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RE:Aetios 4

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Flavius Aetius, aus Durostorum
Band I,1 (1893) S. 701 (IA)–703 (IA)
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4) Flavius Aetius (De Rossi Inscr. christ. urb. Rom. 698) aus Durostorum (Silistria), geb. um 390 (Merob. carm.[1] IV 42), Sohn des Magister equitum Gaudentius und einer vornehmen und reichen Italienerin, vermählt mit der Tochter des Comes Domesticorum Carpilio (Greg. Tur. II 8. Jord. Get. 34, 176. Merob. pan. 112. Mommsen chron. min. I 658. Zos. V 36, 1), welche sich der Abstammung aus gothischem Königsblute rühmte (Sid. carm. V 204; vgl. 128. Merob. carm. IV 17), aber Christin war (Greg. Tur. II 7). Sie gebar ihm zwei Söhne, welche nach den Grossvätern benannt wurden (Sid. carm. V 205. Hydat. Avit. 1. Priscus frg. 8 p. 81. Cassiod. var. I 4). Seine Charakterschilderung bei Greg. Tur. II 8; sein Reichtum Priscus frg. 30. Als Knabe wurde er in das Officium eines Praefectus praetorio aufgenommen (vgl. Adcrescens Nr. 2), dann war er drei Jahre (wahrscheinlich 405–408) Geisel bei Alarich (Greg. Tur. II 8. Merob. carm. IV 42; pan. 129; vgl. Zos. V 36, 1), später bei den Hunnen, und erwarb sich so Verbindungen und Anhang unter den streitbarsten Barbarenvölkern. Unter Johannes 423–425 war er Cura Palatii und wurde, als Theodosius II. seinen Angriff auf den Usurpator vorbereitete, mit grossen Geldmitteln zu den Hunnen geschickt, um Hilfsvölker zu werben und mit ihnen im Rücken des Feindes zu operieren (Greg. Tur. II 8). Mit 60 000 Mann langte er in Italien an, als Johannes schon seit drei Tagen tot war, setzte aber den Krieg auf eigene Faust fort und erzwang nach einer blutigen Schlacht, dass ihm Amnestie gewährt und ein Commando mit dem Comestitel übertragen wurde, wogegen er seine Hunnen zur Rückkehr bewog (Philost. XII 14. Mommsen I 471. 658). Nach glücklichen Kämpfen gegen die Gothen und Franken (Mommsen I 471. 472. 658. Hydat. Val. 6. 8. Jord. Get. 34, 176. Sid. carm. V 212ff.) wurde er 429 zum Magister utriusque militiae ernannt (Mommsen I 472. Hydat. Val. 7. 9) und bemächtigte sich, nachdem er in einer angestifteten Militärrevolte seinen Vorgesetzten Felix hatte umbringen lassen, 430 der unbeschränkten Gewalt über den Kaiser (Hydat. Mommsen I 473. Joh. Ant. frg. 201, 2. Marc.), welche er durch Siege über die Juthungen und Noriker befestigte (Hydat. Val. 6. 7. Mommsen I 658. Sid. carm. VII 233. Merob. pan. 1). Consul wurde er dreimal (432, 437, 446), was bei einem Privatmann unerhört war. Die Gesandtschaften der Provinzen wurden nicht mehr an den Hof, sondern an ihn geschickt (Hydat. Val. 7). Um sich des Übermächtigen zu entledigen, berief die Kaiserin-Mutter und Regentin Placidia den Comes Africae Bonifatius nach Italien und übertrug ihm das Amt des Aetius (432). Dieser widerstand in offenem Aufruhr; nach einigen Monaten kam es zur Schlacht zwischen den beiden Nebenbuhlern, in der A. zwar besiegt wurde, aber Bonifatius eine Wunde empfing, an [702] der er nach drei Monaten starb. Da an seine Stelle sogleich sein Schwiegersohn Sebastianus gesetzt wurde, zog sich A. auf seine Güter zurück. Ihn vor ein Gericht zu stellen, wagte man nicht, sondern suchte sich seiner durch bewaffneten Überfall zu entledigen. Er entkam, floh zu den Hunnen, warb bei ihnen ein Heer und zwang die Kaiserin, welche gegen ihn vergebens gothische Hilfstruppen aufgeboten hatte, den Sebastianus zu entlassen, später auch zu verbannen und ihn selbst in seine frühere Würde einzusetzen (Mommsen I 473. 658. Joh. Ant. frg. 201, 2. Hydat. Marc.). Bald darauf (433) liess er sich auch zum Patricius ernennen (Hydat. Nov. Val. 9. 16. 32. 35 und sonst). Nachdem er mehrere Jahre in Gallien glücklich gegen die Burgunder und Gothen gekämpft hatte (Mommsen I 475–477. 660. Joh. Ant. a. O. Hydat. Merob. pan. praef. 2. v. 16ff. Sid. carm. VII 234), kehrte er 440 nach Italien zurück (Mommsen I 660. Nov. Val. 9) und siedelte grosse Schaaren von Barbaren in den verschiedenen Provinzen des Westens an (Mommsen I 660. Dahn Die Könige der Germanen I 264). Mit den Hunnen hatte er bis dahin immer ein freundliches Verhältnis bewahrt (Priscus frg. 8. 11 p. 76. 84. 92. 94); er hatte ihnen Pannonien durch Vertrag überlassen (Prisc. frg. 7. Mommsen I 660), seinen eigenen Sohn als Geisel gestellt (Cassiod. var. I 4. Prisc. frg. 8 p. 81) und dafür bei vielen Gelegenheiten ihre militärische Unterstützung in Anspruch genommen (Greg. Tur. II 8. Mommsen I 471. 473. 475. 476. 658. Jord. Get. 34, 176. 177). Als daher A. die Ansprüche Attilas auf die Hand der Honoria zurückwies und zugleich in einem fränkischen Thronstreit gegen dessen Schützling einen anderen Candidaten unterstützte (Prisc. frg. 16), erregte er durch diese Undankbarkeit den tötlichen Hass des Hunnenkönigs (Jord. Get. 37, 196). Dieser unternahm 451 den Feldzug nach Gallien, bei welchem er durch A. im Bunde mit den Gothen zuerst gezwungen wurde, die Belagerung von Orleans aufzuheben (Greg. Tur. II 7. Jord. Get. 37, 194. Sid. epist. VII 12, 3. VIII 15, 1. Theiner St. Aignan ou le siège d’Orleans par Attila, Paris 1832), dann die Niederlage auf dem Catalaunischen Felde erlitt (Jord. Get. 38, 197ff. Greg. Tur. II 7. Sid. carm. VII 316ff. Hydat. Vict. Tunn. Mommsen I 302. 481. 662. 663. Proc. b. Vand. I 4. Cass. var. III 1). Doch hinderte A. die Vernichtung der Hunnen, um nicht künftig des Gegengewichtes, welches sie ihm immer gegen die Gothen gewährt hatten, entbehren zu müssen (Jord. Get. 41, 216. Greg. Tur. II 7). Nach Italien zurückgekehrt, verlobte er seinen Sohn mit der Tochter Valentinians III. (Mommsen I 483), wurde aber am 21. September 454 auf Anstiften des Petronius Maximus und des Eunuchen Heraclius von dem Kaiser eigenhändig bei einer Audienz ermordet (Mommsen I 303. 483. Joh. Ant. frg. 201. Hydat. Marc. Vict. Tunn. Greg. Tur. II 8. Sid. carm. V 305. VII 359. Procop. b. Vand. I 4, wo aber das Meiste, namentlich was von dem Streite mit Bonifatius erzählt wird, Fabel ist). Nach dem Tode des A. wurden Gesandte an alle verbündeten Barbarenvölker geschickt, da sie mit ihm ihre Verträge geschlossen hatten und man jetzt eine allgemeine [703] Erhebung befürchtete (Hydat.). Schon 455 rächten ihn zwei seiner Gefolgsleute, indem sie bei einer Heerschau Valentinian niederstiessen. Merobaudes schrieb auf ihn mehrere noch in Fragmenten erhaltene Panegyrici; Sidonius (carm. IX 294) kannte auch einen von Quintianus.

[Seeck. ]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Flavius Merobaudes verfasste Lobgedichte auf Aetius.