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Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/83

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Gebrauch in Bezug steht, mit den Schneidezähnen und Hufen zu kämpfen.

Wie Rütimeier[1] und Andere behauptet haben, ist bei den erwachsenen Männchen der anthropomorphen Affen entschieden die Wirkung der Kiefermuskeln, welche bei ihrer bedeutenden Entwickelung auf den Schädel derselben ausgeübt worden ist, die Ursache gewesen, weshalb dieser letztere in so vielen Beziehungen so beträchtlich von dem des Menschen abweicht und „eine wirklich schreckenerregende Physiognomie“ erhalten hat. In dem Maasse also, als die Kinnladen und Zähne bei den Vorfahren des Menschen allmählich an Grösse reducirt wurden, wird auch der erwachsene Schädel nahezu dieselben Charactere dargeboten haben, welche er bei den Jungen der anthropomorphen Affen darbietet, und wird hierdurch sich immer mehr dem des jetzt lebenden Menschen ähnlich gestaltet haben. Eine bedeutende Verkümmerung der Eckzähne bei den Männchen wird fast sicher, wie wir später noch sehen werden, in Folge der Vererbung auch die Zähne der Weibchen beeinflusst haben.

Wie die verschiedenen geistigen Fähigkeiten nach und nach sich entwickelt haben, wird auch das Gehirn beinahe mit Sicherheit grösser geworden sein. Ich denke, wohl Niemand zweifelt daran, dass die bedeutende Grösse des Gehirns des Menschen im Verhältniss zu seinem Körper und im Vergleich mit dem Gehirn des Gorilla oder Orang, in enger Beziehung zu seinen höheren geistigen Kräften steht. Streng analogen Thatsachen begegnen wir bei Insecten; so sind unter Anderem die Kopfganglien bei den Ameisen von ausserordentlichen Dimensionen, während diese Ganglien überhaupt bei allen Hymenoptern viele Male grösser sind als bei den weniger intelligenten Ordnungen, wie z. B. bei den Käfern.[2] Auf der andern Seite denkt Niemand daran, dass der Intellect irgend zweier Thiere oder irgend zweier Menschen genau durch den cubischen Inhalt ihrer Schädel gemessen werden kann. Es ist sogar sicher, dass eine ausserordentliche geistige Thätigkeit bei einer äusserst kleinen absoluten Masse von Nervensubstanz existiren kann.


  1. Die Grenzen der Thierwelt, eine Betrachtung zu Darwin's Lehre. 1868. S. 51.
  2. Dujardin. Annal. d. scienc. natur.. 3. Sér. Zoolog. Tom. XIV. 1850. p. 203. s. auch Mr. Lowne, Anatomy and Physiology of the Musca vomitoria. 1870, p. 14. Mein Sohn, Mr. F. Darwin, hat mir die Cerebralganglien der Formica rufa präparirt.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/83&oldid=- (Version vom 31.7.2018)