Athanaricus (Haitanaricus Hier. chron. 2385; Aithanaricus Hydat. fast. 381; Ἀθάριδος Vit. S. Sabae, Act. SS. Apr. II 967 Dff.), Sohn des Kleinkönigs (βασιλίσκος) Rothesteus (Vit. S. Sabae a. O.), verschmähte selbst den Königstitel (Themist. or. X 134 D) und nannte sich Richter der Thervingen (Amm. XXXI 3, 4; vgl. XXVII 5, 6. Ambros. de spir. sanct. I 17 = Migne L. 16, 708; fälschlich König genannt, Hier. a. O. Oros. VII 34, 6. Hydat. a. O. Eunap. frg. 37. August. de civ. dei XVIII 52 = Migne L. 41, 616). Sein Vater muss sich im Dienste Constantins ausgezeichnet haben, da ihm dieser in seiner neuen Hauptstadt eine Statue errichtete (Themist. or. XV 191 A); trotzdem nahm er seinem Sohne den Eid ab, niemals römischen Boden zu betreten (Amm. XXVII 5, 9. XXXI 4, 13). Der Hass des A. gegen alles Römische veranlasste ihn schon 348 zu einer Christenverfolgung, durch welche Ulfilas zur Auswanderung veranlasst wurde (Auxentius bei Waitz Über das Leben und die Lehre des Ulfilas 15; über die Zeitbestimmung s. Bessel Leben des Ulfilas). 366 schickte er mit anderen gothischen Fürsten dem Usurpator Procopius wegen dessen Verwandtschaft mit Constantin Hülfstruppen (Amm. XXXI 3, 4; vgl. XXVI 10, 3. XXVII 4, 1. 5, 1. Eunap. frg. 37. Zos. IV 7, 2. 10, 1). Deshalb erklärte Valens ihm 367 den Krieg, schlug ihn 369 und zwang ihn zu einem Vertrage, der, um A. das Betreten römischer Erde zu ersparen, auf einem Schiffe auf der Donau abgeschlossen wurde (Amm. XXVII 5, 6–9. XXXI 4. 13. Themist. or. X 132 D. 133 C. CIL III 7494). Seinem Zorn über die Niederlage machte A. durch eine zweite Christenverfolgung Luft (Epiph. haer. III 1, 14), die gleich 369 begann (Hier. chron.
[1935] 2385, das Jahr bestimmt durch den gleichzeitig eingeführten Agon, Hydat. fast.) und nicht vor 372 endigte (Vit. S. Sabae Act. SS. Apr. II 968 D; vgl. Basil. ep. 164. 165 = Migne Gr. 32, 636. 640. Ambros. in Luc. 2. August. civ. dei XVIII 52 = Migne L. 41, 616. Socr. IV 33. Sozom. VI 37. Isid. reg. Goth. 6ff. Vit. S. Nicetae Act. SS. Sept. V 40). Als 375 die Hunnen heranzogen, suchte er sie hinter dem Dniester aufzuhalten; doch überschritten sie bei Nacht den Fluss, überfielen sein Lager und zwangen ihn zum Rückzug ins Gebirge. Die Zeit, welche ihm der Feind durch seine Plünderungszüge liess, benutzte er, um hinter dem Sereth eine künstliche Verteidigungslinie zu schaffen (Amm. XXXI 3, 4–8). Unterdessen hatte ihn der grössere Teil seines Volkes, gedrängt durch Nahrungsmangel, vielleicht auch durch die Christenverfolgung ihm entfremdet, unter Führung des Fritigern verlassen, sammelte sich an der Donau und bat um Aufnahme ins römische Reich (Amm. XXXI 3, 8; hierauf sind wohl auch die entstellten Berichte des Socr. IV 33. Sozom. VI 37. Isid. reg. Goth. 7 zu beziehen). A. konnte wohl infolge dessen die lange Serethlinie nicht mehr verteidigen. Anfangs wandte auch er sich zur Donau, doch als er sah, dass den Greutungen der Übergang verweigert wurde, wagte er nicht, die Römer um die Erlaubnis dazu zu bitten, sondern warf sich westwärts auf die Sarmaten, verdrängte sie aus den transsilvanischen Alpen und suchte sich hier gegen die Hunnen zu halten (Amm. XXXI 4, 13). Durch Parteiungen in seiner eigenen Verwandtschaft wurde er später doch noch gezwungen, auf römisches Gebiet überzutreten (Amm. XXVII 5, 10). Von den Ostgothen und den unter Fritigern vorangezogenen Teilen seines eigenen Volkes bedrängt, musste er bei Kaiser Theodosius Schutz suchen (Zos. IV 34, 3) und schloss mit ihm ein Bündnis, obgleich er auch später das Misstrauen gegen die Römer kaum überwinden konnte (Themist. or. XV 190 C). Den 11. Januar 381 kam er sogar nach Constantinopel, starb aber hier schon am 25. Januar und erhielt ein prächtiges Begräbnis (Hydat. fast. Marc. Prosp. 382. Themist. a. O. Zos. IV 34, 4. Socr. V 10. Amm. XXVII 5, 10. Oros. VII 34, 6. Ambros. de spir. sanct. I 17 = Migne 16, 708). F. Dahn Die Könige der Germanen V 3. Wietersheim Gesch. d. Völkerwanderung I² 545. II 9. 33ff. Hodgkin Italy and her invaders I² 161ff.