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Seite:Carstens Werke 3. Band Argonautenzug.pdf/29

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Tafel 20. Fahrt durch die Skylla und Charybdis.

Von der Insel der Kirke ging die Fahrt der Argo durch die Skylla und Charybdis, jene gefährlichen Strudel und Klippen, welche die spätere Dichtung in die Meerenge von Messina verlegte: die Skylla als hohen schroffen Felsen mit der Höhle, in welcher die unholde Nymphe hauste, auf die kalabrische Seite, und den furchtbaren Schlund der Charybdis unter einem niedrigeren Felsen auf die sizilische Seite. Von Norden her kamen die Helden gefahren, sodass ihnen jene zur Linken, diese zur Rechten lag. So hat Carstens die Lage auch aufgefasst; links ragt der Felsen der Skylla, an dessen Fusse die Nymphe, halb Weib halb Meerdrache, sitzt, rechts steigt die niedrigere Erhebung bei der Charybdis auf. Mitten in der tosenden Fluth steht die Argo, von der Thetis und den Töchtern des Nereus sicher geleitet; im Hintergrunde erhebt sich der Aetna über dem spiegelglatten Meere. In den Wolken schauen Here und Athene, vom Felsen oberhalb der Charybdis aber Hephaistos dem Vorgange zu. Beim Apollonios (IV. v. 943 u. ff.) liest man:

„Siehe das Schiff trieb hoch in den Strömungen; rings das Gewoge
Bäumte sich rauschend empor und es schlug laut tosend die Felsen;
Und sie berühreten jetzt das Gewölk, Bergsteilen vergleichbar.
Wiederum untergetaucht in die tiefeste Tiefe des Abgrunds
Sanken sie ein, wenn jetzo die wüthende Brandung emporstieg.“

Diese Bewegungen des Schiffes vergleicht der Dichter denen des Balles beim munteren Spiele und fährt fort:

„So auch schnellten das Schiff, das hurtige, wechselnd die Nymphen
Hoch in den Lüften dahin durch die Brandungen, stets in Entfernung
Von dem Geklipp; es gohr ringsum wild zischende Meerfluth.
Auf sie blickte der Fürst von der Kupp’ aufragenden Berghaupts,
Hoch auf den Stiel vom Hammer die mächtige. Schulter gestützet,
Auch Hephaistos herab. In der Höh’ an dem strahlenden Himmel
Weilte die Gattin des Zeus und schauete; jetzt um Athene
Schlang sie die Arm’: es ergriff die Beschauende kaltes Entsetzen.“





Tafel 21. Die Vermählung des Iason und der Medeia vor dem Könige Alkinoos.

Nachdem die Argonauten diesen Schrecknissen des Meeres mit Götterhülfe glücklich entronnen waren, segelten sie weiter nach Kerkyra (Scheria), dem Eilande der Phaiaken, wo der gerechte und weise Alkinoos herrschte. Der König nahm sie gastfreundlich auf, aber sie stiessen hier zugleich auch auf eine neue Flotte der Kolchier, die ihnen nachgesandt worden war.

Die Kolchier verlangten vom Alkinoos im Namen des Aietes die Auslieferung der Medeia. Die Argonauten verweigerten dieselbe. Der König musste entscheiden. Medeia hatte nun das Herz der Arete, der Gemahlin des Alkinoos, gewonnen, und diese suchte ihren Gatten im Sinne der Nichtauslieferung zu beeinflussen. Aber Alkinoos entgegnete ihr, dass er einen gerechten Spruch, der allen Menschen als der beste erscheinen müsse, fällen werde, nämlich den:


Empfohlene Zitierweise:
Herman Riegel (Hrsg.): Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug. Alphons Dürr, Leipzig 1884, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Carstens_Werke_3._Band_Argonautenzug.pdf/29&oldid=- (Version vom 14.2.2021)