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Dius Fidius oder Semo Sancus (Cato b. Dion. II 49. IV 58. Ovid. fast. VI 213ff. Fest. p. 241, vgl. Sil. Ital. VIII 421ff. Lactant. inst. I 15, 8. Aug. c. d. XVIII 19; die Namen vereint auf den Inschriften; je ein Bestandteil aus beiden Namen im umbrischen Fisius Sancius) wird unter beiden Benennungen dem Hercules gleichgesetzt (Varro de l. l. V 66. Fest. p. 229; ep. 147. Propert. V 9, 71ff. Tertull. idol. 20), unter dessen Namen sich wieder der genius Iovis verbirgt, und ist mit dieser altitalischen Gottheit identisch (Reifferscheid Ann. d. inst. 1866, 219ff.); er verkörpert den Iuppiter in seiner Eigenschaft als Schützer des Rechts und der Treue im menschlichen Verkehr. Namen und Cultgebräuche stehen mit dieser Auffassung im Einklang; dius ist von dem gleichen Namen gebildet wie Diovis, dialis u. s. w. und fidius stammverwandt mit fidere, foedus; semo gehört zu serere wie genius zu gignere, sancus bezeichnet den qui sancit sc. fulmine foedera (Bücheler Umbr. 142); die iguvinischen Tafeln (II B 23) nennen einen Iuppiter Sancius. Zu Rom werden im Tempel des Gottes die Staatsverträge aufbewahrt (Dion. IV 58, vgl. Hor. ep. II 1, 25); me dius Fidius lautet eine alte Schwurformel (Fest. ep. 147, vgl. Tertull. a. a. O.), der Eid bei D. F. musste unter freiem Himmel geleistet werden, deshalb war das Dach seines Heiligtums durchbrochen (Varro de l. l. V 66) und deshalb musste, wer im eignen Hause schwur, in das Compluvium, den inneren unbedeckten Hof, treten (Non. p. 494); die orbes aënei, die im J. 395 = 359 zu Rom im Heiligtum des Gottes geweiht wurden, sind ein Symbol der Bündnistreue, wie Darstellungen auf Münzen (Mommsen Münzw. 222) und der Brauch beim Opfer an Iuppiter Sancius wahrscheinlich machen (Bücheler a. a. O. p. 148). Zu Rom besass D. F. zwei Cultstätten ; die älteste befand sich auf dem Quirinal, dem Tempel des Quirinus gegenüber (Liv. VIII 20, 8), und wird ihrer Lage nach durch die bei dem Kloster S. Silvestro gefundene Inschrift (CIL VI 568) genau bestimmt, vgl. Wissowa Herm. XXVI 1891, 143; die porta Sanqualis führte nach dem nahen Tempel ihren Namen (Fest. ep. 345). Wie die einen überliefern, hatte Titus Tatius ihn gegründet (Ovid. fast. VI 217. Tertull. ad nat. II 9. Propert. V 9, 73; vgl. Varro de l. l. V 52. 66. Lyd. de mens. IV 58); nach anderer Tradition war er von Tarquinius Superbus erbaut und von Sp. Postumius Regillensis im J. 288 = 466 geweiht (Dion. IX 60); sein Stiftungstag war der 5. Juni (Ovid. fast. VI 213ff. Fast. Venus. CIL I² p. 221); im Tempel befand sich auch ein ehernes Standbild der Gaia Caecilia oder Tanaquil, ihre Spindel und Sandalen (Varro bei Plin. n. h. VIII 194. Plut. quaest. R. 30). Ein zweites Heiligtum lag auf der Tiberinsel (CIL VI 567. Iustin. Mart. apol. I 26 und bei Euseb. hist. eccl. II 13; vgl. Tertull. apol. 13, dazu de Rossi Bull. d. inst. 1881, 65). Ausserhalb Roms kennen wir einen Tempel des Gottes in Velitrae (Liv. XXXII 1, 6), ein sacellum bei
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Marino (Orelli-Henzen 6999), vor allem den Cult in Umbrien, den die iguvinischen Tafeln bezeugen (I A 14. II B 10. VI B 3). Über eine Statue, die einen archaischen Apollontypus zeigt und deren Basis die Widmung Dio Fidio Semoni Sanco zeigt, s. Jordan Ann. d. Inst. 1885, 105ff.