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Notizen über Rochus Mang

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Textdaten
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Autor: Georg Queri
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Titel: Notizen über Rochus Mang
Untertitel:
aus: Die Schnurren des Rochus Mang, S. V-VIII
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Entstehungsdatum: 1909
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Verlag: Berthold Sutter
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans auf commons
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Notizen über Rochus Mang

Der Autor an den Verleger:

Fröttmannsau im Februar 1909. Weißt Du, im ganzen Dorf eine einzige Seele. Und so sehr hat Gott der Herr diesen Ort verlassen, daß er diese einzige Seele in den Leib eines gewissen Rochus Mang gesteckt hat. Rochus Mang aber ist scheußlich von Gestalt und ruchlos an Sitten. Ich empfehle Dir, mir auf diesen Mann hin Vorschuß zu senden. Er ist Bader, Meßner und Leichenbeschauer – eine Fülle der Gesichte! Es ist vonnöten, daß Du den Vorschuß telegraphisch schickst …

Der Verleger an den Autor:

München im Februar. Da die Telegraphenlinie stark belegt war, wählten wir den brieflichen Weg, um Dir mitzuteilen, daß wir auf ein komplettes Manuskript sehr gerne weitere Vorschüsse geben. „Bader, Meßner und Leichenbeschauer“ gefiel uns sehr. Aber was ist mit Deinem Rochus Mang sonst noch los?

Die Auskunftei Schimmelpfeng an den Verleger:

Auf Veranlassung des Herrn Georg Queri zur Zeit in Fröttmannsau teilen wir Ihnen über den Friseurgeschäftsinhaber Rochus Mang in Fröttmannsau das Folgende mit:

Derselbe ist 43 Jahre alt und ledig und übt das Geschäft eines Friseurs und Baders aus. Dasselbe aber ist nicht umfangreich und etwas vernachlässigt, weil derselbe vielfach anderen [VI] Dingen nachgeht und als unsolide gilt. Das Häuschen, welches derselbe bewohnt, ist mit einer Hypothekenschuld überlastet. Die Einkünfte des Mang resultieren außer der Baderei aus den Aemtern eines Meßners und Leichenbeschauers und bekommt Mang hiefür jährlich 217,50 Mark von der Gemeinde ausbezahlt. Dieser Betrag ist für das Jahr 1910 bereits an Herrn Samuel Schmeichelfinger, Alteisenhandlung und Darlehensgeschäft in München, Jakobsplatz 72a, verpfändet. Im Jahre 1901 starb die Frau des besagten Rochus Mang und wurde derselbe im gleichen Jahre wegen Werfens mit harten Gegenständen zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Mang hat im Jahre 1904 in einem Alimentationsprozeß einen vielbesprochenen Eid geschworen, weswegen ihm der Oettinger Schmied eine Narbe am Hinterkopfe beibrachte …

(Ohne Obligo.)

Der Verleger an den Autor:

München im Februar. Erbitten bessere Produkte Deiner Faschingslaune. Auskunfteimeldungen über versoffenen Dorfbarbier belasteten Dein Vorschußkonto mit Mark 5.– Warum kein Manuskript?

Der Autor an den Verleger:

Fröttmannsau im März. Ich bin gerne bereit, Dir das Manuskript in den nächsten Tagen einzuhändigen. Einzuhändigen: ich will nämlich das kostbare Ding nicht der Post anvertrauen und freue mich herrlich auf München. Wenn Du bis 17. April warten willst, wär’s mir lieb. Ich habe an dem Tage in München zu tun. Zeuge am Landgericht II. Rochus Mang hat in seiner Eigenschaft als Bader mit seinem berühmten Bandwurmmittel ungeheueres Pech gehabt …

Telegramm an den Autor:

München 23, No. 2348, 17/16 W. den 24/3. 09. 6 Uhr 48 m. vorm. komm sofort mit manuskript haben kalb geschlachtet für verlorenen sohn sekt ehrenjungfrauen vorschuss         = sutter. +

[VII] Telegramm an den Verleger:

Reihenfolge falsch: vorschuss ehrenjungfrauen sekt kalb vorschuss telegraphisch kalb nicht         = girgl +

Der Verleger an den Autor:

München im März. Trotz telegraphisch angewiesenen Reisegeldes hast Du uns schmählich aufsitzen lassen. Auch diesemal hätte Dir unsere Verzeihung nicht gefehlt. Aber Du sandtest uns ein Individuum, das sich Rochus Mang nannte, nach Brasiltabak roch und vorgab, in Deinem Auftrage uns ein Mittel gegen Gehirnerweichung verraten zu müssen. Der ausnehmend freche Bursche empfahl uns, Zement in den Schnupftabak zu mischen und verlangte den Ersatz seiner Reisespesen und ein Anerkennungsschreiben im Falle des Erfolges. Wir müssen es für die Zukunft ablehnen, das Objekt Deiner Kinderspässe zu sein, und ersuchen entweder um Rückerstattung der empfangenen Vorschüsse oder um sofortige Manuskriptlieferung. Zu unserem Bedauern mußten wir den Kleidergeschäftsinhaber Cohn abweisen, der uns eine auf Dich ausgestellte Rechnung präsentierte. Wir machen Dich auch darauf aufmerksam, daß bereits mehrmals ein Fräulein – das sich weigert, ihren Namen zu nennen – mit etwas erregter Stimme sich nach Dir erkundigte. – Wir würden es sehr bedauern, Dich aus unseren Geschäftsbüchern streichen zu müssen und ziehen es vor, unseren alten Girgl mit all seinen Schwächen zu empfangen – wenn er nur kommt. Ein Schlafgemach ist bereit, ein Arbeitstisch ditto … In Fröttmannsau aber scheint es an Arbeitstischen zu fehlen – Kehr’ zurück Girgl!

Der Autor an den Kunstmaler Karl Arnold in Paris:

München im April. Karlchen, der Verleger hat mich in Haft genommen. Auch sonst ist mir um seinen Gesundheitszustand bange, da er mir zumutet, die sämtlichen alten, uralten Bauernspässe [VIII] Altbayerns in erzählende Form zu bringen. Des Ferneren beginnt er von der Ehe zu sprechen und verweigert mir hartnäckig den Vorschuß, den ich brauche, um dir in Paris den lang versprochenen Besuch abzustatten … Was den vielbesagten Rochus Mang anbetrifft, so muß ich manchen Punkt meiner früheren Briefe widerrufen. Rochus Mang ist ein Ruchloser. Auch hat er in seiner Eigenschaft als Meßner ungeheueres Pech gehabt, teils des Klingelbeutels wegen und teils aus Liebe zum Meßwein. Ich ersuche Dich, mich niemals wieder über den Mann zu befragen …

Karl Arnold an den Verleger:

Paris im März. Sehr gerne mache ich Dir Zeichnungen zu Rochus Mang. Bedingung: den Girgl nicht aus der Haft entlassen, ehe die letzte Zeile geschrieben ist. Wenig Alkohol und viel Tee. Cigaretten indessen mußt Du ihm wohl oder übel verabreichen …

Der Autor an Karl Arnold:

München im März. … wenn Du ihm wenigstens mitteilen würdest, daß die Geschichten fürchterlich alt sind! Ich muß aus dieser Buchverpflichtung heraus. Eine Idee: in diesen Tagen kommt ein Weinreisender, den ich kenne, in den Verlag. Ich will dem Mann heute noch meine sämtlichen Bauernschnurren erzählen. Mit der Pointe: Herr Maier, Herr Bärenthal, Herr Nattenheimer – oder wie der Weinonkel heißt – solche Witze wenn Sie diesem Verleger erzählen, solche Bauernwitze, dann machen Sie Ihr Geschäft. Sehr verbunden – wird der Mann sagen. Und Sutter wird die Augen aufreißen, so groß … Rochus Mang teilt mir mit, daß er einen Verteidiger dringend benötige. Er habe in seiner Eigenschaft als Leichenbeschauer ungeheueres Pech gehabt. Die Leiche war lebendig und Dirn beim Krautschuster in Inning … Ich werde ihn zu unserem Freund in der Maximilianstraße schicken.

Karl Arnold an den Verleger:

Paris im April. Jetzt die Zügel ein wenig locker lassen. Zwei Nächte mit einem Tag dazwischen, dann zwei Tage Kater. A propos: Bauernschnurren vom Weinreisenden erzählt sind Girglsche Manöver. Er muß das Buch fertig machen …

Der Verleger telegraphiert an Karl Arnold:

München, 14. IV. 9 Uhr p.m. girgl hat bouch folendet = sutter +

Der Autor telegraphiert an Karl Arnold:

mit nehster zoug ab nach paris           = girgl + – – – – – – – – – – – – – – – – –

Telegramm an den Verleger:

Paris, 21. IV. 5 Uhr 25 m. a. m. infolge widrige ferheltnissen erbiten telegrafich forschous       girgl karlchen +