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Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 52.

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« §. 51. Schwere, Elektricität und Magnetismus §. 53. »
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|[206]

§. 52.
Fortsetzung: Die Kugeln berühren sich.


 Sollen die beiden Kugeln sich berühren, so ist und die Gleichung (18) des §. 49 lautet jetzt


(1)


Folglich ist . Die Ausdrücke (8), (9), (10), (11) des |[207]§. 50 nehmen die Form an. Ihre Werthe sind aber leicht zu ermitteln. Man erhält


(2)


 Hier entsteht nun die Schwierigkeit, dass die Reihen (7) des §. 48, sowie die Reihen (12) des §. 50, einzeln genommen, nicht mehr convergiren. Das Problem ist aber bei den in (2) ausgesprochenen Daten ein durchaus bestimmtes, man wird also auch eine einzige bestimmte Lösung zu verlangen haben. Diese Lösung ist vollständig hergestellt, wenn man für jeden Punkt des äusseren Raumes die Functionen und kennt, von denen die erste herrührt von der Elektricität auf der ersten, die andere von der Elektricität auf der zweiten Kugel. Aus diesen Functionen lässt sich dann nach § 45 (8) die Dichtigkeit der Elektricität in jedem Punkte der beiden Kugeloberflächen finden, und es lässt sich die gesammte Ladung für die erste Kugel und für die zweite Kugel berechnen.

 Wir fangen mit dieser letzten Aufgabe an. Es ist, wie im vorigen Paragraphen nachgewiesen worden:


(3)


(4)


wenn man in (3) über die erste, in (4) über die zweite Kugeloberfläche integrirt. Die Integrale auf der rechten Seite geben aber, wie ebenfalls im vorigen Paragraphen auseinandergesetzt ist, die Summe der fingirten Ladungen in den Unstetigkeitspunkten im Innern der einen und der andern Kugel an. Also erhält man


(5)


|[208]

(6)


Diese beiden letzten Gleichungen sind nun insofern noch unbestimmt, als jede der vier Reihen, einzeln genommen, divergirt. In Gleichung (5) besteht die erste Reihe aus lauter negativen, die zweite aus lauter positiven Gliedern, und umgekehrt ist es in Gleichung (6). Vereinigt man die Glieder auf der rechten Seite zu einer einzigen Reihe, so lässt sich je nach dem Gesetze, nach welchem positive und negative Glieder auf einander folgen, jede beliebige Zahl als Summe herstellen.*)[1] Nach der Natur des Problems muss aber in jeder der beiden Gleichungen eine einzige bestimmte Zahl als die richtige Summe zu Stande kommen, und es fragt sich also, welche Anordnung der Glieder die allein richtige ist.

 Um darüber ins Klare zu kommen, gehen wir auf den Satz (6) des §. 18 zurück, wonach


(7)


(8)


für


Es genügt, die Potentialfunctionen in (7) für solche Punkte der positiven Abscissenaxe herzustellen, deren Abscisse ist, und dann zu nehmen.

 Statt aber die wahren Werthe der Potentialfunctionen in Rechnung zu bringen, wollen wir je einen zu grossen und einen zu kleinen nehmen. Wir gelangen dazu durch die Bemerkung, dass . Durchläuft man also die Centrallinie im Innern der ersten Kugel im Sinne der wachsenden , so gelangt man abwechselnd zu elektrischen Ladungen der ersten und der vierten Gruppe. Nun kann man sich jede Ladung der vierten Gruppe verschoben denken, das eine Mal in den nächstvorhergehenden, das andere Mal in den nächstfolgenden Unstetigkeitspunkt der ersten Gruppe. Dadurch, erhält man im ersten Falle im Punkte die Ladung , und dies gilt von an. Im andern Falle hat man im Punkte die Ladung , und im Punkte (mit anfangend), die Ladung . Durch die erste |[209]Verschiebung werden aber die Ladungen der vierten Gruppe von dem Punkte zu weit entfernt, im zweiten Falle werden sie ihm zu sehr genähert. Gibt man dabei Acht auf die Form der Potentialfunction und auf die Vorzeichen der Ladungen, so ergibt sich bei der abgeänderten Vertheilung im ersten Falle ein zu grosser Werth, im zweiten Falle ein zu kleiner Werth der Potentialfunction, verglichen mit dem wahren Werthe, der bei richtiger Vertheilung zu Stande kommen muss. Wir haben danach


(9)


Die beiden unendlichen Reihen, welche in (9) vorkommen, sind (für und um so mehr für ) unter allen Umständen convergent, auch wenn man für die Constanten die Werthe aus den Gleichungen (2) einsetzt. Multiplicirt man nun mit und geht zu den Grenzwerthen über für , so ergibt sich



Hier kommen links und rechts in den Reihen dieselben Glieder in derselben Reihenfolge vor. Die doppelte Ungleichung geht also in eine Gleichung über, nemlich:



Danach erhalten wir aus Gleichung (7):


(10)


In der Reihe auf der rechten Seite ist die Folge der Glieder keine willkürliche mehr, sondern genau vorgeschrieben. Die Reihe ist convergent. Man kann auch je zwei zusammengehörige Glieder vereinigen und erhält:


(11)


Die unendliche Reihe lässt sich in ein bestimmtes Integral verwandeln. Es ist nemlich für ein positives : |[210]



Folglich können wir schreiben




Benutzt man dies für Gleichung (10), so erhält man schliesslich:


(12)


 In entsprechender Weise verfahren wir zur Berechnung von . Das Resultat lautet:


(13)


Auch hier kann man die unendliche Reihe durch ein bestimmtes Integral summiren, nemlich:


(14)


Nun lassen sich auch die richtigen Ausdrücke für die Potentialfunctionen und leicht herstellen. Zunächst hat man:



|[211]Die beiden Reihen, einzeln genommen, sind divergent. Die erste hat lauter positive, die zweite lauter negative Glieder. Vereinigt man die Glieder zu den Bestandteilen einer einzigen Reihe, so kann man je nach der Anordnung jede beliebige Summe zu Stande bringen. Nach der Natur der Aufgabe hat man aber für irgend einen gegebenen Punkt nur einen bestimmten Werth zu erwarten. Folglich kann auch nur eine einzige Anordnung der Glieder die richtige sein, und man sieht leicht, dass es diejenige ist, für welche die Gleichung (7) den richtigen Werth von liefert. Da dieser nun schon bekannt ist, so hat es keine Schwierigkeit, jene allein richtige Anordnung ausfindig zu machen. Man erhält:


(15)


und in entsprechender Weise:


(16)


Die Reihen in (15) und (16) sind convergent, wenn der Punkt nicht in einen Unstetigkeitspunkt der ersten, resp. der zweiten Kugel fällt.

 Ueber die Integrale (12) und (14) ist noch eine Bemerkung zu machen. Die Integration lässt sich nemlich in geschlossener Form ausführen, wenn (und folglich auch ) ein rationaler Bruch ist. Es sei , so dass und ganze Zahlen, und zwar relative Primzahlen sind. Dann setze man in . Dadurch erhält man


(12*)


Ebenso ergibt sich aus (14)


(14*)


Die Integration geschieht dann nach bekannten Methoden durch Zerlegung in Partialbrüche. |[212]

 Sind die Brüche und irrational, so kann man auf die Gleichungen (10) und (13) zurückgehen und zur Werthermittelung der unendlichen Reihen die Tafel zu Hülfe nehmen, welche Gauss der Abhandlung: Disquisitiones circa seriem infinitam*)[2] beigegeben hat. Gauss schreibt:


(17)


für . Folglich ist


(10*)


und


(13*)


Das Resultat der theoretischen Entwicklung stimmt überein mit dem Ergebnis der experimentellen Untersuchung.



  1. *) Ueber diesen Satz vergleiche man: Riemann, partielle Differentialgleichungen. Bearbeitet von Hattendorff. § 20.
  2. *) Commentationes societatis regiae scientiarum Gottingensis recentiores. Vol. II. Gottingae 1813. — Gauss’ Werke. Bd. 3. Göttingen 1866.