RE:Argentarii 2
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Silberarbeiter, Mitglieder kunstgewerblicher Innung in Rom | |||
Band II,1 (1895) S. 710–711 | |||
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2) Von den Banquiers sind die a. genannten Silberarbeiter (fabri) und die Inhaber von Niederlagen silberner Geräte (negotiatores) zu unterscheiden. Sie bildeten in Rom eine kunstgewerbliche Innung (corpus CIL VI 348. 1035 [Gilde der a. et negotiantes des Forum boarium]. 1101; vgl. auch Eph. epigr. VII 518), welche sich von der zu den alten, von Numa eingeteilten neun Handwerken (collegia fabrorum, Plut. Numa 17. Plin. n. h. XXXIV 1. XXXV 159) gehörenden Corporation der fabri aurarii abgezweigt hatte (Voigt im Handb. der klass. Altertumswiss. IV 2, 380) und deren Blüte in der Zeit zwischen dem 2. und 3. punischen Kriege begann, als das thönerne Ess- und Trinkgeschirr von dem silbernen (argentum escarium et potorium, vasa escaria, potoria, pocularia, Becker-Göll Gallus II 373ff.) verdrängt wurde, dessen Verfertigung und Verkauf ihr vornehmlichstes Geschäft war. Diese Verfertiger von Silberarbeiten, Freigeborene oder Freigelassene (vgl. CIL VI 9222), führen meist den Titel fabri argentarii, z. B. CIL III 1652. VI 2226. 9390–9393. XII 4474. Eph. epigr. VII 518 (collegium der fabri argentarii im mauretanischen Caesarea). Dig. XXXIV 2, 39 (der vermeintliche faber argentarius a Corinthiis ist eine Fälschung CIL VI 937*); oder argentarii vascularii, z. B. CIL II 3749. V 3428. VI 9155ff. 9958. Dig. XXXXIV 7, 61. Marini Atti 249. O. Jahn Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. 1861, 305f., oder nur vascularii, z. B. CIL VI 1818. 3592. 9952ff. IX 1720. X 7611. XII 4519. XIV 467. 2887. Eph. epigr. VII 1246. Dig. XIX 5, 20, 2. XXXIV 2, 39 (Cicero scheint Verr. IV 54 mit vascularii Goldarbeiter bezeichnen zu wollen), oder nur argentarii z. B. Henzen 7218 = CIL XI 3821. CIL VI 348. 9155ff. 9209 aurarius argentarius. (1035. 1101?). VIII 7156. IX 236. 3157. 4793. X 1914f. 3877. XI 2133. 3821. XIV 3034. Cod. Theod. XIII 4, 2 (wo die a. unter den artifices aufgezählt werden). Hist. Aug. Alex. Sev. 24, so dass es oft nicht möglich ist, aus der blossen Inschrift die richtige Bedeutung von a. zu erkennen. Die a. (meist Sclaven), die im Dienste des kaiserlichen Hauses oder von Privaten standen, waren natürlich Silberarbeiter, die nur für ihren Herrn arbeiteten und der städtischen Zunft nicht angehörten, so CIL VI 4328f. 4422ff. 4715. 5184 (eine Augustae liberta, argentaria). 5820. 5982. 7600. 8727. 9155. IX 348. Cic. Verr. IV 54. Marquardt Privatleb. 157, 2. Von diesen Handwerkern sind wieder die ebenfalls zur kaiserlichen Hausdienerschaft gehörigen Freigelassenen und Sclaven zu unterscheiden, deren Stellung durch ad argentum, supra argentum, ab argento bezeichnet wird (CIL VI 3941. 4231f. 4425ff. 5185f. 5197. 5539. 5746. 6716. 8730f. [711] Boissieu Inscr. de Lyon 611. Wilmanns Exempla 379) und welche unter einem praepositus (vgl. CIL VI 8729. 8733) oder adiutor das silberne Tafelgeschirr in Ordnung zu halten hatten.
Ob die zahlreichen Inschriften (CIL VI 9177ff.) von a. mit Angabe des Standortes ihres Geschäftslocales (officina; vgl. CIL VII p. 338) sämtlich wie Ruggiero (Diz. epigr. I 660) meint, auf Wechslerstuben hindeuten, ist schwer zu entscheiden (vgl. auch Marquardt Staatsverw. II² 65, 5).
Jedenfalls hat die in der 8. Region der Stadt Rom erwähnte basilica argentaria, nach Marini Atti 248 gleichbedeutend mit der basilica vascularia (CIL XI 3821), von diesen Kunsthandwerkern ihren Namen, deren Werkstätten und Verkaufshallen sich daselbst befanden. Diese basilica a. wurde nach Richter (in Baumeisters Denkmäl. 1469; Röm. Topogr. 802) im 2. Jhdt. v. Chr. angelegt und lag an dem clivus argentarius, der vom Forum nach dem Marsfelde unmittelbar unter dem Capitole hinführenden Strasse (Preller Regionen d. Stadt Rom 145. Jordan Topographie d. Stadt Rom II 445ff. 458. 478. 587. Gilbert Gesch. u. Topogr. d. Stadt Rom III 228f. 256. Ruggiero Diz. epigr. I 661).
Schliesslich sei noch erwähnt, dass die Specialbezeichnungen, welche sich neben a. finden, z. B. a. caelator (Reliefarbeiter oder Ciseleur; vgl. auch scalptor vascularius? CIL VI 9824 und Jahn a. a. O. A. 49; argentaria ornatrix CIL VI 9174. 9726ff.) CIL VI 4328; vgl. 9221f. Eph. epigr. VII 518. Becker-Göll Gallus II 375, tritor a. (Polierer oder Dreher) CIL VI 9950, vgl. 9820, excusor argentarius oder exclusor artis argentariae (Former) CIL suppl. Ital. I 215. Boissieu Inscr. ant. de Lyon 424f. = Henzen 7229. Quint. II 21, 10. Augustin. in psalm. 67, 39; de spir. et litt. 10 (vgl. auch zu flatura argentaria CIL VI 9418ff.) darauf hinweisen, dass die Arbeit fabrikmässig betrieben wurde, indem in den einzelnen Zweigen der Fabrikation besondere Arbeiter ausschliesslich verwandt wurden.
Der genauere Titel der Grosskaufleute, welche mit silbernen Geräten Handel trieben, ist negotiator argentarius vascularius, wie die Inschrift bei Boissieu Inscr. de Lyon 199 beweist (CIL V 5892 negotiator stipis argentarius ist ein Banquier). CIL VI 1065 negotiantes vasculari; vgl. 9664ff. Daremberg et Saglio Dictionnaire 406ff. 778ff. Boissieu Inscript. ant. de Lyon 422ff. Ruggiero Diz. epigr. I 657ff. Mommsen Gesch. d. röm. Münzw. 845, 364, mit den Bemerkungen in der französischen Übersetzung von Blacas. Marquardt Privatleben² 157, 2. 695ff. Voigt a. a. O. 445.