da meine Genesung, meine Wiedergeburt! Das war ein Fest – für uns beide. Ähnlich dem Glücke bei der Wiedervereinigung nach dem Schleswig-Holsteiner Kriege, aber doch anders. Dort kam die Freude mit einem Schlag und hier nach und nach – und zudem, wir waren uns ja seither wieder näher, immer näher.
Mein Vater hatte mich während meiner Krankheit täglich besucht und viel Besorgnis gezeigt; dennoch, ich wußte, daß er sich meinen Tod nicht übertrieben zu Herzen genommen hätte. Seine beiden jüngeren Töchter hatte er viel lieber als mich, und der Liebste von Allen war ihm Otto. Ich war ihm durch meine zwei Heiraten, namentlich durch die zweite, und vielleicht auch durch meine ganz verschiedene Denkungsart, einigermaßen entfremdet. Als ich vollständig hergestellt war – es war Mitte Juni –, übersiedelte er nach Grumitz und forderte mich lebhaft auf, samt meinem kleinen Rudolf mitzukommen. Ich aber zog es vor, da Friedrich diensteshalber die Stadt nicht verlassen durfte, meinen Landaufenthalt ganz in der Nähe von Wien zu nehmen, wo mein Mann mich täglich besuchen konnte, und so mietete ich eine Sommerwohnung in Hietzing.
Meine Schwestern, immer unter Tante Mariens Schutz – reisten nach Marienbad. In ihrem letzten Brief aus Prag schrieb mir Lilli unter Anderem:
„Ich muß Dir gestehen, daß Vetter Konrad anfängt, mir – gar nicht zuwider zu werden. Während so manchen Cotillons war ich in der Laune, wenn er nur die betreffende Frage gestellt hätte,
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 1, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/277&oldid=- (Version vom 31.7.2018)