Collectarii. Zu Beginn des 4. Jhdts., wahrscheinlich im Zusammenhange mit der Münzreform Constantins, wurden die bisherigen argentarii (s.d.) und nummularii unter der Benennung collectarii neu organisiert; dieselbe, nach Mommsen Ber. sächs. Gesellsch. 1851, 302, 2 a colligendis nummis minutulis abzuleiten, erscheint bei Rufinus versio lat. Eusebii hist. eccl. V 28 (für das griech. τραπεζίτης). Augustinus de civ. dei XXII 8. Symmachus epist. X 42 (49) = relat. 29, 1 vom J. 384/5 (ebd. synonym nummularii). Cod. Iust. IV 2, 16 vom J. 408. Nov. Valent. III 14, 1, 1 vom J. 445. CIL III 405. Suid. s. ἀργυραμοιβὸς und κολλεκτάριος. Acro zu Hor. sat. I 6, 86. Gloss. nom. bei Hultsch Metrol. scr. p. 307, 14 u. a. (vgl. Voigt 522, 28); daneben erhielt sich auch die Bezeichnung nummularius (Voigt a. a. O.) und argentarius (Cod. Theod. XII 1, 37 vom J. 344). Sie bildeten in den grösseren Städten zum ausschliesslichen Betriebe ihres Geschäftes privilegierte Corporationen, so in Rom (Symmach. a. a. O.: corpus collectariorum), wo sie dem praefectus urbi unterstanden (Waltzing [377] 232, 3), in Constantinopel, wo sie als τὸ τῶν ἀργυροπρατῶν σωμάτειον oder σύστημα (Edict. Iust. VII. IX pr. Nov. Iust. 136 pr.) zu einer Zwangscorporation mit sich vererbender Mitgliedschaft vereinigt waren (Cod. Theod. XVI 4, 5 § 1 vom J. 404: in nummulariis ceterisque huius almae urbis corporibus. Cod. Iust. I 2, 9 = XI 17 (18), 1 vom J. 439. Waltzing 232, 5), ebenso wohl auch zu Thyateira in Lydien, wo nach CIL III 405 einem verstorbenen Exarchus collecta[r]ii titulum conscriptum ex bonis eius posuerunt. Nach dieser Inschrift (vgl. Mommsens Note) und Acro zu Hor. sat. I 6, 86 (coactores dicuntur argentarii in auctionibus, qui pecunias cogant; ipsi sunt collectarii, dazu Mommsen Herm. XII 97, 3 und oben Art. Coactor) lag den C. neben anderen Geschäften der argentarii auch die Veranstaltung von Auctionen ob. Ihre von den alten nummularii übernommene Function als öffentliche Münzwardeine und Münzprobierer, wobei es namentlich auf die Bewertung nicht vollwichtiger Solidi ankam, wurde 363 von Iulian (Cod. Theod. XIII 7, 2) auf eigene, für jede civitas bestellte zygostatae (ζυγοστάται) übertragen, so dass die C. nunmehr in die Stellung der einfachen Bankiers eintreten und als solche in der späteren Gesetzgebung auch trapezitae (Cod. Iust. XII 57, 12 § 3 vom J. 436) und argentarii heissen (Voigt 523, 30). Die C. waren verpflichtet, Goldstücke zu einem staatlich festgesetzten Preise (taxatio) gegen Kupfer zu verkaufen. Gegen Ende des 4. Jhdts. erlitten die stadtrömischen C. infolge des stetig steigenden Curses des Solidus, den sie selbst in foro rerum venalium zum Marktpreise kaufen mussten, bedeutende Verluste, trotz eines Zuschusses, den sie für jeden nach Taxe verkauften Solidus von der arca vinaria ansprechen durften. Eine Erhöhung dieses Zuschusses durch Gratian schaffte nur vorübergehend Abhülfe; im J. 384/5 wurde neuerdings eine Beschwerde der C. durch ihren Vorgesetzten, den Stadtpraefecten Symmachus (epist. a. a. O.), an Valentinian II. geleitet, deren Resultat unbekannt ist. Nach einer Verordnung Valentinians III. vom J. 445 (Nov. a. a. O.) erscheinen einerseits die C. verpflichtet, den Solidus gegen 7200 nummi höchstens abzugeben, anderseits jedermann gehalten, den also vom C. gekauften Solidus für mindestens 7000 nummi anzunehmen (vgl. auch Kubitschek Wiener numism. Ztschr. XXIX 179f.). Mit Betrügereien, die von und an den C. verübt wurden, beschäftigen sich zahlreiche Verordnungen der späteren Zeit (Waltzing 232, 2).
Litteratur: Gothofredus zum Cod. Theod. IX 22, 1. XI b 6, 13. XII 7, 2. W. Th. Kraut De argentariis et nummulariis, Göttingen 1826, 33. Mommsen Ber. sächs. Ges. der Wiss. 1851, 302ff.; Röm. Münzwesen 845f. (III 151 der französ. Übers.). L. Bouchard Études sur les finances de l’empire romain, Paris 1871, 289. Marquardt St.-V. II² 45, 10. 64ff. G. Humbert in Daremberg-Saglio Dictionnaire I 1291f. M. Voigt Abh. sächs. Ges. der Wiss. 1888, 522f. Ruggiero Dizionario epigr. II 339f. J. P. Waltzing Étude hist. sur les corporations professionnelles II 115, 1. 231f.