken –“ begann er.
„So, jetzt halt’ ich mir aber die Ohren zu.“ Sie machte eine entsprechende Gebärde. „Sind Sie auch so ein Motivenschnüffler und Witterer? Wissen Sie, daß das langweilig wird, Ihre Maschinentheorie vom Menschen? Wenn es etwa einer wäre, der das sagte, gut – hab’ deine Meinung, – aber ich höre das nun schon seit Jahren, die reinste Kleinkinderschule, jedes sagt denselben Vers her, nur daß die Betonung etwa wechselt! bah!“
„Ja Originalmenschen, wo finden Sie die?“
Hausdörffers Ton war etwas kleinlaut. Sie fuhr mit einer gewissen Heftigkeit fort: „Schulen, Schulen, nichts als Schulen! Cliquen, nichts als Cliquen! Wie langweilig das ist! Und am spaßhaftesten, wenn sie, – nein verzeihen Sie, ich redete niemand an, – sich dann auch noch die großen freien selbstständigen Geister einfangen wollen, um sie, nominell wenigstens, ihre Schulmeister, Präsidenten, Cliquenobersten zu nennen! Böcklin als Vereinsmitglied! Gottfried Keller als Vereinsmitglied! Kerle von einer Saftfülle, von einem Phantasieüberschwang,
Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/117&oldid=- (Version vom 31.7.2018)