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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Kötzschwitz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Kötzschwitz
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 179–181
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Kötzschwitz


das Rittergut ohne Dorf an der Gössel oder Geissel an der Chaussee von Leipzig nach Borna, 3 Stunden südost südlich von der erstern Stadt entfernt gelegen, wurde sehr häufig von den Ueberschwemmungen des Gösselbaches hart bedroht. Oft musste mit den grössten Anstrengungen, mit eigener Lebensgefahr das Vieh zur Nachtzeit aus den Ställen gerettet werden, wenn die Gössel ehe man noch solches ahnete zum wild daher brausenden Strome anschwoll. Deshalb entschloss man sich, die ursprünglichen unmittelbar an der Gössel gelegenen, durch die Wasserfluth ruinirten Rittergutsgebäude ganz liegen zu lassen und ein neues Schloss etwas südwestlich von den alten Gemäuern an einer höher gelegenen Stelle zu erbauen, wie solches jezt noch in der Abbildung zu sehen ist.

Kötzschwitz und das nahe Magdeborn waren sehr alte Castelle, die schon im 9. und 10. Jahrhundert existirten und zu dem sorbischen Pagus gehörte, welcher durch Gewalt der Waffen dem Kaiser unterworfen worden war.

Um die Sorben im Zaume zu halten, legte man solche Castelle an. An diese Castelle lieferten die Sorben ihre Abgaben, die zum Theil in Honig, Wachs u. s. w. bestanden. Die kaiserlichen Beamten, die diese Honigsteuer einzunehmen hatten, hiessen cidelarii und waren meist Leute von Adel.

Nach der Gründung des Bisthums Merseburg im Jahre 968 vom Kaiser Otto I. wurde vom lezteren der erste Bischof von Merseburg, Boso, mit Kötzschwitz und Magdeborn beschenkt und von dieser Zeit an blieben auch die Bischöffe von Merseburg Lehnsherrn von Magdeborn. Ja die Besitzer des Rittergutes Kötzschwitz wurden bis auf die neuere Zeit von der Administration des Bisthums jedes Mal besonders mit Magdeborn beliehen.

Die Zeit, in welcher Magdeborn an das Rittergut Kötzchwitz gekommen ist, dürfte nach alten Urkunden nicht zweifelhaft sein und sich auf das Jahr 1420 bestimmen lassen. Vorher war Magdeborn in einer Fehde mit den Bischöffen zerstört worden, welche die Burg nicht wieder aufbauten, sondern die verwüstete Flur mit den Gerichten über Hals und Hand an die Gebrüder von Zehmen, Hans und Nickel, in dem Jahre 1420 verkauften.

Dieselben Gebrüder Zehmen acquirirten im nämlichen Jahre Kötzschwitz für 200 Mfl. vom Stifte Merseburg und Kötzschwitz mit Magdeborn oder der verwüsteten Flur, (bestehend in 3 wüsten Höfen hinter der [180] Kirche mit 1½ Hufen Landes, und 3 Acker Wiesen dabei gelegen) gehörte bis zum 16. Jahrhundert dieser Familie.

Einer ihrer Nachkommen, Rudolph von Zehmen verkaufte diese Besitzung 1556 an Georg von Breitenbauch Dr. jur. und Ordinarius in Leipzig. Im Jahre 1571 wurde dessen Sohn, Cäsar von Breitenbauch, damit beliehen. Nach dem Ableben des Letzteren kam Kötzschwitz mit Zubehör wieder an das Geschlecht derer von Zehmen und zunächst an Georg Oswalden Zehmen, der bei seinem Tode 2 unmündige Söhne, Volkmar Dietrich, und Georg Ernst hinterliess, von denen der jüngere den 16. October 1592 mit Kötzschwitz beliehen wurde.

Im Jahre 1668 finden wir daselbst Christian von Seydlitz als Erb- Lehn- und Gerichtsherrn. Letztre hatte zwei[VL 1] Söhne, Christian und Valentin, Rudolph von Seydlitz. Der leztere, welcher nach seines Bruders Tode das Gut allein in Besitz nahm, verkaufte es den 25. Januar 1694 an Friedrich von Fullen, welcher dasselbe jedoch schon den 10. October 1695 an den Rittmeister Friedrich Otto von Karstädt käuflich abtrat, so dass das Gut nach seinem Ableben dessen Wittwe Maria Agnes von Karstädt geb. von Seydlitz im Jahre 1707 übernehmen konnte. Diese so edle und menschenfreundliche Frau behauptete es bis zum 31. Juli 1722, wo ihr Sohn Otto von Karstadt volljährig ward und das Gut annahm. Er starb den 16. Mai 1740, hinterliess einen unmündigen Sohn Carl Friedrich von Karstädt, der zwar den 2. Mai 1754 mit Kötzschwiz beliehen wurde, solches aber den 13. Februar 1772 an Peter Leplay, Kaufmann in Leipzig, verkaufte. (In diese Zeit fällt die Verwandlung des Mannlehn Gutes in Allodium.) Dieser ist der Begründer der neuen jezt noch existirenden Rittergutsgebäude, wie solche in einem regelmässigen Viereck stattlich in unserer Abbildung prangen. Nach seinem im Jahre 1799 erfolgten Tode erbte das Gut seine Tochter, Frau Antonie, verw. Hof- und Justizräthin, Dr. Schmidel, deren Andenken jetzt noch in Seegen stehet, da sie sich unter andern das Verdienst erworben hat, durch ihre Vermittelung einen kostspieligen Prozess zu schlichten, den das Kirchenärar von Magdeborn mit der Crostewizer Gerichtsherrschaft wegen Aufbringung der Parochiallasten führte.

Den 14. Juli 1815 starb diese würdige Frau, worauf ihre beiden jüngsten Söhne, Christian Eduard und Christian Theodor das Gut gemeinschaftlich in Lehn nahmen. Seit dem Jahre 1817 ist der jüngere derselben Hr. Dr. Christian Theodor Schmidel, Herr auf Zehmen u. s. w. alleiniger Besitzer von Kötzschwitz und somit auch Patron der Kirche und Schule zu Magdeborn. Ein Mann von vortrefflichen Eigenschaften, von Humanität und Menschenliebe, die an allen seinen Handlungen so recht bethätigt, dass er der Sohn seiner grossen, hochgebildeten Mutter, der verstorbenen Hof- und Justizräthin Schmidel ist. Mögen seine Gemeinden noch lange das Glück geniessen, denselben als Herrn und Kirchenpatron begrüssen zu können.

Zu Kötzschwitz gehörten bisher die Dörfer Gruna, Dachwitz, Tanzberg, und Magdeborn. Magdeborn, und Tanzberg, sowie Gruna und Kötzschwitz bilden nur eine Dorfgemeinde.

Das Rittergut mit 6321 Steuereinheiten hat gegen 240 Acker Feld etc. eine starke Bierbrauerei und vortreffliche Schafzucht. Im Jahre 1852 brannten die Stallgebäude bis auf die Mauern ab und sind solche seit dieser Zeit unaufgebaut.

Der jedesmalige Rittergutsbesitzer von Kötzschwitz ist, wie schon oben erwähnt worden, auch Collator über Kirche und Schule zu Magdeborn. Dieses Collaturrecht ist mit dem obberegten Erkauf der wüsten Flur in Magdeborn an das Rittergut von Kötzschwitz gekommen.

Magdeborn oder Madeborn d. i. Honigsperre (sogenannt von dem zu zahlenden Zins) war früher eine sehr grosse Parochie. Es gehörten, ausser den jetzt noch eingepfarrten Ortschaften, auch die Kirchen zu Störmthal, Dreiskau und Kleinpetzschau mit Dalitzsch als Faliale dazu und vermuthlich hat auch Heyn, Creudnitz, Trages, Haynchen, Muckern und Geschwitz mit Magdeborn im Parochialverbande gestanden.

Aus den 3 erstgenannten Filialen wurde im Jahre 1690 eine eigne Parochie, Störmthal, gebildet.

Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts war die uralte hiesige Kirche so baufällig geworden, dass keine Reparatur mehr von Erfolg schien und man sich entschloss eine neue aufzubauen.

Im Jahre 1784 wurde der Bau begonnen und binnen 28 Wochen vollendet. Während des Baues wurde der Gottesdienst auf dem Malzboden in Kötzschwitz gehalten.

Die neue Kirche ist ein freundliches Gebäude. Der Haupteingang ist auf der Abendseite unter dem Thurme dem Altar gegenüber. Unter dem Altare befindet sich die Kanzel und ihr gegenüber die schöne Orgel. [181] Zur Linken des Altars ist die herrschaftliche Kapelle, zur Rechten die Sacristei angebaut.

Eingepfarrt sind Kötzschwitz, Gruna, Dachwitz, Tanzberg, Sestewitz, Gehren, Gölschen und Rödchen.

Das Areal der ganzen Parochie beträgt 2401 Acker und 130 □R. mit 62,477–83 Steuereinheiten.

Der Ackerbau ist in der ganzen Parochie vorherrschend, doch giebt es auch viele Handwerker namentlich 3 Böttcher, 6 Fleischer, 9 Maurer, 5 Schneider, 8 Schuhmacher, 1 Seiler, 2 Stellmacher, 1 Töpfer, 1 Weissbäcker, 10 Zimmerleute, 1 Handelsgärtner, 1 Wetzsteinfabricant, 2 Mühlen und unter den Gasthöfen sind vorzüglich die beiden an der Chaussee gelegenen zu Dachwitz und Gruna sehr besucht.

Das Jahr 1813 war auch für die hiesige Gegend eine traurige, kummervolle Zeit. Den 16. October bereiteten die Truppen der Allirten hier mehre Evolutionen an und von hier aus machten die russischen Garden den siegreichen Angriff auf das von den Franzosen besetzte Auenhayn. Die Reserve-Cavalerie unter Fürst Constantin soll zum Theil auf den Pfarrfeldern von Magdeborn aufgestellt gewesen sein.

Der damalige Pfarrer Opitz musste fast unbekleidet aus seiner Wohnung fliehen, verlor nicht nur seine Vorräthe an Getreide und seinen bedeutenden Viehstand, sondern auch seine Bibliothek, die, sowie das Kirchenarchiv ganz zerstreut im Hofe umherlag, wo Menschen und Pferde sich drängten und wo Gesunde, Verwundete, Sterbende, Gefangene ein schauerliches Gewühl bildeten.

In Kötzschwitz befand sich während der Schlacht ein Lazareth der Alliirten.

Kötzschwitz und Magdeborn mit Tanzberg gehören jetzt zum Gerichtsamte Rötha, zum Bezirksgericht Borna, zur Amtshauptmannschaft des letztern Ortes und zum Regierungsbezirk Leipzig.

Kötzschwitz hat 2 bewohnte Gebäude mit 3 Familienhaushaltungen und 35 Bewohnern, sowie Magdeborn ebenfalls nur 2 Wohngebäude mit 2 Familien und 18 Bewohnern zählt, wogegen Tanzberg mit 19 Häupter mit 25 Familienhaushaltungen und 101 Bewohnern bei seiner letzten Volkszählung sich aufgezeichnet findet.

M. G.     



Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftlicher Eintrag: ?