Hermann Gunkel (Übersetzer): Das vierte Buch Esra | |
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denen aufbewahrt ist, die des Höchsten Zeugnissen geglaubt haben; 84 die vierte, daß sie die Pein schauen, die ihnen selbst für die letzte Zeit ’bevorsteht‘[1]; 85 die fünfte, daß sie sehen, wie Engel die Wohnungen der anderen ’Seelen‘[2] in tiefem Frieden bewachen; 86 die sechste, daß sie sehen, daß sie schon jetzt in die Pein hinüber müssen[3]; 87 die siebente, schlimmer als alle genannten Martern,
daß sie die Herrlichkeit des Höchsten schauen müssen, vor dem sie im Leben gesündigt, und von dem sie am jüngsten Tage gerichtet werden sollen!
88 Denen aber[6], die des Höchsten Wege bewahrt haben, gilt diese Ordnung, wenn sie sich trennen dürfen von diesem sterblichen Gefäß[7]. 89 Damals, als sie noch darinnen lebten[8], haben sie dem Höchsten unter Mühsalen gedient und haben stündlich Gefahren erduldet, um das Gesetz dessen, der es gegeben, vollkommen zu halten. 90 Deshalb gilt ihnen diese Verheißung: 91 Zuerst schauen sie mit lautem Frohlocken die Herrlichkeit dessen, der sie zu sich nimmt; dann[9] gehen sie in die Ruhe ein zu siebenfacher Freude[10]. 92 Die erste Freude ist, daß sie in schwerem Streite gekämpft[11] haben, den ihnen anerschaffenen bösen Sinn[12] zu besiegen, daß er sie nicht vom Leben zum Tode verführe; 93 die zweite, daß sie die wirren Wege[13] schauen, auf denen die Seelen der Gottlosen umherirren müssen, und die Strafe, die ’jener‘[14] harrt. 94 Die dritte, daß sie das Zeugnis sehen, das ihr Schöpfer ihnen bezeugt hat, daß sie im Leben das Gesetz, das ihnen anvertraut war[15], gehütet haben; 95 die vierte, daß sie die Ruhe kennen, die sie schon jetzt, in ihren Kammern versammelt, unter dem Schutze von Engeln in tiefem Frieden genießen dürfen, und die Herrlichkeit, die ihrer zuletzt noch[16] wartet. 96 Die fünfte, daß sie frohlocken, jetzt der Vergänglichkeit entflohen zu sein[17] und die Zukunft zu ererben[18]; ferner, daß sie auf die Enge und die vielen Mühsale hinblicken, wovon sie erlöst sind, und auf die Weite, ’die‘[19] sie ererben sollen in seliger Unsterblichkeit. 97 Die sechste, daß ihnen gezeigt wird, wie ihr Antlitz einst wie die Sonne leuchten soll[20], und wie sie dem Sternenlichte gleichen
- ↑ Syr Aeth Ar¹ haben Wechsel im Ausdruck.
- ↑ Syr animarum aliarum; vgl. Aeth Ar¹.
- ↑ Der Text des Lat, mit dem Syr (quod vident supplicium, quod ex hoc nunc paratum est eis) Ar² und Arm im Ganzen stimmen, wiederholt nicht etwa die vierte Pein: die vierte Marter ist das Wissen um die zukünftige, ewige Pein, die sechste das um die sofort bevorstehende Pein. Die sechste Marter entspricht also dem ersten Teile der vierten Seligkeit. — de eis = ἐκ τούτων.
- ↑ Über das Verbum detabesco vgl. Bensly S. 65f.
- ↑ Syr Aeth in pudore = αἰσχύνη (Bensly).
- ↑ Über nam vgl. zu 4,34.
- ↑ Über vasum Bensly S. 66. — Man beachte die Anthropologie: der Leib ist der Kerker der Seele.
- ↑ Syr in illo enim tempore, quo habitaverunt in eo (d. h. im Körper); vgl. Aeth. (Arm). Nach Bensly S. 88 ist Lat commoratae wohl =·commorationis.
- ↑ Syr et requiescunt.
- ↑ Lat ordines = τάξεις (Bensly).
- ↑ Über das Deponens certor vgl. Bensly S. 67.
- ↑ Syr sensum. Man beachte die Anthropologie; der böse Sinn = יֵצֶר הָרַע.
- ↑ συμπλοκή, Syr conversionem.
- ↑ Syr (Aeth) et supplicium reservatum illis; zum Lat in eis vgl. Bensly.
- ↑ per fidem = ἐν πίστει oder εἰς πίστιν auf Treu und Glauben; Syr legem creditam; vielleicht gehört aber ἐν πίστει zu ἐτήρησαν (servaverunt); vgl. Bensly zur Stelle. Dies wäre wohl für das Hebräische vorzuziehen.
- ↑ eorum gehört zu in novissimis; vgl. 12,23.
- ↑ Es liegt der Eindruck zu Grunde, daß die Vergänglichkeit nicht zum Wesen des Menschen gehört, sondern ihm etwas Fremdes, Feindliches ist.
- ↑ futurum = τὸ μέλλον, haereditatem possidere = κληρονομεῖν (Bensly).
- ↑ Syr et recreationes, quas futurum est ut accipiant.
- ↑ Daß die „verklärten“ Seligen glänzen werden wie die Sterne des Himmels, ist ein dem Judentum und Christentum wohlbekannter Glaube, Dan. 12,3. Matth. 13,43. Ap. Bar. 51,3.10. Äth. Henoch 39,7. 51,5. 104,2 u. s. w. Auch Paulus vergleicht das σῶμα πνευματικὸν mit den Sternen 1 Kor. 15,41. Parallel ist charakteristischerweise, daß die Seligen den Engeln gleichen werden, Matth. 22,30. Äth. Henoch 51,4f. 104,6. Ap. Bar. 51,10. Beides ist urspr. identisch denn die Sterne des Himmels sind urspr. Engel. Diese Beobachtung ist wichtig, weil wir daraus erkennen [376]
Hermann Gunkel (Übersetzer): Das vierte Buch Esra. Mohr Siebeck, Tübingen 1900, Seite 375. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DasVierteBuchEsraGermanGunkelKautzsch2.djvu/45&oldid=- (Version vom 30.6.2018)