Romaisches Liebeslied
Ach niemals war die Liebe doch
Ganz ohne Schmerz und Zweifel noch,
Der stets mein Herz so seufzen macht,
Wenn dunkel stürmen Tag und Nacht.
Verschmacht’ ich unter dieser Schwere,
Das Liebe Pfeil’ hat, wußt’ ich früh,
Ach, auch vergiftet fühl’ ich sie.
Ihr freien Vögel, flieht das Netz,
Sonst wird, von ihrer Gluth getrieben,
Sich euer Herz und Hoffnung trüben.
Ein Vogel war ich, weit und breit,
Flog ich schon oft zur Frühlingszeit,
Schlag’ ich noch flatternd meine Schwinge.
Wer hoffnungslos, wer niemals liebte,
Fühlt nicht, noch kennt er, was mich trübte[WS 4],
Die kalten Blicke überqueer’
Im schönen Traum glaubt’ ich dich mein,
Nun sterb’ ich und der Hoffnung Schein,
Wie schmelzend Wachs, wie welke Blüthen,
Fühl’ ich mein Leid und dein Gebieten.
Den zorn’gen Blick, den Mund so stumm?
Mein Liebesvogel, mein Gespiele,
Kannst du mich hassen, wenn ich fühle?
Mein Aug’ wie Winterströme strömt,
Mein Vogel, komm, Ein Laut von dir
Belebt schon deinen Freund in mir.
Mein schaudernd Blut, mein wüstes Hirn, –
Ich martre mich noch schweigend gern,
Es hüpft dein Herz, wenn – meines bricht.
Reich mir das Gift, sei nur nicht bange,
Du mordest Einmal, doch nicht lange,
Mein Leben lebt’ ich zu verfluchen,
Mein blutend Herz, mein Busen, lullt
Dich noch zur Ruhe die Geduld?
Nein, allzuspät seh’ ich es ein,
Lust muß des Leidens Bote seyn.
- ↑ Pouqueville hat uns zuerst mit diesem reizenden Liede Bekannt gemacht. Das Original begleitet von einer Uebersetzung in Prosa findet sich in dessen Voyage[WS 1] en Morée tom 1. p. 282 Ukert hat im[WS 2] Gemälde von Griechenland S. 182 eine deutsche Uebersetzung in Prosa mit getheilt. Eine metrische Nachbildung liefert Lord Byron (works v. 4). deren Rhytmus der gegenwärtigen zum Grunde gelegt ist.