Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 38.
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Wir gehen zu einem besonderen Falle über. Die Kräfte, von welchen die materiellen Punkte des freien Systems in Anspruch genommen werden, sollen gegenseitige Anziehungen oder Abstossungen sein, deren Grösse nur von den Massen der auf einander wirkenden Punkte und von ihrer Entfernung abhängt. Dann gibt es eine Function , wie sie im vorigen Paragraphen eingeführt
und der Punkt verrichtet die Arbeit
Es findet sich aber leicht
und auf demselben Wege
Die von beiden Punkten im Zeitelement verrichtete Arbeit ist demnach
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Bezeichnen wir nun mit eine Function von , deren Differentialquotient ist:
so ist die von bis zur abgelaufenen Zeit vermöge der Wechselwirkung zwischen den Massen und geleistete Arbeit:
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Die Gesammtarbeit aller Massen des ganzen Systems findet sich, indem man in dem letzten Ausdruck für alle Combinationen zweiter Klasse aus den Elementen setzt und die entstehenden einzelnen Werthe summirt. Die Gesammtarbeit ist also
(1) |
Die Summe ist die potentielle mechanische Kraft . Wir nennen sie kürzer das Potential. Die Integrations-Constante soll so gewählt werden, dass ist, wenn alle Punkte in unendlicher Entfernung liegen.
Das Potential ist also die Arbeit, welche verrichtet würde bei der Uebertragung der Punkte aus unendlicher Entfernung in ihre wirkliche Lage.
Das Potential ist unabhängig von den Wegen, auf welchen man diese Uebertragung vornehmen will. Ebenso ist aber die Gesammtarbeit (1) des Massensystems, die bei dem Uebergange aus einer Lage im endlichen Gebiete in eine andere solche Lage verrichtet wird, unabhängig von den Wegen, welche die einzelnen Punkte durchlaufen. Sie hängt allein von der Anfangs- und von der Endlage der Punkte des Systems ab. Man kann also, wenn es nur auf die Berechnung der verrichteten mechanischen Arbeit ankommt, alle Punkte aus ihrer Anfangslage in unendliche Entfernung rücken und hierauf in ihre Endlage übergehen lassen. Bei der ersten Bewegung erhält man als Arbeit den negativen Werth des Potentials für die Anfangslage, bei der zweiten das Potential selbst für die Endlage. Dies ist die Bedeutung des Ausdrucks (1).
Bei Anziehung im umgekehrten Verhältnis des Quadrates der Entfernung ist das Potential
(2) |
Hier ist wieder für jede Combination zweiter Klasse aus den Elementen zu nehmen, und die entstehenden einzelnen Ausdrücke sind zu summiren.
Wir haben bis jetzt vorausgesetzt, dass jeder Punkt des Systems mit allen anderen in Wechselwirkung stehe. Das Potential, |[159]welches man dabei erhält, nennt man das Potential des Massensystems auf sich selbst.
Es ist aber auch der Fall zu betrachten, dass jeder Punkt des einen Massensystems in Wechselwirkung steht mit jedem Punkte eines zweiten Systems.
Wir wollen die Massen des einen Systems mit , die des anderen Systems mit bezeichnen. Wenn die Wechselwirkung in Anziehung oder Abstossung besteht, deren Grösse eine Function der Entfernung ist, so erhalten wir für die geleistete Arbeit wieder den Ausdruck (1). Die Entfernung bezieht sich aber jetzt auf einen Punkt des einen Systems und einen Punkt des anderen. Es ist also jetzt
Die Summirung ist so zu verstehen, dass je ein Punkt des ersten Systems mit je einem Punkte des andern zusammengestellt, für jede Zusammenstellung die Function gebildet und alle entstehenden Functionen summirt werden. In dem Integral
ist die Integrationsconstante so zu wählen, dass wird für . Dann ist
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das Potential des einen Massensystems auf das andere.
Bei Anziehung im umgekehrten Verhältnis des Quadrates der Entfernung hat man jetzt das Potential
Bei Abstossung nach demselben Gesetze ist in (2) und (4) auf der rechten Seite negatives Vorzeichen zu setzen.
Die Potentialfunction einer anziehenden (oder abstossenden) Masse auf einen Punkt ist das Potential dieser Masse auf die in dem Punkte concentrirte Masseneinheit.