Zum Inhalt springen

Seite:DasVierteBuchEsraGermanGunkelKautzsch2.djvu/36

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

werden plötzlich leer erfunden[1]. 23 Die Drommete wird laut erschallen[2]; alle Menschen vernehmen sie plötzlich[3] und erbeben. 24 In jener Zeit werden Freunde einander als Feinde bekämpfen, daß die Erde samt ihren Bewohnern sich davor entsetzt. Wasserquellen stehen still und laufen nicht drei Stunden lang[4]. 25 Wer aber überbleibt aus alledem, was[5] ich dir vorausgesagt, der wird gerettet werden[6] und mein Heil[7] und das Ende meiner Welt schauen. 26 Da ’erscheinen‘[8] die Männer, die einst emporgerafft sind, die den Tod nicht geschmeckt haben seit ihrer Geburt[9]. Dann wird[10] das Herz der Erdenbewohner verändert und zu neuem Geiste verwandelt[11].

27 Dann ist das Böse vertilgt,

und der Trug vernichtet;
28 der Glaube in Blüte,

das Verderbnis überwunden;

und die Wahrheit wird offenbar[12], die so lange Zeit ohne Frucht geblieben ist.

Schluß.

29 Während er so zu mir sprach, erbebte die Stätte, da[13] ich stand, mehr und mehr. 30 Er aber sprach zu mir: Dies sollte ich dir zeigen, und noch in der nächsten Nacht; 31 wenn du nun weiter flehst und weiter fastest, sieben Tage lang, will ich dir Weiteres, das größer ist als dieses, bei Tage[14] offenbaren. 32 Denn dein Gebet ist beim Höchsten erhört; der Allmächtige hat deine Gerechtigkeit gesehen und die Frömmigkeit[15], die du von Jugend auf geübt hast, erkannt. 33 Deshalb hat er mich gesandt, um dir dies alles zu offenbaren und dir zu sagen: Fasse Mut, verzage nicht; 34 hege nicht allzu ängstlich eitle Gedanken über diese Zeit, daß du nicht Angst erdulden müssest in der letzten Zeit[16].

Drittes Gesicht.

35 Darnach weinte ich aufs Neue und fastete wie früher, sieben Tage lang, daß die drei Wochen[17], die mir befohlen waren[18], voll würden. 36 In der achten Nacht aber ward mein Herz


  1. Die Ordnungen der Natur verkehren sich. Der genannte Fall ist für Bauernphantasie berechnet.
  2. 1 Thess. 4,16. 1 Kor. 15,52. Matth. 24,31 u. a.
  3. Syr audient subito; vgl. Ar¹.
  4. D. h. die Zeit, die das Böse auf Erden dauern wird. Wasserquellen gehören sonst zu dem Zuverlässigsten in der Natur; vgl. Ps. Sal. 17,21.
  5. Griech. Attraktion des Relativum.
  6. Mark. 13,13.
  7. τὸ σωτήριόν μου Rönsch S. 104.
  8. et videbunt וְיׅרְאוּ; besser וְיֵרָאוּ zu lesen.
  9. Henoch, Elia, Esra u. a. Solche Männer sollen nach jüd. Tradition dem jüngsten Gericht als letzte „Zeugen“ vorangehen.
  10. Der Verf. denkt wohl: durch die Predigt der Zeugen; vgl. Mal. 3,24.
  11. Hes. 36,26f.
  12. Zu den Formen ostendebitur und 7,98 confidebunt vgl. Bensly, Missing Fragment S. 70.
  13. Vgl. zu 4,28.
  14. Lat per diem = καθ’ ἡμέραν v. Wilamowitz. Damit wird angekündigt 1) eine weitere nächtliche Offenbarung, d. h. Visio III, sodann 2) eine neue Offenbarung bei Tage, d. h. Visio IV. Die Offenbarung bei Tage gilt auch schon dieser Zeit wegen als eine besonders hohe: gewöhnlich finden Gesichte nur des Nachts statt. Diese Ankündigung stimmt nicht ganz genau zum Folgenden; auch sonst finden sich in diesen Kleinigkeiten einige kleine Unebenheiten.
  15. σεμνότες Hilg.
  16. Es scheint ein Wortspiel vorzuliegen; als griech. Text ist etwa zu denken: καὶ μὴ σπουδάσῃς κατὰ τοὺς προτέρους καιροὺς λογίζεσθαι κενά, μὴ σπεύσῃς κατὰ τοὺς ἐσχάτους καιρούς. - σπεύδειν – erschrecken LXX; hebr. אַל־תִּבָּהֵל ... פֶּן תִּבָּהֵל. Der Sinn soll jedenfalls sein: verscherze dir nicht mit deinen vorwitzigen Grübeleien die ewige Seligkeit! Syr giebt den Sinn wieder: et noli festinare de prioribus temporibus cogitare mala, ne investigatio super te sit in novissimis temporibus.
  17. Dan. 10,2.
  18. Bisher sind ihm nicht drei Wochen befohlen worden, sondern nur zwei: vor Visio II und Visio III; der Verf. wird angenommen haben, daß er auch vor Visio I von einem solchen Fasten erzählt habe. Solche kleine Versehen finden sich gelegentlich bei jedem Schriftsteller; übrigens legt der Vers. allen Nachdruck auf die Gedanken, und diese Einkleidung ist ihm ohne Bedeutung.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Gunkel (Übersetzer): Das vierte Buch Esra. Mohr Siebeck, Tübingen 1900, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DasVierteBuchEsraGermanGunkelKautzsch2.djvu/36&oldid=- (Version vom 30.6.2018)