Zum Inhalt springen

RE:Archidamos 4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
III., Sohn d. Agesilaos, Enkel v. Nr. 3
Band II,1 (1895) S. 467469
Archidamos III. in der Wikipedia
Archidamos III. in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register II,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|II,1|467|469|Archidamos 4|[[REAutor]]|RE:Archidamos 4}}        

4) Archidamos III., Enkel des Vorigen, Sohn und Nachfolger des Agesilaos. Plut. Agesil. 40; Agis 3. Paus. III 10, 4. Der Name der Mutter Kleora ist nur schwach beglaubigt (Plut. Agesil. 19). Er mag etwa 400 v. Chr. geboren sein und wird [468] zuerst erwähnt beim Processe des Sphodrias, der 378 v. Chr. den Piraeus zu überrumpeln versucht hatte. A. liebte Kleonymos, den Sohn des Sphodrias, und legte bei seinem Vater Agesilaos für den Angeklagten Fürbitte ein (Xen. hell. V 4, 25f. Plut. Agesil. 25). Nach der Schlacht bei Leuktra (371 v. Chr.) zog er an Stelle des schon betagten und erkrankten Agesilaos mit dem Rest des lakedaimonischen Aufgebotes aus, um die Geschlagenen zu retten. Bei Aigosthena an der Grenze von Megara und Boiotien kamen ihm diese schon entgegen, und A. zog mit ihnen nach Sparta zurück (Xen. hell. VI 4, 17f. 26; irrtümlich berichtet Diod. XV 54, 6f., dass A. vor der Schlacht bei Leuktra eingetroffen sei und diese mitgeschlagen habe). Auch in der Folgezeit führte A. an Stelle seines Vaters die Lakedaimonier ins Feld. 367 v. Chr. griff er mit den von Dionysios I. von Syrakus geschickten Hülfstruppen das südwestliche Arkadien an, eroberte Karyai und verwüstete die Parrhasia. Als die sicilischen Bundesgenossen heimkehren mussten, verlegten ihnen die Arkader, Argiver und Messenier den Rückweg nach Lakonien. A. eilte zur Hülfe und besiegte die Feinde in der berühmten thränenlosen Schlacht, in der kein Lakedaimonier gefallen sein soll (Xen. hell. VII 1, 28. Plut. Agesil. 33. Diod. XV 72, 3). Im J. 364 v. Chr. griff A. auf Ansuchen der verbündeten Eleer aufs neue das südwestliche Arkadien an und hinterliess in der Feste Kromnos eine Besatzung, die bald darnach von den Arkadern und ihren Verbündeten eingeschlossen ward. Bei dem Versuche, die Einschliessung zu durchbrechen und die Belagerten zu befreien, erlitt A. eine Niederlage und ward verwundet (Xen. hell. VII 4, 20f. Iust. VI 6, 6). Mit Auszeichnung kämpfte er später bei der Verteidigung Spartas gegen den Angriff des Epameinondas kurz vor der Schlacht bei Mantineia (Xen. hell. VII 5, 12. Plut. Agesil. 34. Isokrat. epist. 9, 4).

Als Agesilaos im Winter 361/0 gestorben war (s. o. Bd. I S. 802f.), wurde A. König und der vornehmste Heerführer der Spartaner. So leistete er dem Phokier Philomelos beim Ausbruch des heiligen Krieges Unterstützung; angeblich war er mit seiner Gemahlin Deinicha von Philomelos bestochen worden (Diod. XVI 24. Paus. III 10, 3). In den peloponnesischen Kämpfen, die um 352 v. Chr. (Ol. 107, 1) zwischen den Lakedaimoniern und den Thebanern und ihren Verbündeten im Peloponnes, in Argos, meist aber in Arkadien ausgefochten wurden, hatte wiederum A. meist die Führung (Diod. XVI 39). Endlich versuchte er nochmals 346 v. Chr. den Phokiern mit 1000 Mann zur Hülfe zu kommen, ward aber von Phalaikos abgewiesen (Diod. XVI 59. Aeschin. II 133. Schaefer Demosthenes II² 190). Mit einem Heere, das zum grössten Teil aus entlassenen phokischen Söldnern bestand, ward A. zuletzt den Tarentinern zur Hülfe gesandt, die von ihren Nachbarn, den Lukanern oder Messapiern, bedrängt wurden. Es wird dabei ihm wie andern Spartanern zum Vorwurf gemacht, dass er den Dienst in der Fremde der strengen Zucht zu Hause vorgezogen habe. Auf der Fahrt nach Italien ging er nach Kreta und stellte das von Phalaikos zerstörte Lyttos wieder her. In Italien ward er von den Messapiern oder Lukanern [469] bei Mandonion (Manduria nach Cellarius Vermutung) geschlagen und verlor mit dem grössten Teile des Heeres sein Leben, 338 v. Chr., angeblich an demselben Tage, an dem die Schlacht von Chaironeia geschlagen ward (7. Metageitnion). A. war 23 Jahre König gewesen. Sein Leichnam ward nicht bestattet, da die Sieger den Tarentinern die Auslieferung verweigerten; die Spartaner stifteten deshalb sein Bild in Olympia. Diod. XVI 62. 4. 88, 3. Strab. VI 280. Theop. frg. 259 (FHG I 322) bei Athen. XII 536 C. Plut. Agis 3; Cam. 19. Paus. III 10, 5. VI 4, 9. Weil Diodor die Fahrt nach Italien und den Untergang des A. zweimal erzählt, unter Ol. 108, 3 = 346 v. Chr. und Ol. 110, 3 = 338 v. Chr., haben neuere Gelehrte an eine zweimalige Fahrt des A. nach Italien gedacht; so schon Niebuhr Röm. Gesch. III 99f. 188 und neuerdings Schäfer Demosthenes II² 361f., der die erste Expedition ins J. 343 v. Chr. setzt. Aber es ist, wie aus Diodor selbst hervorgeht, nur an einen Feldzug zu denken; Diodor hat dieselbe Sache in verschiedenem Zusammenhang zweimal erzählt. Vielleicht kann man aber aus Diodor schliessen, dass der Aufbruch des A. nach Italien eine geraume Zeit vor seinem Untergange liegt und etwa 342 v. Chr. sich ereignete, dass also der Krieg in Italien mehrere Jahre dauerte.

A. war, wie seine Geschichte lehrt, ein eifriger und geschätzter Haudegen nach der Art der damaligen Zeit. Hierin wie in seiner politischen Gesinnung war er das Abbild seines Vaters; wie dieser war er ein eifriger Gegner der Thebaner. Seinen Namen trägt die 6. Rede des Isokrates, angeblich bestimmt für die im J. 366/5 in Sparta geführten Friedensunterhandlungen (Xen. hell. VII 4, 7f. Plut. Agesil. 34). A. begründet hier das Recht der Spartaner auf Messene und ermahnt die Spartaner, nicht nachzugeben und keinen unwürdigen Frieden zu schliessen, und diese Stimmung hat bei den Verhandlungen in der That die Oberhand behalten. Die Rede scheint aber erst einige Jahre später abgefasst zu sein. An A. selbst gerichtet ist der unvollendete 9. Brief des Isokrates, abgefasst 356 v. Chr. Der König wird darin ermahnt, unter den Hellenen Frieden zu stiften und sich, wie sein Vater Agesilaos, gegen die Barbaren zu wenden (Blass Attische Beredsamkeit II² 288f.). So wenig charakteristisch diese isokrateischen Schriften auch für A. sind, so beweisen sie doch, dass dieser einen grossen Namen hatte und unter die ersten Männer seiner Zeit zu rechnen ist.

[Niese. ]