Peking (Meyer’s Universum)
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Mein Buch ist wie die Zeit. Wie hier der Augenblick den Augenblick fortstößt, so verdrängt dort ein Bild das andere, und ehe das Auge eins recht erfaßt, ist es verschwunden wie aufgelöster Nebel. Leser und ich irren durch die Welt wie an der Hand des ewigen Juden.
Sidney und Peking! – Kind und Greis, Wiege und Sarg, Aufgang und Untergang können keine vollkommneren Gegensätze seyn, als es die Hauptstadt Australiens und die des himmlischen Centralreichs sind. Wenn Australien ein Bild der Beweglichkeit und des Fortschritts ist, so kann man China mit Loth’s Frau vergleichen, die, zur Salzsäule geworden, in Ewigkeit nur rückwärts schauen kann.
In einem frühern Theile des Universums (VII. Bd., Seite 17) lernten wir Canton kennen. Eine Welthandelsstadt, welche, wie Canton, seit Jahrhunderten in täglichem Verkehr mit fremden Nationen steht, wird kaum das Bild des Landes und des Volkes treu bewahrt haben. Das Land selbst müssen wir durchwandern, um zu einem klaren Begriffe darüber zu gelangen. Nehmen wir an, wie reiseten über Kiachta nach Peking. Vor uns liegen die weiten Steppen der Mongolei, das Bollwerk des Reichs gegen Rußland, und nach 10wöchentlichem, beschwerlichem Ritt gelangen wir zum ersten Ort im eigentlichen China. Es ist der Flecken Nordian, 6 Stunden außerhalb der großen Mauer. Statt Sandwüsten und Steppen, die so lange unser Auge ermüdeten und verwundeten, sehen wir nun ein vortrefflich angebautes, dicht bevölkertes Land, dessen ursprüngliche Unfruchtbarkeit chinesischer Fleiß längst überwunden hat. Das Gasthaus des Fleckens ist ein großes Gebäude mit Mauern umgeben, die zugleich einen Hof und Garten einschließen. Die Gefälligkeit der Wirthsleute ist ohne Grenzen; die Zimmer sind geräumig; in jedem ist ein schwellendes Sopha, unter dem Backsteincanäle hinlaufen, die es, mittelst Steinkohlenfeuerung, erwärmen. Neugierig beobachten wir die Bevölkerung, die das Bild der Beweglichkeit ist. Emsig verfolgt Jedes seinen Zweck und Beruf. Wir werden bald inne, daß der Handel neben dem Ackerbau, der jeden Zollbreit Land benutzt, hier eine Hauptrolle spielt. Unaufhörlich halten an, oder ziehen vorüber die langen Karavanen, welche auf Kameelen, oder Karren mit Maulthieren bespannt, die Fabrikate Rußlands und Nordchina’s den Völkern im fernen Westen zuführen. Jedes Bedürfniß des Reisenden hat im Gasthause seinen vorausbestimmten, festen Preis. Nichts ist der Willkühr überlassen; [83] Jeder macht sich die Rechnung selbst. Es kommen chinesische Kleinhändler, Tabulettkrämer, Pastetenverkäufer, und bieten höflich, doch nicht zudringlich, ihre Waaren an. Während bei dem Wirthe alles festen Preis hat, schlägt der chinesische Kleinhändler mehr vor, als ein Jude: man ist schon betrogen, wenn man die Hälfte bietet. –
Von Nordian bis zur Mauer trifft man wohl 20 Weiler. Die Hügel zu beiden Seiten sind bedeckt mit den Trümmern alter Befestigungen, den ehemaligen Außenwerken der großen Mauer, gegen welche die Riesenwerke der Römer wie Kindertand erscheinen. Jetzt ist sie, die das Reich vor der Macht der Barbaren so wenig beschützen konnte, als die Vallen Rom vor den Völkerschaaren des Ostens und Germaniens, im Verfall und ohne Vertheidigung, während ehedem ihre Besatzung allein eine Armee von ¼ Million Soldaten erheischte. Vor Chalgan, der nächsten Station, läuft die Mauer auf der Zinne eines Felskammes hin, durch dessen Mitte ein gewaltiges Thor gesprengt ist, verschlossen mit eisernen Pforten. Man nennt es das Schild des Reichs. Jeder Fremde wird hier von der Polizeibehörde angehalten, um den Zweck seiner Reise befragt, darüber an den Gouverneur rapportirt, und dessen Erlaubniß für die Weiterreise eingeholt. Es geschieht solches mit der größten Höflichkeit und Schnelligkeit. In einer Viertelstunde ist alles abgethan und der Reisende kann dann unbefragt China durchwandern. Der Eingeborne ist schon an der Grenze frei, niemand forscht bei ihm nach Pässen, niemand nach dem Reisezweck. – Sobald man das Thor passirt hat, sieht man, in einer Lücke des Gebirgs gelegen, die Stadt Chalgan vor sich, welche das Bild im Großen wiederholt, das in Nordian so wohl gefiel. Die Stadt ist stark befestigt; die Gegend sehr schön. Der treffliche Anbau des Landes, welcher jeden Rain, jede Furche, jede Böschung eines Grabens zu benutzen versteht, die Menge und Heiterkeit der Dörfer und der einzelnen Gehöfte erregen Bewunderung. Jede Höhe, jedes romantische Plätzchen wird durch Tempel oder Kapellen geschmückt, und an den Stegen steht oft das Standbild eines Gottes, neben dem in einer Nische zuweilen duftende Kerzen brennen, oder Opfer von Früchten niedergelegt sind, die den Hungrigen und Armen, welche des Weges ziehen, als Beute überlassen sind. Auffallend ist der Unterschied der Sitten auch beim Grüßen. Während man den Fremden in den Steppen der Mongolei mit erschreckendem Geschrei empfängt, grüßt man in China mit Schweigen und dem Ausdruck, eines höflichen Stolzes, der, ohne zu verletzen, zu erkennen gibt, daß sich der geringste Bewohner des himmlischen Reichs besser dünkt, als der Fremde, der ihn heimsucht. Das Volk in den nördlichen Grenzprovinzen ist von Statur nicht groß, aber von intelligentem Gesichtsausdruck, in seinen Bewegungen frei und gewandt und äußerst rührig. Die Kleidung des gemeinen Mannes besteht aus einem blauen Ueberrock von dichtem, baumwollenen Zeuge, eben solchen Beinkleidern, Stiefletten oder Schuhen. Im Winter (denn dieser ist im nördlichen China strenge und lang!) ist der Ueberrock mit Pelz gefüttert. Eine Mütze mit aufgestutzten Ohren bedeckt den geschornen Kopf. Alle sind einerlei gekleidet; denn wie alles in diesem Lande einer hergebrachten Regel unterworfen ist, die Niemand übertreten kann, so ist auch die Tracht dem Willen des Individuums entzogen. Die Frauen, unglückliche Wesen! gehen auf ihren in kupfernen Schuhen verkrüppelten Füßen nur mit Mühe und an Handkrücken. Gemeinlich reiten sie, wenn sie sich von Hause [84] entfernen; oder sie lassen sich, wenn sie es vermögen, in Sänften tragen. Ihre Physiognomien sind angenehm; obschon nie frei vom Ausdruck der Schwäche und Hülflosigkeit.
Auf dem ganzen Wege bis in die Nähe von Peking (von Chalgan sind es 2 Tagereisen), bleibt sich die eben beschriebene Scene gleich. Man kann sich nicht satt sehen an der herrlichen Cultur des Landes und die Lebendigkeit des innern Verkehrs nicht genug bewundern, dessen Anzeichen auf jedem Schritte begegnen. Karavanen wandern von und nach der Hauptstadt in langen Zügen, und auf den Kanälen und Strömen, welche das Land durchschneiden, sieht man schwerbeladene Barken häufiger selbst als in dem verkehrreichen Holland und in England. Ueberall herrscht Ordnung; freilich nur jene Ordnung, welche wir an einer Maschine bewundern, wo hundert Räder immer auf dem nämlichen Punkte sich umdrehen, bewußtlos arbeitend für den gemeinschaftlichen Zweck. Wem eine solche Ordnung, welche die Menschen zu Automaten macht, und das Culturfortschreiten des Geschlechts zu vernichten strebt, gefällt, Dem muß China ein Paradies seyn.
In der Nähe der Metropole ändert sich die Scene auf eine befremdende Art. Gegen Erwartung scheint die Cultur des Landes abzunehmen. Die Bevölkerung selbst erscheint dünner, und die Umgebungen der Residenz des Himmelssohns sind nichts weniger als heiter und schön. Ein sonderbarer Geschmack hat unmittelbar vor den Thoren, statt einen anmuthigen Park, eine kleine Wüste geschaffen, die ein Drittel der Stadtmauer umgibt, und die wilde Natur der mongolischen Steppe täuschend nachahmt. Von dieser Seite betrachtet, macht das unermeßliche Peking einen wunderbaren, unheimlichen Eindruck. Da es in einer vollkommenen Ebene liegt, so sieht man nichts, als die, mit Bastionen und Thoren versehene, hohe Mauer, hinter der sich die Häusermasse gänzlich verbirgt. Blos die Spitzen der wunderlich gestalteten vielen Thürme gucken aus einer dicken Dunstwolke hervor, die dem Gewühle der Menschen entquillt und das ganze Jahr über Peking lagert. Der Umfang der äußern Stadtmauer ist 12 Stunden, ihre Höhe ist 16 bis 18 Ellen bei verhältnismäßiger Dicke, und ein trockner, nicht tiefer Graben, der sie rundum umgibt, gewährt ihr keinen Schutz. Sie dient blos polizeilichen Zwecken und hat als Befestigung keinen Werth.
In dem Mauerkranze der Stadt sind viele häuserleere Stellen eingeschlossen, Gärten und sogar Felder, so daß man bei Betrachtung der niedrigen, einstöckigen Häuser sogleich begreift, daß Peking eine so unmäßige Bevölkerung, wie alte Schriftsteller angeben (4 bis 5 Millionen), niemals fassen konnte. Fast die Hälfte des nördlichen Stadttheils (die sog. Tartarenstadt) ist von den Palästen und Lustgärten des Kaisers eingenommen und der übrige Theil mit Regierungsgebäuden, Kasernen und Tempeln angefüllt, die alle große, offene Höfe haben. Auch die südliche Stadthälfte (die Chinesenstadt) wird zum dritten Theil von den unermeßlich weitläufigen Gebäuden und Gärten bedeckt, wo der Kaiser dem Himmel opfert und die jährliche Ceremonie des Pflügens u. s. w. vornimmt; die Küchengärten und Fischteiche für die Hofhaltung nehmen allein eine Quadratstunde Raum ein. Zieht man alles dies in Berechnung, so kann die Einwohnerzahl Pekings 1¼ Million nicht übersteigen.
[85] Im Ganzen ist Peking gut gebaut. Die Hauptstraßen, welche die verschiedenen Thore mit einander verbinden, sind mindestens 100 Fuß breit, mehre 1 bis 2 Stunden lang; jedoch nicht gepflastert: ein Uebelstand, der bei kothigem Wetter äußerst lästig ist und im trocknen, heißen Sommer durch fleißiges Sprengen mit Wasser gemindert wird. Kutschen sind hier und in ganz China nicht gebräuchlich. Dagegen wimmeln die Straßen von Sänftenträgern und Leuten, die ihre Waaren, an den Enden langer Stangen, zum Verkauf tragen und den Fußgänger fortwährend zum Ausweichen nöthigen. Kommt, wie dies häufig der Fall ist, ein Braut- oder Trauerzug, oder der eines hohen Staatsbeamten dazu, so wird auch die breiteste Straße gedrängt voll, und wer den entgegengesetzten Weg will, dem bleibt keine Wahl, als umzukehren, oder eine Seitenstraße einzuschlagen. Die Leichen werden in buntlackirten, viereckigen Kästen getragen, über welchen ein Baldachin mit den schreiendsten Farben prangt. Jedem Leichenzug gehen eine Menge gedungene Leute mit vielfarbigen Fahnen voraus. Unmittelbar hinter dem Sarge folgen die weiblichen Verwandten des Verstorbenen in weißen Palankins. Weiß ist hier die Farbe der Trauer: schwarz die der Freude.
Die Hauptstraßen bestehen großentheils aus öffentlichen Gebäuden, deren Zahl Legion ist, und die sich alle an ihrem gelben Anstrich erkennen lassen. Gelb ist nämlich die ausschließliche Farbe des Kaisers, des Staats. Die Dächer sind gelb lackirt und überdieß auf die wunderlichste Art bemalt. Im Sonnenschein glänzen diese Gebäude wie Gold und ihre oft sehr langen Fronten geben ihnen ein prächtiges Ansehen. Mehre sind so groß, wie kleine Städte. Die größten sind die kaiserlichen Magazine zur Versorgung der Hauptstadt mit Getreide und Reis in Zeit der Noth oder der Theurung. Die Masse der hier aufgehäuften, sorgfältig unterhaltenen Vorräthe grenzt an das Fabelhafte. – Die Polizei ist in Peking, wie in allen chinesischen Städten, sehr wirksam, und Mord und Räubereien, wie sie z. B. in London zur Tagesordnung gehören, sind folglich Seltenheiten. 20,000 Polizeidiener sind beständig wachsam. Ihre Waffe ist eine lange Peitsche, die sie bei jedem Anlaß rücksichtslos gegen das Volk handhaben. Dieses Instrument, das hundertfache Abkasten der Stände, der Schulplan endlich, oder das chinesische Reglement für öffentlichen Unterricht, – das sind die Hauptschlüssel zum Canon chinesischer Staatsweisheit.
Die Tartaren-Stadt ist von der chinesischen durch eine Mauer geschieden und wird durch besondere Thore geschlossen. – Hier wohnen Alle, welche mit dem kais. Hofe durch Gewerbe, oder Amt in Beziehung stehen; hier haben auch die chinesischen Missionen ihren Sitz mit Kapellen für griechische und katholische Christen; hier sind Buchläden, Buchdruckereien und die vorzüglichsten wissenschaftlichen Anstalten des Reichs: Hochschule, Sternwarte, Seminar etc. Die Bevölkerung ist fast ganz tartarisch. Muhamedaner, die sich durch ihre rothen Mützen unterscheiden, sind zahlreich. Die tartar. Frauen sind schon durch ihren festen, raschen Gang und ihre Füße von natürlicher Form und Größe kenntlich. Häufig sieht man die vornehmsten Damen neben ihren Gatten zu Pferde. Chinesische Handwerksleute, welche Arbeit suchen, und Kleinkrämer, die ihre Waaren feilbieten, sind übrigens hier so lästig, als in der Chinesenstadt. Alle Hauptstraßen haben feste Thore an beiden Enden, die von ihren Hütern bei den geringsten [86] Ruhestörungen geschlossen werden; ein probates Mittel, um Revolutionsversuche inmitten großer Bevölkerungen zu isoliren und sodann leicht zu ersticken. In der Nähe der kaiserl. Residenz sind überdieß die Straßen nicht blos an Ausgängen, sondern selbst in der Mitte mit sogenannten Triumphpforten versehen, Thore mit eisernen Flügeln, rechts und links mit kasernenartigen Gebäuden, die im Fall eines Aufstandes leicht vertheidigt werden können. Man nennt sie Siegespforten, um das Volk über ihre Zwecke zu täuschen. – Ungeheure Magazine für Reis, Getreide und für Kriegsvorräthe aller Art, und hinlänglich, um die ganze Bevölkerung der Tartarenstadt von Kopf bis zum Fuß zu bewaffnen und auf lange Zeit zu ernähren, nehmen mit ihren unabsehlichen Fronten mehre Straßen ein. Die Tempel sind zahlreich; viele von imposanter Größe.
Fast im Mittelpunkt der Tartarenstadt befindet sich die kaiserl. Residenz, die man eine dritte Stadt aus Palästen mit Gartenanlagen nennen kann. Sie ist durch einen freien Platz und eine hohe, gelblackirte Mauer von großer Stärke aus aller Verbindung mit den übrigen Stadttheilen gesetzt, und innerhalb dieser Mauer darf sich außer den zum kaiserlichen Hause gehörigen, oder sonst privilegirten Personen bei Todesstrafe Niemand betreten lassen. Der Raum, den die kaiserl. Residenz einnimmt, ist ein regelmäßiges, längliches Viereck von mindestens 2 Stunden in Umfang. Im Mittelpunkte desselben stehen die Privatpaläste des Kaisers und der Kaiserin. Eine innerste Mauer, durch die eine eiserne, schön vergoldete Pforte führt, umgibt sie. Diese Mauer heißt die heilige, die ganz verbotene. Ihr Inneres ist nur für die innerhalb des Raumes geborene und erzogene Privatdienerschaft des Kaiserpaares zugänglich; selbst die höchsten Staatsbeamten dürfen es nicht wagen, den Kaiser in seiner eigentlichen Wohnung aufzusuchen. – Die ganze Anlage der Residenz ist übrigens ein Labyrinth von Palästen, Gärten, Triumphpforten, Tempeln, Höfen, Bächen, Seeen, Gehölzen, Felsen, Thälern, Meiereien, Wasserfällen, Springbrunnen, Grotten, daß die Sinne verwirrt. Obschon ihr Einheit des Plans und symmetrische Anordnung gänzlich abgeht, so ist sie doch des Beherrschers des größten Reichs der Erde, und über ein Dritttheil des Menschengeschlechts nicht unwürdig. Da die untergeordneten Gebäude für die Hofbeamten, die Magazine etc. durch Zwischenmauern und Baumgruppen dem Auge des Beschauers entzogen werden, so treten um so herrlicher, zauberischer die Kaiserpaläste selbst hervor, welche die Gipfel künstlich aufgetragener Hügel krönen, oder auf den Eilanden der Seen liegen, an deren grünenden Ufern Heerden von Büffeln weiden, und auf deren Wellen Schwärme von Schwänen und dem seltensten Geflügel sorglos rudern. Man sieht wenig Menschen im Innern der Residenz. Die Leibwachen, etwa 2000, lauter Tartaren, sind größtentheils in den innern Räumen versteckt und die Hofbeamten und Diener leben, außer an Galla- oder Diensttagen, in ihren Privatwohnungen. Die ganze Residenz-Bevölkerung besteht aus 11–12,000 Köpfen, und diese verliert sich in dem großen Raume.
[87] Die kaiserliche Verwandtschaft ist äußerst zahlreich und muß sich, da jeder Prinz, wie der Kaiser selbst, mehre Weiber hat, allmählich in’s Unendliche vermehren. Ein kaiserlicher Verwandter ersten Rangs erhält jährlich 10,000 harte Piaster für sich, einen Palast und eine Dienerschaft von 300 Personen. Da diese kostspielige Klasse das Land bald auffressen würde, so steigen die Prinzen mit jeder Generation um einen Ranggrad herab, bis ihre Erben in der fünften Generation nur noch das Vorrecht, den gelben Gürtel zu tragen, haben und den einfachsten Lebensunterhalt zur Appanage bekommen. In manchen Staaten, – man borgt ja hie und da so gern chinesische Maximen! – könnte man auch diese adoptiren. Das Volk wenigstens würde nirgends protestiren. Alle Prinzen von Geblüt und die Statthalter erster Klasse führen den Titel Wang. Es ist auch der einzige, den der Sohn des Himmels den Souverainen Europa’s gibt, von deren Stellvertretern man erwartet, daß sie, wenn sie in feierlicher Audienz bei dem Herrscher der Welt vorgelassen werden, neunmal mit dem Haupte den Boden berühren.
Ungefähr 2½ Stunden von Peking liegt die Sommerresidenz des Kaisers, der Park von Yuan-ming-yuen, mit 30 großen Palästen, die Gebäude für ein Gefolge von 5 bis 6000 Personen ungerechnet. Zuweilen besucht auch der Kaiser die heißen Bäder zu Dschiho, 25 geogr. Meilen nördlich von Peking, jenseits der großen Mauer, im Gebirge. Dann beziehen aber 20 bis 30,000 Mann tartar. Truppen in geringer Entfernung ein Lager, um den Hof in den Stand zu setzen, jeglichem Ereigniß sogleich die Spitze bieten zu können. Man weiß dort so gut, wie anderswo, daß nicht allen Revolutionen Zeichen und Wunder vorausgehen. Es gibt ja apoplektische auch, und die sind die gefährlichsten.