RE:Stratonikeia
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Stadt in Karien | |||
Band IV A,1 (1931) S. 322–325 | |||
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Stratonikeia, Stadt in Karien. Strab. XIV 658; Ptolem. V 2, 15 und Eutrop. IV 20 nennen sie Stratonike. Nach Steph. Byz. ist sie nach Stratonike, der Frau des Antiochos benannt, nach Appian. Syr. 57 von Seleukos I. gegründet worden. Beide Nachrichten sind nicht vereinbar, weil Stratonike erst mit Seleukos verheiratet war, und dieser sie um 294 v. Chr. an seinen Sohn Antiochos abtrat. Seleukos wird aber erst nach der Schlacht von Kurupedion 281 Herr Kleinasiens; es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß er noch nach 281 eine Stadt nach seiner abgetretenen Frau benannt hat; also verdient die Angabe von Steph. Byz. den Vorzug. Beloch Griech. Gesch. 1² denkt auch an Antiochos II. Im J. 197 v. Chr. erscheint S. in makedonischem Besitz (daß sie auch einmal den Ptolemäern gehört hat, ist im höchsten Grade unwahrscheinlich); aus der Fassung der Nachricht bei Liv. XXXIII 18, 1 ergibt sich, daß S. früher in rhodischem Besitz gewesen ist. Die Rhodier wollen 197 v. Chr. continentis regionem possessam a maioribus suis zurückerobern. Seit wann S. rhodisch gewesen ist, läßt sich nicht mit voller Sicherheit sagen. Beloch IV 1² 541 und Ernst Meyer Die Grenzen d. Hellenist. St. in Kleinasien 56. 60 beziehen die Worte des Astymedes bei Pol. XXX 31, 6 B.-W. im J. 165 v. Chr. Στρατονίκειαν ἐλάβομεν ἐν μεγάλῃ χάριτι παρ’ Ἀντιόχου καὶ Σελεύκου (so in den Handschriften, auf Seleukos II. Kallinikos und Antiochos Hierax) [323] der, seit 242 Mitregent, Kleinasien beherrschte; sie hätten um 240 v. Chr. S. an die Rhodier abgegeben. Wann diese die Stadt an die Makedonier verloren haben, ist auch nicht ganz sicher. Meist wird an den karischen Feldzug Philippe V. 201 v. Chr. gedacht, Beloch IV 2². 551. Meyer 60. Nur paßt dann der Ausdruck des Livius a maioribus possessam nicht, wenn zwischen dem Verlust und dem Versuch, S. wiederzugewinnen, nur 4 Jahre liegen. Besser stimmt dazu, wenn S. schon im karischen Feldzug des Antigonos Doson 227 v. Chr. verloren gegangen ist; dann haben die Rhodier die Stadt seitdem noch nicht wiederbekommen. Allerdings ist (aber wohl mit Unrecht) bestritten worden, daß dieser Feldzug überhaupt stattgefunden hat, Beloch IV 1² 682. 2, 545. Meyer 67. 161. Der Versuch der Rhodier, S. 197 v. Chr. den Makedoniern mit Waffengewalt wieder abzunehmen, mißlang, nec recipi nisi aliquanto post per Antiochum potuit, Liv. XXXIII 18, 22. Vermutlich wird Antiochos d. Gr. S. den Rhodiern wiedergegeben haben, als er es bei seinem Vormarsch in Kleinasien nach der Schlacht von Kynoskephalai 197 v. Chr. gewonnen hatte, Meyer 72. 140. Hierauf möchte ich trotz Beloch und Meyer die oben zitierten Worte des Polybios beziehen; allerdings muß dann mit Niebuhr geschrieben werden Ἀντιόχου τοῦ (st. καὶ) Σελεύκου. Denn sonst muß man eine zweimalige Übergabe von S. an die Rhodier annehmen, um 240 und nach Kynoskephalai, und das ist nicht sehr wahrscheinlich. Die Angabe des Valerius Antias bei Liv. XXXIII 30. 11, daß S. den Rhodiern von den Römern gegeben worden wäre, ist allerdings abzulehnen, Meyer 61. Im J. 167 v. Chr. mußten die Rhodier S. wieder hergeben, Pol. XXX 21, 3. 31, 6 B.-W. Die Zeit der makedonischen Herrschaft hat die Angabe Strabons (nach Artemidor) XIV 660 veranlaßt, daß S. eine κατοικία Μακεδόνων ist, vgl. Steph. Byz. πόλις Μακεδόνων. In die Wirren des Kriegs gegen Aristonikos 133 v. Chr. wurde S. auch noch mit hineingezogen, Aristonikos flüchtete dorthin und wurde zur Übergabe gezwungen, Eutrop. IV 20, s. o. Bd. II 946. Chapot La province romaine proconsulaire d’Asie 13. 26f. 81. Im ersten mithridatischen Krieg wurde S. von Mithridates erobert and mit einer Geldbuße belegt, Appian. Mithr. 21. Dafür wurde es aber nach dem Kriege von Sulla hochgeehrt, Syll. or. nr. 441. Chapot 37f. 107. 40 v. Chr. wurde es von Labienus vergeblich belagert (Cass. Dio XLVIII 26, 3. Tac. ann. III 62. Chapot 59, 7). Plin. n. h. V 109 nennt unter den karischen Städten im Conventus von Alabanda S. libera. Da man die Inschriften von Lagina mit für S. verwenden kann, muß man aus Bull. hell. XLIV 73 nr. 4 aus dem J. 96/7 n. Chr. schließen, daß S. eine Zeitlang seine Privilegien verloren und unter Nerva wiedererlangt hat. In christlicher Zeit ist S. Sitz eines Bischofs, Hierokl. 688, 1. Not. episc. I 336. III 290. VIII 388. IX 298. X 405. XIII 255. Auf dem Konzil von Kalchedon 451 d. Chr. war Eupythius von S., Mansi VII 43. 407. Schultze Kleinasien II 167.
Aus der Verfassung der Stadt sind folgende Körperschaften und Beamte bekannt: βουλή, δῆμος, γερουσία, στεφανηφόρος, γραμματεύς (τῆς βουλῆς, τοῦ δήμου), παιδονόμος, παιδοφύλακες, γυμνασίαρχος, [324] ἀγορανόμος, ἀγωνοθέτης, δεκάπρωτος, πρύτανις, στρατηγός, ταμίας, ἄρχων, οἰκονόμος, εὐθ'νιάρχης; vgl. vor allem Liebenam Städteverwaltung im röm. Kaiserreich.
Nach Paus. V 21, 10 hat S. und nach Steph. Byz. hat Idrias früher Chrysaoris geheißen; da nun der Zeus von S. Zeus Chrysaoris heißt, hat man es für möglich gehalten, daß S. und Idrias identisch sind, s. o. Bd. III S. 2485, aber anders Bd. IX S. 912.
Die Lage von S. ist inschriftlich in Eskihissar westlich vom Marsyastal gesichert. Die Ruinen sind beträchtlich (Theater, Buleuterion), aber noch nicht genau untersucht und aufgenommen; leider sind sie, wie viele andere Ruinenstätten, als Steinbruch ausgenützt worden. Fellows Ausflug nach Kleinasien, übersetzt von Zenker 127. 218. Newton Travels and discoveries in the Levant II. G. Hirschfeld S.-Ber. Ak. Berl. 1879, 331f. Papalukas Περὶ τῆς πόλεως Στρατονικείας, Diss. Jena, Patrai 1886. Karo Ztschr. für bildende Kunst N. F. XXX 1918/19, 271.
Zu S. gehörte ein ziemlich großes Gebiet, Liv. XXXIII 18, 4 nennt im ager Stratonicensis die Orte Tendeba, Astragon, Strab. XIII 611 Pedasa, 660 Lagina. Ferner gehörte Panamara mit seinem Heiligtum zu S. Nach Strab. XIII 660 war S., obgleich es nicht karisch war, ein Mitglied des Χρυσαορικὸν σύστημα, weil in seinem Gebiet Dörfer lagen, die zu dem σύστημα gehörten. Mehrere Dorfnamen kann man aus den Inschriften von Lagina und Panamara entnehmen; sie sind zusammengestellt o. Bd. III S. 2485, zu denen noch Kodroma kommt, Bull. hell. XLIV 89f. Sulla gab der Stadt auch noch Themessos und Keramos; damit war die Südküste erreicht. Topographisch ist die Lage von Keramos, Lagina, Pedason, Panamara fixiert, alles andere ist unsicher.
Hauptgötter von S. waren Hekate, Zeus Panemerios oder Panamaros CIG nr. 2715 und Zeus Chrysaoreus, von dem anderen zu scheiden, Strab. XIV 660. Der Tempel der Hekate, Syll. or. nr. 441, 182f., und der des Zeus hatten Asylrecht, Le Bas nr. 519; das wurde auch bei der Revision der Asylansprüche 22 n. Chr. unter Tiberius anerkannt, Tac. ann. III 62; Chapot 414. Vielleicht hat S. damals den Namen Caesarea S. angenommen, der noch 71 n. Chr. auf einer constitutio veteranorum vorkommt, CIL III suppl. p. 1959 IX 30 Caesarea Straton. Die Angabe bei Steph. Byz., daß S. später von Hadrian in Hadrianopolis umbenannt worden ist, beruht auf einer Verwechslung mit dem S. im obersten Kaikostal, Radet Bull. hell. XI 117. Damit hängt vielleicht auch die bei einer karischen Stadt unverständliche Angabe πλησίον Καρίας bei Steph. Byz. zusammen. Inschriften (außer den schon genannten) CIG nr. 2715—2736. Le Bas III nr. 514—535, dazu A. E. M. XVII 42. Bull. hell. V 182. IX 437. XIV 623. XV 423. XVIII 35. XXIV 31. XXVIII 353. XLIV 71. Journ. hell. stud. XI 71. S.-Ber. Akad. Wien, phil.-hist. Kl. 1895, 132. Bd. II 19. CIL III p. 804. suppl. nr. 12257. Dazu noch die Inschriften von Lagina und von Panamara. Münzen von ca. 166 v. Chr. bis Gallienus, mit ΣΤ, CΤΡΑ, CΤΡΑΤΟ, ΣΤΡΑΤΟΝΕΙΚΕΩΝ Head HN² 624. Cat. Gr. [325] Coins brit. Mus., Caria LXVIIIf. 147f. Imhoof-Blumer Kleinasiat. Münzen I 152.