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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Schloss Chemnitz

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Titel: Schloss Chemnitz
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 10–12
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Schloss Chemnitz.

Die Stadt Chemnitz, eine der drei grossen Städte des Königreichs Sachsen, und dessen wichtigste Fabrikstadt, verdankt ihre Entstehung den Sorben, einem slavischen Volksstamme, der bis zum siebenten Jahrhundert jenseits der Elbe südlich und nördlich bis zum Meere sich ausbreitete und westlich bis an die Saale vordrang. Die Sorben führten zwar ein Nomadenleben, doch theilten sie ihr Land in Zupanieen oder Gaue ein, bauten indessen keine festen Wohnsitze, weil Jagd und Viehzucht sie aus einer Gegend in die andere führten, sondern lebten in einfachen kunstlosen Hütten, die weit von einander entfernt lagen und leicht abgebrochen und fortgeschafft werden konnten. Erst durch ihre Bekanntschaft mit den Franken und Deutschen und durch die mit diesen Völkerschaften entstehenden blutigen Kämpfe erlernten die Sorben den Bau fester, steinerner, zum Schutz mit Wasser und Wällen umgebenen Wohnsitze, die sie in ihrer Sprache Bud oder Buz nannten. Eine solche befestigte Ansiedlung war das jetzige Dorf Altchemnitz, welches in der Zupanie Chutizi – den jetzigen Bezirk um Chemnitz – lag. Als nun Kaiser Heinrich der Vogelsteller im zehnten Jahrhundert mit dem Kreuze in der einen und dem Schwerte in der anderen Hand gegen die heidnischen Sorben auszog, ihre heiligen Haine fällte und die geweihten Altäre zertrümmerte, da mussten die Slaven sich bald vor dem Christengott beugen, und an der Stelle, wo einst in dem heiligen Haine die Gebete der Priester ertönten, erschallten jetzt Axt und Hammer bei Errichtung christlicher Gotteshäuser und hoher gewaltiger Burgen.

Aber nicht so leicht fügten sich die Sorben den Vorschriften ihrer Sieger, immer wieder erhoben sie die Waffen zur Befreiung vom Joche des Christenthums und zur Wiedereinführung ihrer alten Götter. Kaiser Otto I., Heinrichs Sohn, hatte noch manchen blutigen Kampf zu bestehen ehe das kühne Slavenvolk sich in sein Schicksal fügte und ruhig die ihm angelegten Fesseln trug. Der Kaiser liess eine Menge feste Schlösser erbauen, die von Grafen bewohnt und vertheidigt wurden, und an welche die besiegten Sorben einen Tribut zahlten. Ausserdem mussten sich in den slavischen Kolonieen eine grosse Anzahl Deutsche ansiedeln, christliche Priester durchzogen das Land, verkündigten den Sorben die milde Christuslehre und bauten Kapellen und Kirchen welche die heidnischen Einwohner zu besuchen gezwungen wurden. So kam es dass die alten Slavengötter bald in Vergessenheit geriethen und man überall die Knie vor dem Bilde des Gekreuzigten beugte.

Eine solche im Jahre 939 entstandene und mit einem wunderthätigen Marienbilde versehene Kapelle soll den ersten Anbau von Chemnitz, nordöstlich von Altchemnitz, als Wallfahrtsort befördert, und Kaiser Otto I. im Jahre 954 ein Kloster zu St. Marien dabei gestiftet haben. Doch ist Chemnitz eigentlich erst unter dem Kaiser Lothar II. zu einiger Bedeutung gekommen, der der Stadt eine eigene Gerichtsbarkeit verlieh, einen Magistrat einsetzte, sie im Jahre 1125 erweiterte, mit Mauern umgab und zur kaiserlichen Reichstadt erhob. Ebenso trug auch zum Aufblühen der Stadt nicht wenig die Stiftung eines Benediktinerklosters vor Chemnitz bei.

Auf dem Berge, welcher jetzt Schloss Chemnitz trägt, hauste damals tief versteckt in dichter Waldung ein alter frommer Klausner, und hier beschloss Kaiser Lothar, oder wie Andere wollen, seine Gemahlin Richenza, [11] ein Kloster zu bauen, das im Jahre 1127 vollendet war und vom Papst Honorius und seinem Nachfolger die Bestätigung empfing. Anfänglich war es ein kleines bescheidenes Gotteshaus, das im Jahre 1236 in Flammen aufging, aber durch milde Beiträge frommer Menschen schon 1274 wieder aufgebaut stand, obschon der Bischof von Meissen den Beschluss gefasst hatte, es eingehen zu lassen, und die Mönche in einem anderen Kloster unterzubringen. Von dieser Zeit an bereicherte sich das Benediktinerkloster auf dem Berge so ungemein, dass es im funfzehnten Jahrhundert ausser verschiedenen Lehnsrechten, Zehnten und einzelnen Höfen nicht weniger als dreissig Dörfer besass, und ein Mönch des Klosters sagen konnte, alles Land, was man vom Klosterberge rundum sehen könne, sei – mit Ausnahme der Stadt Chemnitz – der Benediktiner vom Berge Eigenthum!

Der gewaltige Reichthum des Klosters machte indessen die Aebte immer stolzer und übermüthtiger, so dass endlich der Wunsch in ihnen entstand, sich gänzlich von der Hoheit des Bischofs von Meissen sowohl als auch von der des Landesherrn zu befreien. Hierzu bot ihnen das Erlöschen der kaiserlichen Gewalt in der Stadt Chemnitz eine treffliche Gelegenheit, indem schon nach Rudolfs von Habsburg Tode die kaiserliche Landeshoheit über Chemnitz, Altenburg und Zwickau verloren ging. Die Ursache dieses Verfalls und der Unterwerfung der Stadt Chemnitz unter die Herrschaft der Markgrafen von Meissen waren die Kriege, welche Friedrich mit der gebissenen Wange und sein Bruder Dietzmann mit ihrem Vater, dem Landgrafen Albrecht dem Unartigen und mit Kaiser Adolf von Nassau, sowie später mit Albrecht von Oestreich führten.

Bekanntlich hatte Landgraf Albrecht seine Länder aus Hass gegen seine beiden Söhne an Kaiser Adolf von Nassau verkauft, und dieser begann deshalb im Jahre 1295 und 1296 mit den Brüdern einen Krieg, wurde aber 1297 von Markgraf Friedrich dem Gebissenen bei Rochlitz und Döbeln geschlagen, und Chemnitz, das dem Kaiser Beistand geleistet, musste die Unterstützung seines Oberhauptes schwer büssen. Albrecht von Oesterreich setzte zwar den Krieg gegen die Markgrafen Friedrich und Dietzmann fort, wurde aber bei Lucca vollständig besiegt, und Chemnitz, Altenburg nebst Zwickau mussten sich den Markgrafen unterwerfen (1307). Bald darauf wurde Kaiser Albrecht von seinem Neffen, Johann von Schwaben, und einigen mit diesem verbündeten Edelleuten auf einer Reise von Baden nach dem Kloster Rheinfelden ermordet, und noch in dem nämlichen Jahre wählte die Stadt Chemnitz den Markgrafen Friedrich freiwillig zu ihrem Schutzherrn. Die späteren Kaiser, namentlich Heinrich VII., und Ludwig der Baier forderten zwar das Pleissnerland und die drei freien Städte Chemnitz, Altenburg und Zwickau zurück, aber alle ihre Bemühungen blieben erfolglos, vielmehr behauptete Markgraf Friedrich – sein Bruder Dietzmann war am 25. Dezember 1307 in Leipzig von einem Meuchelmörder erstochen worden – sich fortwährend in dem Besitze der angefochtenen Besitzungen, obgleich er bis zum Jahre 1315 mit dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg wegen des Pleissnerlandes und der drei Städte harte Kämpfe zu bestehen hatte. Nach Friedrichs des Gebissenen Tode vermählte sich dessen Sohn, Friedrich der Ernsthafte, mit Kaiser Ludwig des Baiern Tochter (1329) in demselben Jahre huldigte die Stadt Chemnitz auf Befehl des Kaisers seinem Eidam, und seit dieser Zeit hat niemals wieder ein Kaiser Ansprüche auf das Pleissnerland oder die drei Städte erhoben.

Die Aebte des Benedictinerklosters zu Chemnitz, die sich, um ihre Reichsunmittelbarkeit anzuzeigen, jetzt in Urkunden „Wir, von Gottes Gnaden“ nannten, wurden immer kecker, und wagten endlich sogar Eingriffe in die Gerechtsame der Stadt, indem sie sich nicht nur deren Obergerichte, sondern auch das Patronatrecht in derselben anmassten. Daraus entstanden natürlich hartnäckige Streitigkeiten, bei denen sich auch die Edelleute der Nachbarschaft betheiligten, so dass in den Jahren 1293, 1388 und 1418 sehr blutige Fehden entstanden. Die erste Fehde wurde durch Vermittlung des Bischofs von Meissen zu einem baldigen Ende gebracht; bei dem zweiten Zerwürfniss im Jahre 1388 war jedoch die Erbitterung der Ritter gegen das Kloster so heftig, dass sie wegen ihres wilden Treibens gegen die Benediktiner auf dem Berge in den Bann fielen, der freilich so drückend war, dass sie bei dem römischen Stuhle um Lossprechung nachsuchten und sich mit dem Abte verglichen. Die dritte Fehde musste der Landesfürst schlichten; doch gelang es in derselben einem Burggrafen von Leissnig, den Abt des Bergklosters, einen Herrn von Schleinitz, in seinem Schlosse Oberrabenstein, das die Leissniger erstiegen, gefangen zu nehmen, worauf der Burggraf den geistlichen Herrn zehn Tage lang in die Schlosskapelle einsperrte, bis er sich mit ihm einigte.

Ein neuer und furchtbarer Feind aber, der mit unmenschlicher Grausamkeit seinen Weg durch Blut und Brand bezeichnete – das Hussitenheer – zog gegen das Benediktinerkloster heran. Im Jahre 1429 umzingelten die wilden Böhmen das Kloster, erstiegen nach vergeblichem Widerstände seine Mauer, und bald loderte eine ungeheuere Feuersäule empor und verkündigte der Umgegend des Klosters schreckliches Schicksal. Die Zerstörung desselben war so vollständig, dass viele Jahre vergingen, ehe die Gebäude sich wieder aus ihrer Asche erhoben, und erst im Jahre 1525 wurde die Kirche unter dem Abt Hilarius Wagner vollendet, nachdem Abt Heinrich von Schleinitz 1514 ihren Aufbau begonnen hatte.

Churfürst Johann Friedrich der Grossmüthige hatte in seinen Ländern und den in der Nachbarschaft von Chemnitz gelegenen Städten Altenburg und Zwickau im Jahre 1527 bereits die lutherische Lehre eingeführt; in Chemnitz aber fand dieselbe noch keinen Eingang. Selbst als 1536 Heinrich der Fromme in Freiberg und Wolkenstein das Lutherthum zur Geltung brachte, blieben die Länder Herzog Georgs des Bärtigen bei dem alten Glauben, denn der Landesherr bestrafte den Uebertritt mit Exil oder Kerker. Erzogen in den religiösen Grundsätzen seiner Zeit und durch Einflüsterungen Anderer, so wie durch derbe Anzüglichkeiten, welche Luther sich gegen ihn erlaubt, erbittert war der übrigens wissenschaftlich gebildete und edle Fürst ein persönlicher Feind des Reformators und griff daher zu den strengsten Massregeln, um dessen Lehren von seinem Lande fern zu halten. Gleich nach Einführung der Reformation in dem Churfürstenthume ertheilte Georg dem Abte zu Chemnitz, seinem lieben Gevatter, die gemessensten Befehle, die Verbreitung der neuen Lehre nach Kräften zu verhindern, da er in derselben Gefahren für die Rechte der Fürsten und das Wohl der Völker wahrzunehmen glaubte. In diesen Ansichten und Bestrebungen [12] wurde der Herzog natürlich durch die Geistlichen eifrig bestärkt, und so blieb die Reformation auch wirklich bis zu Georgs Tode, der am 17. April 1539 auf dem Schlosse zu Dresden erfolgte, von dem Herzogthume entfernt. Der neue Landesherr aber, Heinrich der Fromme, betrachtete es als erste Pflicht, den evangelischen Cultus überall einzuführen, und liess sich in diesem Werke weder durch die Drohungen König Ferdinands, noch durch das Lärmen des Bischofs Johann von Meissen verhindern.

Hinsichtlich der beiden in und vor der Stadt Chemnitz gelegenen Klöster beschränkte man sich vor der Hand darauf, die Aufnahme von Novizen zu untersagen und den Klostergeistlichen das Beichthören, den Gebrauch der Monstranz und das Absingen der Horen bei offenen Thüren zu verbieten. Erst im Jahre 1548 wurden beide Klöster aufgehoben. Der Abt des Benediktinerklosters vom Berge, Hilarius Wagner, fügte sich den landesherrlichen Befehlen und bezog ein Haus am Rossmarkte in Chemnitz, wo er auch starb. Gleich ihm liessen sich noch verschiedene Mönche des Bergklosters in Chemnitz nieder, die übrigen aber wanderten mit den Franziskanern nach Böhmen. Von dem Klostervermögen empfingen die in der Stadt gebliebenen Mönche einen Jahresgehalt, das Uebrige wurde zu geistlichen Zwecken verwendet.

Nach der Säkularisation wurde das Kloster auf dem Berge, nebst dem Wirthschaftshofe der Abtei, in ein Kammergut verwandelt, das um das Jahr 1590 mit Neukirchen zusammen für 1050 Gulden verpachtet war, und wozu der Klosterküchenwald, die Glösaer Teiche und verschiedene andere Grundstücken gehörten. Mit der Zeit entzog man jedoch durch Verkauf dem Kammergute immer mehr Grundstücken, namentlich auf dem rechten Ufer des Flusses, woraus sich zwei Privatvorwerke und der kleine Ort Schlossgasse bildeten. Was vom alten Gute übrig war, erkaufte im Jahre 1701 der Augustusburger Amtshauptmann, Herr von Günther, als ein amtsässiges Gut mit Ober- und Erb-Gerichten, welches jedoch im Jahre 1742 schriftsässig ward. Von Georg von Günther kam Schloss Chemnitz an den Präsidenten von Bretschneider, und 1784 an die Gebrüder Siegert, welche es an die Familie Wühler veräussert, von welcher es in den Besitz der Familie Buschmann gelangte, der es noch jetzt gehört.

Die Gebäude des Klosters verfielen nach der Säkularisation immer mehr; auch zerstörten im dreissigjährigen Kriege die dort einquartirten Soldaten dieselben mit gewohnter Brutalität. Von den alten Klosterbauten ist jetzt nichts mehr übrig, als die Kirche und ein Seitengebäude mit Kreuzgängen und Zellen; doch gehören dieselben nicht zum Rittergute, sondern sind Eigenthum des Staates. Seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts sind einige neue Wirthschaftsgebäude aufgeführt worden. Zu dem Schlosse Chemnitz, auch Vorwerk Chemnitz und Altchemnitz genannt, gehören sechzehn Feuerstellen und eine Bleiche mit etwa hundert und zwanzig Einwohnern.

Die alte Schlosskirche enthält des Merkwürdigen noch so Manches. Den Grund zu ihr legte nach der Zerstörung ihrer Vorgängerin durch die Hussiten erst 1514 Abt Heinrich von Schleinitz, den man, weil er sein Kloster durch mehrere Baue verschönerte, dessen zweiten Gründer nannte. Hilarius Wagner, der auf Schleinitz folgende Abt, vollendete 1525 den Kirchenbau und liess auch einen Thurm bauen, der indessen später wieder abgetragen, dessen Geläute nach Mitweida verkauft wurde. Nach Aufhebung des Klosters blieb die Kirche bis zum Jahre 1668 verschlossen, wo sie unter Churfürst Johann Georg II. zum evangelischen Gottesdienste geöffnet und der Pfarrer in Glösa zum Schlossprediger investirt wurde. Später räumte man die Schlosskirche den Katholiken ein; nachdem dieselben aber in der Stadt Chemnitz ein geeignetes Lokal zu ihrem Gottesdienste gefunden, ist die Kirche den Protestanten wieder zur Benutzung überlassen worden.

Obgleich die Kirche nicht gross ist, hat sie doch eine ansehnliche Höhe und zeichnet sich durch vortreffliche Bildwerke aus. Namentlich ist die Eingangsthüre merkwürdig, welche mit zwei hohen Baumstämmen mit abgestutzten Aesten, die sich oben in einen Bogen schliessen, eingefasst ist. Die Hauptgruppe dieses dreihundertjährigen Kunstwerkes bildet Maria mit dem Jesuskinde und der über ihr von Engeln getragenen Krone. Oben thront Gott der Vater, den gekreuzigten Heiland im Schosse, zu beiden Seiten von Engeln umgeben. Ein anderes plastisches Kunstgebilde des Alterthums ist eine Geisselung Christi, sehr schön aus einem einzigen Baumstamme geschnitzt. Das Ganze hat viel Ausdruck. Einer der Kriegsknechte hält den Heiland bei den Haaren, ein anderer legt ihm Fesseln an, ein dritter schwingt über ihm die Geissel und ein vierter flicht ihm die Dornenkrone auf das Haupt. Diese Geisselung war ursprünglich eine eichene Säule im Geisselsaale nahe bei der Kirche, wurde aber im siebzehnten Jahrhunderte von einem Künstler bearbeitet und erst gegen das Jahr 1740 in der Kirche aufgestellt. Der allgemeine Glaube, dass die Eiche in der Kirche selbst gewachsen sei, ist also unbegründet. Ueber der Geisselung zeigt man in der Mauer ein sogenanntes Fegefeuer, eine bogenförmige Vertiefung, worin abergläubische Leute ein seltsames Sausen vernehmen wollen. Mitten in der Kirche sieht man mehre dunkle Flecke, die Aehnlichkeit mit einer menschlichen Figur haben, und der Abdruck eines Mönchs sein sollen, der einst bei einer religiösen Handlung von dem Kirchenboden herabstürzte. Ausser diesen Curiositäten besitzt die Kirche noch eine Maria unter dem Kreuze, auf Holz gemalt, einen betenden Christus am Oelberge, und einige Märtyrerscenen.

Beim Schlosse Chemnitz befinden sich in verschiedener Höhe über dem am Fusse des Berges gelegenen grossen Schlossteiche zwei vortreffliche Vergnügungsörter, die namentlich von den Chemnitzern fleissig besucht werden. Von hier aus geniesst man eine wunderschöne Aussicht nach der im Thale ausgebreiteten Stadt, der Gegend von Glösa und Furth und der fernen Bergkette bei Klaffenbach. Der mit Alleen umgebene Teich wurde im Jahre 1819 gleich dem bei Glösa gelegenen noch grösseren alienirt; er hat 2000 Schritte im Umfang, liefert vortreffliche Fische und ist im Herbste der Sammelplatz ungeheurer Schaaren von kleinen Zugvögeln, die auf viele Meilen in der Runde hier zusammenströmen, um sich auf die grosse Reise nach den südlichen Ländern vorzubereiten.