Zum Inhalt springen

RE:Bonifatius 1

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Röm. Feldherr
Band III,1 (1897) S. 698 (IA)–699 (IA)
Bonifatius (Feldherr) in der Wikipedia
GND: 11882984X
Bonifatius in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register III,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|III,1|698|699|Bonifatius 1|[[REAutor]]|RE:Bonifatius 1}}        

Bonifatius. 1) Römischer Feldherr, nach einer zweifelhaften Quelle ein Thraker (Pseudobonifat. epist. 10 = Migne L. 33, 1097). Seine erste Waffenthat scheint die Verwundung des Athaulf gewesen zu sein, als dieser 413 Marseille angriff (Olymp. frg. 21 Müller). Später stand er als Tribunus an der Spitze eines Auxilium in Africa und wehrte mit Erfolg den Plünderungen der Mauren (August. epist. 220, 7 = Migne L. 33, 995). Zum Comes ernannt sollte er 422 den Magister militum Castinus zum Kriege gegen die Vandalen in Spanien begleiten, veruneinigte sich aber noch in Italien mit ihm, floh nach Portus bei Rom und setzte von dort nach Africa über (Prosp. 1278. Hydat. 78 = Mommsen Chron. min. I 469. II 20). Hier gründete er sich als Führer von foederati (Possid. vit. Aug. 28 = Migne L. 32, 59. Olymp. frg. 42), d. h. von Privatsöldnern (Benjamin De Iustiniani aetate quaestiones militares, Berlin 1892), eine halb selbständige Herrschaft und gewann durch Tapferkeit gegen die Barbaren, welche er selbst in Zweikämpfen bewährte, durch Unbestechlichkeit und gerechten Sinn allgemeine Liebe (Olymp. frg. 42. August. ep. 189, 8). Mit Augustinus stand er bald in persönlichem (ep. 220, 2. 3), bald in brieflichem Verkehr (an ihn gerichtet ep. 185. 189. 220 = Migne L. 33, 792. 854. 992); nach der Überschrift von serm. 114 (Migne L. 38, 652) wohnte er dieser Predigt bei. Sein Kriegshandwerk erfüllte ihn manchmal mit religiösen Skrupeln (August. ep. 189, 4), und als seine erste Gattin, welcher er mit grosser Treue anhing (a. O. 7. 8), starb, dachte er sogar daran, Mönch zu werden (August. ep. 220, 3. 12). Bei den Zwistigkeiten zwischen Honorius und Placidia 423 stellte er sich auf die Seite der letzteren und unterstützte sie, als sie nach Constantinopel geflohen war, mit Geld (Olymp. frg. 40). Dem Usurpator Johannes unterwarf er sich nicht, zwang ihn dadurch 424, Truppen nach Africa zu schicken und sich so im Kriege gegen Valentinian III. zu schwächen (Prosp. 1286). Nach dem Siege des letzteren 425 wurde er an den Hof berufen (August. ep. 220, 4) und erhielt wahrscheinlich [699] damals als Belohnung die Würde eines Comes domesticorum, während ihm zugleich die Verwaltung Africas gelassen wurde (a. O. 7). Neuvermählt mit der reichen Pelagia (Marcell. 432 = Mommsen II 78) kehrte er in die Provinz zurück. Jene war Arianerin gewesen, und obgleich sie vor der Hochzeit ihre Ketzerei hatte abschwören müssen, liess sie doch später ihre Tochter von einem arianischen Geistlichen taufen. Auch wich jetzt die eheliche Keuschheit des B. einem ziemlich lockeren Leben (August. ep. 220, 4. 12). Der Magister militum Felix, nicht Aëtius, wie Prokop. b. V. I 3 erzählt, veranlasste seine Rückberufung. Da er sich weigerte zu kommen, wurde ihm der Krieg 427 erklärt (Prosp. 1294. Prok. b. V. I 3). Die drei gegen ihn gesandten Feldherren Mavortius, Gallio und Sanoecis veruneinigten sich, als sie ihn belagerten, und wurden alle von ihm getötet. Als darauf der Comes Segisvultus nach Africa geschickt wurde, rief B. die Vandalen zur Hülfe herbei und stellte ihnen Schiffe zum Übergang über die Meerenge von Gibraltar (a. O., vgl. Iord. Get. 33, 167. 169. Chron. Gall. 96 = Mommsen I 658). Plündernd und mordend rückten diese heran, und zugleich fielen die Mauren in die Provinz ein, ohne dass B. ihnen wehren konnte (August. ep. 220, 6. 7). Da gelang es dem kaiserlichen Abgesandten Darius, unterstützt durch die brieflichen Ermahnungen des Augustinus (ep. 220), den B. zu einem Waffenstillstand mit dem Hofe zu veranlassen (August. ep. 229, 2. 230, 3), welchem bald der Frieden folgte. Jetzt suchte B. selbst die Vandalen zur Rückkehr zu bewegen; als dies vergeblich war, bekämpfte er sie mit gothischen Hülfstruppen (Possid. vit. Aug. 28. August. ep. 185, 1 = Migne L. 32, 59. 33, 793), wurde aber geschlagen und 430–431 vierzehn Monate lang in Hippo regius belagert (Possid. a. O. Prosp. 1304. Prok. b. V. I 3. Vict. Vit. I 3, 10). Ein neuer Kampf mit Hülfe der Byzantiner unter Aspar hatte keinen besseren Erfolg (Prok. a. O.). 432 ernannte ihn Placidia zum Magister militum und berief ihn nach Italien, um sich mit seiner Hülfe des übermächtigen Aëtius zu entledigen. Diesen besiegte er zwar, wurde aber in der Entscheidungsschlacht bei Ariminum (Mommsen Chron. min. I 301) verwundet und starb drei Monate später (Marcell. 432, 3. Prosp. 1310. Hydat. 99. Chron. Gall. 109. 111). Sein Schwiegersohn Sebastianus folgte ihm in der Feldherrnstellung (Hydat. a. O., vgl. Vict. Vit. I 6, 19. Marcell. 435). Eines gallischen Dichters, der zuerst in der Umgebung des B., dann des Sebastianus gelebt hatte, erwähnt Ap. Sid. c. IX 279. Papencordt Gesch. der vandalischen Herrschaft in Africa 54. Über seine vermeintliche Münze s. Eckhel VIII 293. Es sind unter seinem Namen mehrere Briefe an Augustinus nebst dessen Antworten erhalten, die sicher gefälscht sind (Migne L. 33, 1095). Doch scheint ihr Verfasser der Zeit des B. nicht sehr ferne zu stehen, so dass einzelne Nachrichten des Briefwechsels doch vielleicht brauchbar sein könnten.

[Seeck. ]