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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Trachenau

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Trachenau
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 181–182
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Trachenau


⅜ Stunden oberhalb Rötha am linken Ufer der hier sehr gewunden fliessenden Pleisse, 2 Stunden nordwestlich von Borna, 4 Stunden von Leipzig, in einer breiten, angenehmen, die fruchtbarsten Felder und Wiesen und gefällige Holzungen enthaltende Aue, gegen 400 pariser Fuss über dem Meere gelegen, ist schon seit längerer Zeit mit dem Rittergute Rötha combinirt.

Das Gut in Trachenau ist nicht unansehnlich und zeichnet sich nicht nur durch seine geräumigen Wirthschaftgebäude, sondern hauptsächlich durch das auf eine Anhöhe erbaute, äusserst vortheilhaft und bequem eingerichtete von schönen Anlagen umgebene Herrenhaus aus, welches mit ersteren zugleich von einem Wall bedeckt ist.

Ein Schloss war hier schon sehr frühzeitig erbaut und verdankt seine Entstehung einem Otto von Trachenau im Jahre 1168. Doch ist mit der Erbauung des Schlosses zu Trachenau auch noch eine Sage verknüpft, die deshalb hier einen Platz finden mag:

Dieser Sage zufolge sollen im 12. Jahrhundert in hiesiger Gegend zwischen 2 Brüdern Zwistigkeiten obgewaltet und sehr häufig Befehdungen und Verwüstungen der Ländereien stattgefunden haben.

Einst fand man den einen dieser Brüder auf offenem Felde erschlagen und Niemand war im Stande den Thäter zu ermitteln. Man forschte und forschte, aber alle Nachforschungen liessen zu keinem [182] sicheren Resultate gelangen. Nur das Eine raunte man sich von Ohr zu Ohr: der eigne Bruder ist doch der Mörder!

Dieses Gerücht mochte auch zu den Ohren der heiligen Vehme gelangt sein: denn bald darauf wurde der Bruder geladen, sich des Nachts zur bestimmten Stunde einzufinden, um seinen Richtern Rede und Antwort zu stehen. Der Geladene erklärte, dass er Gelegenheit haben werde seine Unschuld zu beweisen und man entliess ihn. Kurz darauf brach eine Fehde mit den Merseburger Bischöffen aus, an welcher sich der Angeklagte zu betheiligen erklärte und hier wüthete derselbe so gegen seine Feinde, dass einer nach dem andern der Ritter unter seinen Streichen fiel und der Angeklagte, Ritter Adalbert behauptete mit den Seinigen das Schlachtfeld. Er ging dann bei einem auf dem Kampfplatze liegenden Reitersmann vorüber, als er die Worte hörte: „Das ist die Drachenau, Adalbert, ich habe deinen Bruder ermordet!“

Kurze Zeit darauf soll das Schloss in hiesiger Gegend erbaut und der Erbauer, Ritter Adalbert, nach dem Orte sich genannt haben. Der Ort selbst wurde ursprünglich Drachenau geschrieben, und erst, als sich dessen Besitzer die Herren von Trachenau nannten, in Trachenau umgewandelt.

Die Ritter von Trachenau existirten hier noch im 15. Jahrhundert: Denn ein Dietrich von Trachenau schenkte 1465 150 Schock zu Seelenmessen dem Kloster zu Frankenhausen.

Im 16. Jahrhundert wurde mit Trachenau die Familie von Ponikau beliehen, von welcher es an das Geschlecht derer von Schönfeld kam. Hernach besass es bis 1702 der Generallieutenant und Gouverneur über die Pleissenburg, Hans Rudolph von Minckwitz. Von diesem Geschlechte erkaufte das Gut der Königl. Sächs. Oberkammerherr, Freiherr von Friesen auf Rötha, welcher es im Jahre 1824 seinem ältesten Sohne, dem Königl. Sächs. Kammerherrn Freiherrn von Friesen überliess und noch im Besitze dieses Gutes sammt Rötha ist.

Trachenau mit Treppendorf trug ¾ Ritterpferd. Dieses war 1612 unter den beiden begriffen, welche die Weidenaua zum Defensioner Werke stellten. Das erwähnte Treppendorf stand also mit unter der Gerichtsbarkeit von Trachenau, und war 1598 ebenfalls auch nach Trachenau eingepfarrt, obschon es vorher, wie jetzt wieder eigentlich nach Zöpen in die Kirche gehörte. Allein im Jahre 1598 wüthete in Zöpen furchtbar die Pest, wovon Treppendorf verschont blieb und deshalb erfolgte diese Einkirchung nach Trachenau. Um so gnädiger eine allwaltende Vorsehung in jener Pestzeit über Treppendorf ihre Hand hielt, um so härter wurde dieser Ort im Jahre 1771 heimgesucht, wo die grosse Ueberschwemmung, welche Zöpen und Kahnsdorf traf, in Treppendorf die schrecklichsten Verwüstungen anrichtete. Fast sämmtliche Gebäude wurden beschädigt, ein grosser Theil eingeweicht und niedergerissen, ja von einem dem Flusse zunächst liegenden Gebäude blieb nicht ein Mal der Grund stehen.

Treppendorf liegt zwischen Zöpen und Trachenau und Kreudnitz gegenüber, welches ebenfalls zu Rötha gehört.

Trachenau ist mit dem Hauptgute Rötha durch eine herrliche Allee verbunden und hat in den Kriegsjahren mit Rötha immer gleiche Noth und gleiche Drangsale ertragen müssen.

Die Gerichtsherrschaft von Rötha und Trachenau hat aber stets das Ihrige dazu beigetragen, die Nachwehen der früheren Kriegsjahre auf jegliche Weise vergessen zu machen, und fremde Noth, fremdes Leid zu mildern und zu heben. Ihr, dieser hochachtbaren Gerichtsherrschaft haben die gesammten früheren Gerichtuntergebenen viele Wohlthaten zu verdanken, weshalb auch das Andenken an die früheren Einrichtungen hier nicht so bald erlöschen werden.

Der jedesmalige Besitzer von Trachenau ist Patron der Kirche daselbst.

Dieselbe ist ein schönes Gebäude ohne Thurm. Früher hatte solche einen sehr geschmackvollen Thurm, der durch einen Blitzstrahl vernichtet wurde.

Hinzugepfarrt ist nur Gaulis.

Die Kirche selbst steht unter der Diöces Borna.

Ausser Kirche und Schloss finden sich noch als nennenswerthe Gebäude hier: die Schule, die Mühle nebst Oelmühle.

Trachenau zählt jetzt 52 bewohnte Gebäude mit 71 Familienhaushaltungen und 314 Einwohnern und gehört zum Gerichtsamt Rötha, zum Bezirksgericht Borna, zur Amtshauptmannschaft des letzteren Ortes, zum Regierungsbezirk Leipzig.

M. G.