145) L. (Iulius) Caesar (Prosop. Imp. Rom. II 180 nr. 148. Bernoulli Röm. Ikonogr. II 1, 131), geboren 737 = 17 war der zweite Sohn des Agrippa und der Iulia. Schon bald nach seiner Geburt wurde er mit seinem Bruder Gaius von seinem Großvater adoptiert. Die Erziehung der Kinder war die gleiche und wurde vom Kaiser persönlich überwacht und geleitet, der wahrscheinlich beide als seine Nachfolger betrachtete. Schon in seinem 11. Lebensjahre wurden ihm Statuen und Inschriften gesetzt (Gardthausen Aug. III 2, 736, 36), teils allein, teils in Verbindung mit seinem Vater und Bruder (CIL XI 3040 vom J. 751 = 3), teils auch mit dem Agrippa Postumus (s. d.). Auch die politische Laufbahn begann er in demselben Lebensalter wie sein Bruder; noch hatte er das Knabenkleid nicht abgelegt, da wurde er schon im J. 751 = 3 zum princeps iuventutis erwählt und zum Consul designiert (CIL VI 900, III 323) und durfte den Senatssitzungen beiwohnen. Im folgenden Jahre erhielt er die Männertoga. Augustus, der für diese Feierlichkeit wieder das Consulat übernommen hatte, machte dem römischen Volk, d. h. 200 000 Getreideempfängern seine achte und letzte große Spende, die Mann für Mann 60 Denare erhielten (Mon. Anc. ed. M.² p. 58).
Im J. 752 = 2 war denn auch der prächtigste Tempel des Augustus auf seinem Forum, das Heiligtum der Rächenden Mars, nach fast vierzigjähriger Bauzeit endlich vollendet (s. Jordan Topographie d. St. Rom I 2, 442), und Augustus war froh, am 1. August bei der Einweihung von zwei erwachsenen Söhnen unterstützt zu werden. s. Mommsen R. St.-R II³ 624. Das Einvernehmen zwischen den Brüdern scheint das beste gewesen zu sein. Lucius erbat sich für Gaius das Consulat (s. d.) und las dem Senat gelegentlich aus den Briefen seines Bruders vor, wenn gute Nachrichten aus dem Orient kamen. Vor der Zeit verlobte man den Lucius mit der Aemilia Lepida (Prosop. imp. Rom. I 38, 293), die allerdings nicht der Dynastie aber doch den vornehmsten Familien der Hauptstadt angehörte. Obwohl bereits verlobt und sogar schon designierter Consul, hatte der junge Prinz zonächst noch das Knabenkleid abzulegen und seiner Dienstpflicht im Heere zu genügen. Gaius regierte den Osten,
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Lucius sollte den Westen kennen lernen. Augustus schickte ihn zu den spanischen Legionen, die immer noch von Zeit zu Zeit gegen aufständische Bergvölker zu kämpfen hatten, bei denen aber ernste Katastrophen ausgeschlossen waren. Gleich nachdem die umfangreichen Feierlichkeiten zur Einweihung des Marstempels beendigt waren, in der ersten Hälfte des August bestieg der Prinz in bester Gesundheit das Schiff, um nach Spanien zu fahren. Allein noch hatte er die Mündung der Rhone nicht erreicht, als er sich so krank fühlte, daß er in Marseille landete, wo er bald darauf achtzehnjährig am 20. August 755 = 2 gestorben ist (Gardthausen a. O. III 2, 737, 40). Der Schlag kam so unerwartet, daß man es begreift, wie Gerüchte entstanden, welche den Tod des Lucius und seines Bruders der Livia (novercae Liviae dolus, Tac. ann. I 3) zuschrieben. Unmöglich ist die Sache allerdings nicht, daß Livia in der nächsten Umgebung des Prinzen Werkzeuge ihrer Pläne gefunden habe; allein beweisen läßt sich der Verdacht allerdings nicht. Außerdem wäre dieser Mord zwecklos gewesen, wenn Livia nicht bereits damals fest entschlossen war, später auch den Gaius zu beseitigen, um für ihren Sohn den Weg zum Throne freizumachen. Die Leiche des Lucius wurde auf den Schultern der Kriegstribunen durch Frankreich und Italien nach Rom getragen, wo sie verbrannt und im Mausoleum des Augustus beigesetzt wurde. Den Rest eines Elogiums des Lucius s. CIL VI 895, vgl. 31195. Mon. Anc. ed. M.² p. 54. Ein besonderes Grabmal des Lucius und Gaius auf dem Marsfelde (Hülsen Röm. Mitt. XVIII 1903, 52) ist nicht wahrscheinlich (Gardthausen a. O. III 2, 737, 44). Der Schmerz der Hauptstadt über den Verlust des jungen Prinzen war allgemein und wahr; so daß selbst Tiberius sich veranlaßt sah, ein Klagelied auf den Tod des Lucius zu schreiben, s. Suet. Tiber. 70. Der Senat häufte auf den Verstorbenen alle Ehren, die früher jemals für einen verstorbenen Prinzen erdacht waren, und ein Wäldchen, das bei der Naumachie angelegt wurde, erhielt den Namen nemus Caesarum (Jordan-Hülsen Topogr. I 3, 653), über die Basilica Iulia s. o. Bd. III S. 89.
In ähnlicher Weise äußerte sich die Trauer in der Kolonie Pisa (CIL XI 1420), die durch eine vergoldete Reiterstatue und durch jährlich wiederholte Opfer das Andenken an den Verlust verewigte. Zu einer förmlichen Apotheose kam es beim Lucius ebensowenig, wie bei seinem 18 Monate später verstorbenen Bruder; dennoch hatten sie ihre Altäre in Pisa und einen Tempel (Maison carrée) in Nîmes mit der Inschrift (CIL XII 3156) C. Caesari Augusti f. cos. L. Caesari Augusti f. cos. designato ∣ principibus iuventutis.