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RE:Fabius 165

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Vibulanus, Q. cos. 467 v. Chr., Ahnherr, habe einzig am Cremera überlebt
Band VI,2 (1909) S. 18811884
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165) Q. Fabius Vibulanus, war der Sohn des am Cremera gefallenen Marcus und Enkel des Kaeso (Fasti Cap. zum J. 289 und 295. Dionys. IX 22, 5, vgl. 59, 1). Er wurde als der Ahnherr der späteren Fabier betrachtet und, weil Nachkommen der beiden Brüder seines Vaters in den Fasten nicht gefunden wurden, von der Sage als der einzige F. hingestellt, der die Katastrophe am Cremera überlebt habe; das hat bereits Dionys. IX 22, 1ff. richtig erkannt. Nach der echten und alten Sage wurde er beim Auszuge seines Geschlechts aus Rom wegen seiner allzu großen Jugend in der Stadt zurückgelassen (Liv. II 50, 11, vgl. III 1, 1. Ovid. fast. II 239f. Eutrop. I 16, 3. Auct. de vir. ill. 14, 6. Serv. Aen. VI 846 [wo ihm aus Konfusion der Beiname Maximus gegeben wird]. Zonar. VII 17); es zeugt gerade [1882] für die Echtheit dieser Sage, daß sie sich nicht um chronologische Schwierigkeiten kümmerte: F. ist nämlich schon zehn Jahre nach der Schlacht am Cremera Consul gewesen. Die scheinbar von der Vulgata abweichende Notiz bei Oros. II 5, 9: omnes ... trucidati sunt, uno tantum ad enuntiandam cladem reservato, ut miserius audiret patria perditos quam perdidisset, dankt ihre Entstehung nicht etwa dem Bestreben, den Anstoß zu beseitigen, sondern nur der Flüchtigkeit und Effekthascherei des Autors. Späte Gelehrsamkeit hat mit der Tradition, daß ein Fabier allein übrig geblieben sei, eine andere in Verbindung gesetzt, daß ein Fabier durch eine reiche Heirat seinem Geschlecht aufgeholfen habe: vgl. darüber Nr. 27.

Die Geschichte des F., wie sie von den Annalisten überliefert wurde, weist sehr handgreifliche Entstellungen und besonders Wiederholungen auf. F. war Consul I 287 = 467 mit Ti. Aemilius Mamercus (o. Bd. I S. 571 Nr. 99. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. III 1, 1. Cassiod. Diod. XI 74, 1. Dionys. IX 59, 1), Consul II 289 = 465 mit T. Quinctius Capitolinus (Fasti Cap. Chronogr. Liv. III 2, 2. Cassiod. Diod. XI 77. 1. Dionys. IX 61, 1), Consul III mit L. Cornelius Maluginensis 295 = 459 (o. Bd. IV S. 1405 Nr. 256. Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. III 22. 1f. Cassiod. Diod. XI 86, 1. Dionys. X 20. XI 16. 63) und Decemvir legibus scribundis im zweiten Collegium 304 = 450 (Chronogr. Liv. III 35, 11. Dionys. X 58. XI 4; bei Diod. XII 24, 1 ist sein Name mit zwei anderen ausgefallen). F. spielt eine Rolle in der sehr getrübten Überlieferung über die Aequerkriege. Von seinem ersten Consulat meldet Livius III 1, 8 ganz kurz und Dionys IX 59, 3–5 relativ kurz, er sei ins Gebiet der Aequer eingefallen, habe ihnen auf ihr Bitten einen Frieden gewährt und sei wieder abgezogen, worauf sie aber gleich wieder durch einen Raubzug ins römische Gebiet den Frieden brachen. Dasselbe wird breiter ausgeführt aus seinem dritten Consulat gemeldet bei Liv. III 23, 1–7. 24, 10 und Dionys. X 20f., die im einzelnen stark von einander abweichen und beide den Friedenschluß getrennt von den Kriegstaten der Consuln und als vom Senat ausgehend erzählen. Sowohl in dem Jahr nach dem ersten Consulat 288 = 466 wie in dem nach dem dritten 296 = 458 soll eine Gesandtschaft von den Aequern vergebens Genugtuung gefordert haben; bei der ersten Gesandtschaft stand F. nach Dionys. IX 60, 3–6 an der Spitze, bei der zweiten nach Liv. III 25, 6; bei der ersten nennt Liv. III 2, 3 keine Namen der Gesandten, läßt sie aber ein Jahr später als Dionys von F. als Consul II abschicken; bei der zweiten nennt Dionys keine Namen, läßt aber den F. in diesem Jahr die abwesenden Consuln als Praefectus urbi vertreten (X 22–24), so daß auch wieder F. die Senatsgesandtschaft geschickt zu haben scheint. Als Praefectus urbi aber wird F. außerdem auch 292 = 462 eingeführt, und zwar nicht nur bei Liv. III 8, 7, sondern auch bei Dionys. IX 69, 2, wo Κόϊντος Φούριος ἀνὴρ ὑπατικός eher einer Textverderbnis, als einer abweichenden Überlieferung seine Entstehung verdanken dürfte. Man wird also schließen, daß in den ältesten Annalen nur ein Aequerfeldzug, ein Friedensbruch, eine Gesandtschaft [1883] und eine Stadtpraefectur von F. berichtet wurden, und daß jüngere Annalen, weil drei Consulate des Mannes vorkamen, diese Angaben bei verschiedenen Jahren unterbrachten, so daß sie schließlich alle doppelt erscheinen. Die Stadtpraefectur hat man z. B. in ein Jahr legen wollen, in welchem in Abwesenheit der Consuln etwas Wichtiges in der Stadt vorging; ein solches Jahr fand man in dem des ersten Auftretens des Tribunen C. Terentilius Harsa und ein zweites in dem der Ernennung des vom Pfluge geholten Cincinnatus zum Dictator; darum läßt Liv. III 9, 6–13 den Stadtpraefecten F. 292 = 462 energisch gegen die Terentilischen Rogationen auftreten, wovon Dionys. X 1 nichts weiß, und darum läßt Dionys. X 23 E. 24 Anf. den Stadtpraefecten F. 296 = 458 bei der Berufung des Cincinnatus mitwirken, wovon Livius nichts weiß. In manchen Einzelheiten erweisen sich die Angaben des Livius über F. als noch mehr ausgeschmückt als die bei Dionys. Zunächst berichten aus seinem ersten Consulat beide, der andere Consul Aemilius sei den Forderungen der Plebs nach Anteil am Ager publicus geneigt gewesen, und der Senat habe sie beschwichtigt durch Entsendung einer Colonie nach Antium (Liv. III 1, 2–7. Dionys. IX 59, 1f.); nur Livius läßt diesen Vermittlungsvorschlag von F. ausgehen. Ferner besteht bei dem Kriegsbericht des zweiten Consulats (Liv. III 2, 2–3, 10. Dionys. IX 61, 1–6) der Kern bei beiden darin, daß Aequer und Römer gegenseitig ihre Gebiete verheeren; bei Livius ist aber die ganze Erzählung durch die bereits erwähnte Verschiebung der Gesandtschaft an die Aequer wirkungsvoller und für F. vorteilhafter geworden; seine an die Aequer gerichteten Worte Liv. III 2, 3 klingen wie eine Nachahmung der von seinem Nachkommen Nr. 116 an die Karthager gerichteten. Endlich beim dritten Consulat verwirft Livius III 23, 7 ausdrücklich die von Dionys X 20f. angenommene Darstellung, daß F. glücklich gegen die Aequer bei Tusculum und auf dem Algidus gekämpft habe, sein Amtsgenosse Cornelius aber ebenso gegen die Volsker bei Antium; nach seinem Berichte III 22, 2–23, 7 sind beide Erfolge fast ganz dem F. allein zu verdanken, während die Acta triumph. anscheinend alle Traditionen aufnehmend den Cornelius de Volsceis [A]ntiatib(us) und den F. de Ae]queis e[t Volsceis?] triumphieren ließen. Zuletzt aber in der Geschichte des zweiten Decemvirats erscheint F. infolge seiner dreimaligen Bekleidung des Consulats neben Ap. Claudius als der angesehenste der Decemvirn (Liv. III 41, 8f. Dionys. X 58. XI 4 E.) und wird deshalb 305 = 449 mit zwei untergeordneteren Amtsgenossen an die Spitze des gegen die Sabiner geschickten Heeres gestellt (Liv. a. O. Dionys. XI 23). Sonst wird er hier nirgends erwähnt, obgleich z. B. das eine Verbrechen, das den Sturz der Decemvirn herbeiführte, die Ermordung des L. Siccius, den gegen die Sabiner führenden Feldherren zur Last gelegt wird. In der älteren Tradition, die möglichst wenige oder keine Namen nannte (vgl. o. Bd. III S. 2701f.), kam F. überhaupt nicht vor; als man diese später ausgestaltete und dazu die trockenen Namenslisten der Oberbeamten verwertete, fand man F. wegen seiner früheren Laufbahn geeignet, um hervorgehoben zu werden; da [1884] nun die neue Rolle nicht für ihn paßte, mußte man ihm zumuten, daß er seinen Charakter völlig geändert habe (Liv. a. O. Dionys. XI 4 E. 5 A.).