Zum Inhalt springen

Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Wäldgen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: O. M.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Wäldgen
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 93–95
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons = SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[Ξ]
[93]
Wäldgen.


Wäldgen wurde in früheren Zeiten Wäldigen, oder auch „zum Walde“ genannt und liegt nicht weit von der Leipzig-Dresdner Chaussee in einer fruchtbaren nicht unangenehmen Gegend, kaum zwei Stunden von Wurzen und drei von Grimma auf der Grenze beider Aemter, nördlich vom Stenzwalde. Das Dorf Wäldgen besteht aus einer Mühle mit zwei Gängen und Schneidezug, einer Schenke, sechs Gärtnergütern und acht Häusern, mit etwa hundert Einwohnern, theils Ackerbauern, theils Handarbeitern. Der hiesige Flurbezirk umfasst einen Flächenraum von 259 Ackern 287 □ Ruthen.

Ueber die Gründung des Ortes fehlen alle Nachrichten, doch verräth schon der Name, dass vormals auf der Stätte, wo jetzt Wäldgen sich befindet, eine Holzung stand die muthmasslich im zwölften oder dreizehnten Jahrhundert ausgerodet wurde. Da Wäldgen in früheren Zeiten immer gleiche Besitzer mit dem nahen Sachsendorf hatte, so ist anzunehmen, dass ein solcher der Gründer des Rittergutes Wäldgen gewesen und dieses ursprünglich ein Vorwerk des Hauptgutes Sachsendorf gewesen sei, bis es Rittergutsgerechtsame erhielt. So viel ist gewiss, dass Wäldgen, Sachsendorf, Hohnstädt und andere nahe Güter ihre Entstehung nicht – wie Trebsen, Grimma u. s. w. – den Sorben verdanken, sondern neueren Ursprungs sind. Im Jahre 1284 gedenkt bereits eine Urkunde des Ortes Sachsendorf als eines zum Wurzener Distrikt gehörigen Dorfes, und Conrad von Sachsendorf lebte 1333, von dem Gute Wäldgen aber spricht keine Urkunde jener Zeit.

Das Rittergut Wäldgen, mit einem grossen, schönen Herrenhause und trefflichen Wirthschaftsgebäuden, ist wegen der beiden Dorfantheile sowol ein schriftsässiges Gut im Amte Wurzen, wie auch ein amtsässiges Gut im Amte Grimma. – Ob dasselbe, gleich Sachsendorf, zuerst im Besitze der Herren von Sachsendorf war, lässt sich nicht ermitteln, erst im Anfange des funfzehnten Jahrhunderts beginnt die Reihe der Herren auf Wäldgen in ununterbrochener Folge. Zu dieser Zeit gehörte das Rittergut Friedrich von Saalhausen, der auch Trebsen besass und um das Jahr 1450 gestorben sein muss. Sein Nachfolger war Hans von Canitz, dessen noch 1469 Erwähnung geschieht, wo er bei einem Vergleiche als Herr auf Sachsendorf, Wäldgen und Mühlbach genannt wird, doch scheint derselbe keine Söhne hinterlassen zu haben, indem die drei Güter an Bernhard von Stentzsch fielen, der sie 1514 Friedrich von Saalhausen auf Trebsen verkaufte. In der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts kam Wäldgen an die Familie von Schleinitz, aus der Wolf Dietrich von [94] Schleinitz das hiesige Rittergut von 1600 bis 1638 besass, wo es an den Rechtsconsulenten Augustin Prätorius gelangte, der 1676 mit Tode abging. Die Kirche zu Sachsendorf verwahrt seine und seiner Gemahlin Ueberreste, wie ein unter dem Orgelchore befindliches Epitaphium verkündet: „Wohl verdientes Grabmal zweier allhier in Gott ruhender Ehegenossen Tit. Herrn Augustin Praetorii auf Wäldgen I. U. D. und weit berühmten gewesenen Rechtsconsulentens und Tit. Frau Anna Elisabeth Praetorius geborene Frommholdin.“ Der nächste Herr auf Wäldgen war der Hauptmann Christoph Abraham von Canitz, welcher 1713 es dem Generalleutnant Hans Christoph von Canitz hinterliess, dem wiederum 1717 der Generalmajor Christoph Heinrich von Canitz folgte. Als Letzterer 1720 starb kam das Gut an den Rittmeister Hans Christoph von Döring, welcher 1758 vollendete. Diesem folgte Gottlob Heinrich von Döring, Domherr zu Meissen und Stiftsrath zu Wurzen, welcher 1780 starb, worauf der churfürstlich Sächsische Amtsverwalter Johann Augustin Petzsch in Besitz des Gutes trat, es jedoch schon 1794 seiner Wittwe hinterliess, nach deren im Jahre 1800 erfolgtem Tode es ein Sohn, der königlich Sächsische Amtsinspector Friedrich August Petzsch erhielt, jedoch bereits 1803 an den Amtshauptmann Gottfried August Freiherrn von Lorenz verkaufte, nach dessen 1814 erfolgtem Ableben Wäldgen bis 1821 im Besitze des Oekonomen Carl Christian Gottlieb Kopp blieb. Der neue Eigenthümer war Traugott Heinrich Günther Leuckard, königlicher Postmeister zu Luppa, von dem das Gut 1836 an Christoph Friedrich Feist, und von diesem 1839 an Carl Gottlob Feist überging. Noch in demselben Jahre erkaufte Wäldgen Carl Friedrich Gottlob Gässner, behielt es jedoch nur bis 1841, wo es an den früheren Besitzer des Rittergutes Dobrischau bei Bautzen, Jacob Lantz gelangte, der sehr viel für die Verbesserung des neuerkauften Gutes und Verschönerung der Gebäude that. Zur Zeit gehört Wäldgen Herrn H. Müller.

Zu den Schicksalen, welche Wäldgen im Laufe der Jahrhunderte betroffen, gehört die Vernichtung desselben durch die Hussiten, welche nach dem Gefecht am Collm ihre Wuth an den schuldlosen Bewohnern der Umgegend ausübten, und namentlich die Rittersitze und Kirchen verwüsteten. Ob das Schloss zu Wäldgen ein gleiches Schicksal hatte lässt sich nicht ermitteln, doch ist es sehr wahrscheinlich, da Wäldgen unter den Ortschaften angeführt wird, welche einer gänzlichen Vernichtung anheim fielen. Der dreissigjährige Krieg mit allen Leiden, welche Krankheit und Brutalität nur immer erzeugen können, traf auch die hiesige Gemeinde. Als der Schwedische Feldmarschall Banner Torgau belagerte, streiften seine Reiter fouragirend in weitem Kreise umher und nahmen dem armen Landmanne das Wenige, was vielleicht kurz vorher ein menschlicherer Soldat ihm gelassen hatte. Die Pest grassirte bald darauf in hiesiger Gegend so entsetzlich, dass in dem nahen Orte Sachsendorf nur funfzehn Erwachsene von ihr verschont blieben und der Pfarrer Thielemann von hinnen zog, weil er keine Gemeinde mehr hatte. Die wenigen Bewohner Sachsendorfs und Wäldgens nahm der Pfarrherr zu Burkartshain unter seine geistliche Obhut Die letzten Jahre der Napoleonischen Macht brachten auch Wäldgen mannigfache Beschwerden an Einquartirungen, Contributionen und Requisitionen. – Auch Brandunglück blieb dem Orte nicht fern. Im Jahre 1767, am 17. April, brach auf dem Rittergute ein Feuer aus, welches jedoch nur einige unbedeutende Gebäude einäscherte, da rechtzeitige Hülfe dessen Verbreitung hinderte, und in der Nacht zum 21. Juni 1771 entstand wiederum in den östlichen und südlichen Theilen der Rittergutsgebäude ein Brand, der beträchtlichen Schaden verursachte, indem er nicht nur die Gebäude, sondern auch die darin verwahrten Vorräthe verzehrte; das Herrenhaus blieb dabei unbeschädigt. Im Jahre 1783 verzehrte das Feuer ein Haus, dem Zimmermeister Schröter gehörig.

Wäldgen ist in die Kirche des nur eine Viertelstunde entfernten Dorfes Sachsendorf eingepfarrt, die schon vor der Reformation zum Sedes Wurzen gehörte. Sie brannte im Jahre 1693 nieder und über ihren Wiederaufbau sagt das Sachsendorfer Kirchenbuch: Nachdem in dem schrecklichen Brande, den 8. Octobris 1693, die ganze Kirche bis aufs blosse Gemäuer, sammt Thurm, Glocken, Seiger und Allem was in der Kirche befindlich gewesen, vom Feuer verzehret und zernichtet worden, hat Gott nach seiner grossen Güte bei so wenigen Mitteln und geringem Vorrathe uns mit so milder Hand gesegnet, dass ohne alle gemachten Anlagen und ausserordentliche Beschwerung der Eingepfarrten eine schönere Kirche und währhafter Thurm als man vorhin nie gehabt wieder erbauet und bis auf einen Taufstein oder Engel, einen geschnitzten Altar und grosse Glocke ganz aufgebauet auch den 14. Novembris 1699, gleich am Kirchweihtage mit herzlicher Andacht und Freude bei solennem cultu [95] durchs Gebet, Wort Gottes und Ausspendung des heiligen Abendmahls in Beisein der Herren Kirchenpatronen eingeweihet worden. Zum christlichen Andenken und aus schuldiger Dankbarkeit wegen solcher väterlichen Züchtigung und darauf erfolgter Begnadigung von Gott hat der Pastor loci aus Esaias Cap. XII, v. 1: „Ich danke Dir Herr, dass Du zornig bist gewesen über mich, und Dein Zorn sich gewendet hat und tröstest mich“ folgende beide Chronosticha, deren ersteres das Züchtigungsjahr 1693, das letztere aber das Hülfs- und Trostjahr 1698 anzeiget mit Vergiessung vieler Buss- und Freudenthränen aufgesetzet:

QVos satIs IratVs per terrVIt Igne fVrente
In pagI LatVs et VIscera prIMa, DeVs;
AeDICVs hos InstaVratIs tVrrIqVe VenVstIs
SoLatVr, sIt eI gLorIa LaVs et aMor!

Nächst solchem Kirchen- und Thurmbau ist auch die Kirchhofmauer weil selbige ganz eingefallen gewesen, durch Gottes Gnade und Segen von Grund aus neu aufgeführt und in jetzigen Stand kommen. Nach Inhalt der Bau- und Kirchrechnungen hat man auf den ganzen Bau bisher gewendet 1443 Mfl. 6 Groschen 1 Pfennig. Ob man nun zwar einige Capitalia hierzu, sonderlich vor das Rittergut Wäldgen gethanen Verlags hat aufnehmen müssen, nämlich beim Pfarrer allhier 125 Mfl. laut der Kirchväter Obligation, den 16. Septembris 1697 und 50 Mfl. aus der Wachauer Kirche, so bis auf 25 Mfl. bereits restituiret, so können doch solche beide Posten meistens bezahlet werden, sobald nur von unserer Frau und Fräulein Collatricibus der vom Herrn General-Major von Canitz offerirte Vergleich approbiret und ratificiret worden.“

Von der Zeit ihrer Erbauung bis jetzt hat die Kirche nur wenige Veränderungen erfahren. Im Jahre 1834 brach man die kalte feuchte Sacristei ab und errichtete dagegen auf der Mittagseite ein freundliches helles Gemach, für welchen Bau die Gemeinde aus ihren Mitteln alle Kosten bestritt, und 1839 schaffte die Kirchfahrt wiederum aus eigenen Mitteln sechs grosse neue Fenster an, wodurch das Innere der Kirche sehr an Licht gewann. – In der Schule zu Sachsendorf werden auch die Kinder aus Wäldgen unterrichtet.

O. M.