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RE:Caelius mons 1

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Der südöstlichste der sieben Hügel Roms
Band III,1 (1897) S. 12731275
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Caelius mons. 1) In Rom (Caelius constant die Inschriften, z. B. CIL VI 334. 9479. 10099, und guten Hss.; falsch Coelius) der südöstlichste der sieben Hügel. Er bildet, gleich dem Oppius Cispius Viminal und Quirinal vom Plateau der Esquiliae ausgehend, eine von Osten nach Westen ca. 2 km. lange, 4–500 m. breite Zunge; die Höhe beträgt zwischen 40 und 49 m. Ein nach Norden sanft abfallender Vorsprung gegenüber dem Oppius führte den Namen Caeliolus (s. o.). Über den angeblichen Urnamen Querquetulanus mons (Tac. ann. IV 65) s. d.; den Namen C. leiten die Alten ab von dem etruskischen Heerführer Caeles Vibenna, dessen Scharen einem der römischen Könige zu Hülfe gekommen und zum Dank den Berg als Wohnsitz erhalten hätten (Varro de l. l. V 45. Dionys. II 36. 50. Festus 355. Paulus epit. 44. Tac. ann. IV 65. Orat. Claudii de Lugdun.). Welchem Könige der Etrusker zu Hülfe gekommen sei, steht nicht fest; die Tradition schwankt, ob der C. von Romulus (Varro a. a. O.), Tullus Hostilius (Besiedelung durch Einwohner des zerstörten Alba longa: Liv. I 30. 33. Auct. de vir. ill. 4. Dionys. III 1), Ancus Marcius (Cic. de rep. II 18. Strab. V 234), Tarquinius Priscus (Tacit. a. a. O.) oder Servius Tullius (or. Claudii. Fest. a. a. O.) zur Stadt gezogen sei. Gegenüber diesen teils auf etymologischen Combinationen, teils auf unbewiesenen Hypothesen beruhenden angeblichen Nachrichten giebt es eine einzige gut beglaubigte sacrale Thatsache: der C. gehörte zu den Stadtbezirken, in welchen am 11. December jeden Jahres das ‚Fest der sieben Berge‘ (Antistius Labeo bei Festus 348. 340; der Name C. steht bezw. stand an beiden Stellen in der Hs. und ist nur von den neueren Herausgebern gestrichen, vgl. Wissowa Satura Viadrina 5) gefeiert wurde. Der C. ist also zur Stadt gezogen in der ersten für uns zu constatierenden Erweiterungsperiode der palatinischen Ansiedlung, deren Resultat die Septimontialstadt (Palatium Cermalus Velia Fagutal Oppius Cispius Caelius mit Sucusa; vgl. Wissowa a. a. O. mit der Karte S. 16, wonach die Darstellung auf Bl. I meiner Forma Urbis Romae zu berichtigen ist). Die servianische Befestigung schloss vom C. die westliche Hälfte ein; die Mauer überschritt in nordsüdlicher Richtung den Höhenrücken in der Nähe des Laterans (hier lag die Porta Caelemontana) und folgte sodann nach Westen umbiegend dem Südrande des Hügels (in diesem Abschnitte lag wahrscheinlich die Porta Querquetulana, s. d.). Reste einer Sonderbefestigung des Hügels sind nicht nachzuweisen, namentlich hält man dafür ohne jeden Grund eine grosse [1274] Quadermauer im Garten bei S. Gregorio, die ihrer Construction nach eher in die spät republicanische oder gar erst die Kaiserzeit gehören dürfte. Nach der servianischen Regionseinteilung bildete der C. den Kern der regio prima Suburana (s. Wissowa a. a. O.).

Von Kultusstätten auf dem C. werden genannt ein sacellum deae Carnae (Macrob. sat. I 12, 31. Tertull. ad nat. II 9) und ein anderes der Minerva Capta (Ovid. fast. III 837; Minervium in der Argeerurkunde bei Varro de l. l. V 47), welch letzteres wahrscheinlich in der Nähe von SS. Quattro Coronati lag (vgl. das lateranische Haterier-Relief Benndorf-Schoene 232–234. Jordan Top. II 255; vielleicht stammt die Weihinschrift an Minerva CIL VI 524, welche zuerst ‚in hortis Theophilis in monte Caelio‘ abgeschrieben ist, daher). Übrigens muss der C. wenigstens in späterer republicanischer Zeit ein stark bevölkertes Quartier gewesen sein (Mietskasernen: Haus des Ti. Claudius Centumalus, welches demoliert werden muss, soweit es durch seine Höhe die Himmelsbeobachtungen der Auguren in arce stört! Cic. de off. III 66. Val. Max. VIII 2, 1), aber nicht für vornehm gegolten zu haben (Cic. in Pison. 61). Doch wird als prachtvoll der Palast des Mamurra in Caelio monte erwähnt (Plin. n. h. XXXVI 48; vgl. Catull. 28, 4).

Augustus bildete aus dem innerhalb der Serviusmauer gelegenen Teil des Berges seine zweite Region, Caelemontium, während der Aussenbezirk zur fünften Region, Esquiliae, kam. Im J. 27 n. Chr. wurde ein grosser Teil des Berges durch Feuersbrunst verwüstet. Tiberius gab Geld zum Wiederaufbau, wofür man zum Dank vorschlug, den Namen des Berges in Augustus mons umzuändern (Sueton. Tib. 48. Tac. ann. IV 64, s. Bd. II S. 2372; aber ὄρος Τιβεριανὸν ἢ Καίλιον bei Lydus de mensibus p. 118 Bekk. ist eine missglückte Conjectur W. A. Beckers: zu lesen Τιβούρτιον, wie Wissowa a. a. O. 4 nachweist). Die Katastrophe macht Epoche in der Baugeschichte des C., der seitdem einen vornehmeren Charakter bekam, vielleicht zum Teil deshalb, weil der benachbarte Palatin, den die Nobilität bisher bevorzugt hatte, allmählig ganz von den Kaiserpalästen eingenommen wurde. Hervorzuheben sind: der Palast des Annius Verus, Grossvaters des Marc Aurel, der in hortis in Caelio monte geboren war (Hist. Aug. Marc. 1; s. Bd. I S. 2279. 2281; daher vielleicht die jetzt den Kapitolsplatz schmückende Marc Aurel-Statue, die im Mittelalter beim Lateran stand); ein Palast des M. Opellius Macrinus (Lanciani Acque 214, 16. 17); einer der Pisones (Lanciani a. a. O. 214, 20); der des Kaisers Tetricus (Hist. Aug. trig. tyr. 25), vielleicht auch des Philippus Arabs (domus Philippi Not. reg. II); die domus Vectiliana, in der Commodus ermordet wurde (Hist. Aug. Commod. 16; Pertin. 5. Notit. reg. II. Chronograph. a. 354 bei Mommsen Chron. min. I 147. Oros. VII 16); vor allem der grossartige Palast der Laterani (Iuvenal. X 18. Aur. Victor epit. 20. Lanciani Acque 214, 14. 15), der später in kaiserlichem Besitz war und in dessen Bereich durch Constantins Munificenz die basilica Salvatoris ‚cunctarum mater caput ecclesiarum‘ erstand. Aus dem 4. und 5. Jhdt. n. Chr. sind bekannt [1275] das Haus des Symmachus (epist. III 12. 88. VII 18. 19) in der Villa Casali (dort gefunden die Ehrenbasis für Symmachus CIL VI 1699) und der glänzende Familienpalast der Valerii (CIL VI 1684–94. Acta SS. Piniani et Melaniae, vgl. de Rossi Bull. com. 1890, 288. Röm. Mitt. 1891, 109) bei S. Stefano rotondo (de Rossi Studi e documenti di stor. e diritto VII 1886, 235–244). Unscheinbar blieb dagegen der Südrand des Hügels, nach der Vallis Camenarum zu, die in spätester Zeit den Namen Decennium führt. Hier nennt die Regionsbeschreibung den Namen lupanarii, vielleicht von einem vicus lupanarium; möglich, dass hier die summoenianae des Martial (vgl. Friedländer zu Mart. I 34, 6) ihr Quartier hatten.

Von öffentlichen Gebäuden auf dem C. aus der Kaiserzeit sind zu erwähnen: der Tempel des Divus Claudius, von Agrippina begonnen, von Vespasian vollendet (Sueton. Vesp. 9. Frontin. de aq. 20. 76. Aur. Victor Caes. 9. Notit. reg. II. CIL VI 10251 a) mit der umgebenden Porticus Claudia (Martial. de spect. 2, 9; auf den Substructionen steht der Garten des Klosters von S. Giovanni e Paolo); das paedagogium ad Caput Africae (s. d.) für die kaiserlichen Pagen; das Macellum magnum (s. d.), über dessen Fundamenten die Kirche S. Stefano rotondo erbaut ist; die Castra Peregrina s. d.) und benachbart die Station der 5. Cohorte der Vigiles in Villa Mattei; ausserhalb der Serviusmauer die Kaserne der equites singulares, das Amphitheatrum Castrense (s. d.), das rätselhafte Sessorium neben S. Croce in Gerusalemme, die Thermen der Helena, endlich wenig ausserhalb der Aureliansmauer das Grabdenkmal des Antinous (s. Erman und Hülsen Röm. Mitt. 1896, 113–130).

Ungewisser Lage sind die in der Constantinischen Regionsbeschreibung genannten Localitäten Arbor sancta, Mica aurea, antrum Cyclopis (vielleicht an der Grenze der reg. I unterhalb Villa Mattei). Dass Caelemontium in der Überschrift der Region (vgl. CIL VI 10099. Bull. crist. 1874, 41. Bull. com. 1891, 348) eine Strasse bezw. einen Platz bedeute, vermutet Elter (De forma Urbis Romae I Bonn 1891, 17). Das samiarium, spoliarium und armamentarium lagen vermutlich nicht auf dem Hügel, sondern im Thale nördlich nach dem Colosseum zu. Vgl. Becker Topogr. 494–508. Jordan Topogr. I 1, 186–188. Gilbert Topogr. II 1–143. III 347–351.