Zum Inhalt springen

Miscellaneen (Journal von und für Franken, Band 6, 2)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Diverse
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Miscellaneen
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 240-256
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Nürnberg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


|
XIII.
Miscellaneen.


1.

Wichtige Begebenheiten in der Welt erweckten gar oft Propheten. So haben wir auch bey den jetzigen, zum Theil sehr traurigen Ereignissen einen Propheten, wenigstens eine Weissagung erhalten, welche auf einem halben Foliobogen mit dem Porträt des Wundermannes abgedrucket ist, in unsern Franken herum getragen, und um 2 Kr. verkauft wird. Oben an ist das Porträt des Propheten, eine häßliche Figur! Er hat eine lange gekrümmte Nase, einen spitzigen Bart, einen Thierhals mit Haaren, an der Seite einen Säbel, krumme Beine mit überdicken Waden. Das ganze Bild ist jenem des Satans, wie man es gemeiniglich sieht, nicht viel unähnlich. Dieser Wundermann selbst soll sich in Avignon haben sehen lassen, und bey der Einnahme dieser Stadt mit einem katholischen Priester nach Rom entflohen seyn, wo er seine Weissagung bekannt machte. Diese enthält folgende Stücke:

 1) Frankreich wird, wenn es seinen König nicht wieder einsetzet, (das hat es nun nicht gethan, sondern ihn auf der Blutbühne hingerichtet) von 4 europäischen Mächten getheilet werden.

|  2) Die Bischöffe werden Creuz und Bittgänge anordnen, um von den göttlichen Strafgerichten befreyet zu werden.

 3) Die alte Lehrart wird in den Schulen wieder eingeführt werden. NB.

 4) Die Sonntage sollen geheiliget, und an denselben keine Arbeit verrichtet werden.

 5) Den Studenten sollen die Romanen genommen werden, damit sie dieselben nicht mehr in der Kirche lesen, sondern aus Gebetbüchern beten. Überhaupt werden alle bösen Bücher französische, welsche, und teutsche zu Asche verbrannt werden. Dafür wird man aber

 6) die H. Schrift, das Evangelium und die Legende fleißig lesen. NB.

 7) Werden die abgesetzten Feyertage wieder aufkommen und

 8) die Jesuiten in ihre vorigen Rechte und Güter wieder eingesetzt werden. NB. NB.

 9) endlich sollen noch 80000 katholische Priester umgebracht werden. – Entsetzlich!!! –

 Diese Frucht ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf Fränkischem Boden gewachsen. Der Vermuthungsgrund dazu ist N. 5 enthalten. Man erinnere sich nur, was sich mit einem gewissen Studenten zu Wirzburg zugetragen hat. Der Vater von dieser elenden Mißgeburt mag wohl ein Freund der Finsternis seyn, der die jetzigen Zeitumstände benützen wollte, das Volk in seiner Dummheit zu| erhalten, oder wieder dahin zurückzuführen, wenigstens mag dieß sein ernstlicher Wunsch seyn. Oder es litt irgend jemand Hunger oder Durst, und suchte sich, durch diese Speculation auf die Einfalt des Pöbels, einige Groschen zu Käse und Brod, zu Bier und Schnaps zu erwerben. Sey aber dieser Prophet, wer er immer wolle, so ist er ein Wolf in Schafsfellen, der sich den Schein der Frömmigkeit gibt, um das kurzsichtige Volk desto leichter zu betrügen, und es in seiner Halsstarrigkeit gegen heilsame und nützliche Anstalten zu bestärken.


2.
 In den Erzählungen zur Bildung des Geistes und Herzens las ich unlängst eine Anekdote von einem englischen Geistlichen aus der Grafschaft Rochester, mit der Aufschrift: „großmüthige Ehrlichkeit.“ – Hier ist ein Gesellschaftsstück zu jenem, aus dem Fürstlich Schwarzenbergischen Dorfe Dornheim. Der dasige katholische Geistliche, Namens Dürr, ein junger Mann, von Kopf und Herzen gleich ehrwürdig, ging im December vorigen Jahrs auf sein Schlafzimmer. Beym Eröffnen der Thüre klemmte sich dieselbe auf dem Boden. Der Pfarrer leuchtete nieder, und fand, daß drey Maxd’ore, die auf der Diele lagen, die Ursache waren. Alles Nachsuchens ungeachtet konnte er nicht entdecken, wo der unerwartete Fund hergekommen sey. Des andern| Morgens erzählt er, unter Vorweisung des Goldes, sein gestriges Abentheuer. Die neugierige Magd hilft ihm weiter nachspüren; aber alles vergeblich. Endlich verfällt diese auf das Französische Schloß der Thüre, sieht durch eine Spalte des angeschraubten Deckelblechs etwas gelb schimmerndes, und löset den Deckel ab. Hier fanden sich in einer Rolle, die durch das wiederhohlte Auf- und Zumachen der Thüre an einem Ende von einander gerieben war, 30 Karolins und 45 kleinere Goldstücke, nämlich Maxd’ore, halbe Karolins und Ducaten. Bey Untersuchung des beschriebenen Umschlags erkannte Pfarrer Dürr die Hand seines Vorfahrers Albert Nussers, und erinnerte sich, daß bey der Theilung der Hinterlassenschaft dieses Mannes ein Streit unter den Verwandten über einen vermißten Beutel mit Gold, den Nusser nicht lang vor seinem Ende vorgezeigt hatte, entstanden war. Wegen der Person, welche das Geld dahin versteckt hatte, blieb also kein Zweifel übrig, und das um so weniger, da man auch leicht die Ursache dieser ängstlichen Verbergung errathen konnte. Einige Zeit vor seinem Tode war Pfarrer Nusser in seinem Keller bestohlen worden, und mochte daher ein ähnliches Schicksal für seine Goldmine befürchtet und diese zur Sicherheit in das Thürschloß seines Schlafzimmers verborgen haben. Dürr war also sogleich entschlossen, das Geld den rechtmäßigen Erben des Verstorbenen einzuhändigen, und freute sich dessen| doppelt, da der Haupterbe sein erklärter Widersacher war, den er sich durch seinen Eifer für kirchliche Verbesserungen (besonders durch Einführung eines Teutschen Liederbuchs, gegen welches einige Ortsnachbarn, unter die auch der erwähnte Erbe gehört, schlechterdings ihr liebes und unverstandenes Latein nicht vertauschen wollten) zum Feind gemacht hatte. Sogleich ließ er ihn rufen, und zählte ihm den gefundenen Schatz vor. Erstaunt über die Ehrlichkeit seines ketzerischen Predigers, der sich unterfangen hatte, sogar die lateinischen Reliquien der alten Römischen Kirche anzutasten, nahm dieser höchstdankbar das Geld in Empfang, und gab davon zur Erkenntlichkeit 2 Carolins dem Pfarrer, und 1 Carolin seiner Magd, als der eigentlichen Finderin der Hauptsumme. Von nun an ist also das Thürschloß nicht mehr der sicherste Ort zur Aufbewahrung der Schätze, und allen Schatzgräbern sey dieses hiermit zur Nachweisung gesagt. Der ehrliche Dürr hat indeß noch keines der übrigen Schlösser seines Pfarrhofs mit dergleichen Ingredienzen gefüllt, und verdient daher für seine Redlichkeit gedoppeltes Lob, ob er gleich nicht glauben will, nur ein einfaches damit verdient zu haben.


3.
 Gegen das Ende des vorigen Jahres starb zu Weingartsgreuth Herr Ludwig Christian Gebhard, Privatsecretair des Kurmainz. Herrn Staats- Cabinets- und Finanzministers, Freyherrn| von Seckendorf, im 23 Jahr seines Alters an einem Gallenfieber. Er war ein vortrefflicher fähiger Kopf, ein Mann von dem besten Herzen und feinsten moralischen Gefühl; hatte mehrere Jahre hindurch die Universitäten Leipzig, Altdorf und Erlangen mit dem gesegnetesten Erfolg besucht, und sich nachher in den Diensten verschiedener Cavaliere gebildet, und würde, hätte ihn nicht der Tod überrascht, gerade jetzt eine Stelle erhalten haben, welcher Er – der talentvolle Jüngling – gewiß Ehre gemacht hätte. Er schrieb und sprach mehrere abendländische Sprachen; Jurisprudenz war aber sein Hauptfach. Sein Geburtsort ist Regenspurg, wo ihm nun seine Freunde und ein liebes Mädchen nachweinen.


4.
 Dem bisherigen Kurmainzischen Finanzsecretair, Herrn Georg Adam Geyersbach, einem geschickten, thätigen und gewissenhaften jungen Manne, haben zu Ende des vorigen Jahrs, ohne sein Zuthun, die Freyherren von Münster die eben erledigte Stelle eines Amtmanns über ihre vier Ortschaften Euerbach, Niederwehrn, Pfändhausen und Burglauer mit erhöhtem Gehalte anvertrauet. Das leidige Kriegsgeschick hatte ihn von Mainz nach Euerbach verscheucht, wo er eben an dem Beerdigungstage des ehemahligen Freyherrl. Beamten Kappler ankommen mußte. Seine gesuchte Dimission hat ihm der Kurfürst,| „der, wie es in derselben heißt, jedem seiner treuen Diener zu der jetzigen mißlichen Zeit, ein bessers Glück gönnt“ durch den Herrn Hofkanzler Freyh. von Albini in sehr gnädigen Ausdrücken ertheilen lassen; und so ist ihm nun von der Vorsehung wider Vermuthen, in seinem Vaterlande Franken ein Posten angewiesen worden, für den ihn die Natur eigentlich bestimmt zu haben scheint. – Während seines kurzen Mainzer Aufenthaltes wußte sich dieser fähige Kopf die Gnade seines würdigen Chefs, des Herrn Finanzministers von Seckendorf, dem er auch den ehrenvollen Ruf nach Mainz zu danken hatte, so wie die Zuneigung des großen Staatsmannes von Müller zu erwerben, und es ist kein Wunder, daß ihm auch seine jetzige Herren alle Gerechtigkeit widerfahren lassen. Seine Gattin ist die, auch als Dichterin bekannte, ältere Schwester des Volksfreundes Schlez, Friderika Dorothea.


5.
Thurnau. 

 Die im Januar des vorigen Jahrs durch den Tod des Assessors Keyßler erledigte hiesige Pfarr- und Inspectorsstelle ist bereits im Herbste dem bisherigen Assessor, Peter Christoph Georg (jüngern Bruder des berühmten Regierungsraths Georg zu Bayreut) und zwar mit dem Prädicate eines Gräfl. Consistorialraths übertragen worden.


|
6.
Kulmbach. 

 Am 24ten Januar hat unsere Stadt und ganze Gegend einen eben so unerwarteten, als unverschmerzlichen Verlust erlitten, in der Person des hiesigen Arztes und Landphysikus, Johann Georg Puihn. Er starb nach einer eilftägigen Krankheit, in welcher er sich aus übertriebener Attention für andere Kranke verwahrlosete, im 33sten Lebensjahre; hinterläßt eine seiner ganz würdige Wittwe und einen Sohn, welchen die göttliche Fürsehung zum Erben der seltenen Geschicklichkeit und des noch seltenern ganz vortrefflichen Charakters seines Vaters machen wolle. Der Verstorbene war eben im Begriff seine lateinische Abhandlung über die Gifte des Pflanzenreichs Teutsch umzuarbeiten.


7.

 Am 23 Febr. starb zu Erlangen Herr Hofrath, D. und Professor Isenflamm im 67sten Jahre seines Lebens. Die Universität verliert an ihm einen thätigen und verdienten Lehrer und seine Kunst einen vorzüglichen praktischen Arzt.


8.

 Herr R. Chr. Langsdorf, bisheriger Director der Saline zu Gerabronn, geht als Lehrer der Mathematik nach Erlangen, wo Er vorzüglich denen, welche sich in statischen, mechanischen und hydraulischen Wissenschaften und in der Salzwerkskunde Kenntnisse erwerben wollen, Unterricht ertheilen wird.


|
9.

 Bisher widerlegte ich die Angabe in dem Journale von und für Franken, daß die Bäcker in den Landstädtchen Königshofen, Mellrichstadt, Münnerstadt und Neustadt, sonderlich jene in dem letzteren Pottasche und Venetianische Seife in ihr Brod bücken, ganz aus meiner eigenen Überzeugung und ohne Wissen dieser angetasteten Handwerksleute. Nun aber werde ich von der Bäckerzunft zu Neustadt an der Saale aufgefordert, folgendes ins Journal einrücken zu lassen:

 „Es verlangt nämlich die Bäckerzunft zu Neustadt, daß der Angeber dieser unwahren, der Ehre ihres Gewerbs zu nahe tretenden Behauptung den Bürgen seiner Angabe namhaft machen, oder sich gefallen lassen solle, so lange für einen L. zu gelten, bis er seine Angabe durch Thatsachen bestättiget habe. Es will diese Zunft die Unehre und das Nachreden, als mische sie derley, wo nicht offenbar schädliche, doch unnütze und unangenehme Sachen in ihr Brod, schlechterdings nicht auf sich beruhen lassen. Ob übrigens ihr Brod unter das elende, oder schöne und gute gezählt zu werden verdiene, möge jeder unparteyische Einheimische oder Durchreisende bestätigen. Zu wünschen wäre es nur, daß derjenige, der ihr Brod so weit herunter zu setzen bemüht seye, immer solches Brod, wie zu Neustadt gebacken wird, zu essen bekäme.“

|  Ich nehme diese Aufforderung so willfähriger an, jemehr dadurch entweder meine Widerlegung gegründet, oder der Unfug nach gemachter Probe und hergestellten Sache abgeschafft werden muß.

 Noch muß ich zum Lobe der Bäcker zu Mellrichstadt sagen, daß ihr Brod, welches ich zeither oft zu sehen und zu essen Gelegenheit gehabt, nicht unter das elende, wie der Herr Einsender behauptete, und ich ihm zugestande, sondern wahrhaft unter das schöne und geschmackvolle Brod gezählt zu werden verdiene.

 Sollte der Einsender, mein inimicus causae, vielleicht amicus personae, billige Ursache haben, sich hierüber nicht öffentlich zu erklären, so steht selbigem frey, mit mir die Sache schriftlich abzuhandeln. Ich bin der

Doctor Müller,
Physikus zu Neustadt, am 24ten Hornung 1793.
* * *

 Den dringenden Bitten des Herrn Doctors zu willfahren, haben wir seine Erklärung unverzüglich aufgenommen, und ersuchen ihn ja auf folgende Stücke im Verfolg dieser kleinen Fehde immer Rücksicht zu behalten:

 1) Unserm Herrn Correspondenten gab Herr D. M. in seiner Gegen-Erklärung Bd. 4. S. 768. in Betreff der Stadt Königshofen und Mellerichstadt, wegen des elenden Brods selbst recht. Jetzo nimmt er das Mellrichstädter Backwerk in Schutz und sagt: Seit er das Mellrichstädter| Brod kenne, gehöre es nicht unter das elende. Bekanntlich ist das nicht viel über ein Jahr. Kann die Bäckerzunft daselbst nach dieser Rüge nicht fleißiger geworden seyn, und also unsere Correspondenten und auch Herr D. M. in seinen sich widersprechenden Behauptungen recht haben?

 2) Unser Correspondent sagt in seiner Nachricht nur: Sie sollen sich der Pottasche und Venetianischen Seife bedienen, und fragt, weil er den Gebrauch der Gesundheit des Volks für nachtheilig vermuthet. Herr D. M. nahm das Gerücht gleich für wirklich; aber sein Gegensatz: die Bäcker kennen die Sachen nicht, wurde nicht für gültig erkannt.

 3) Daß das, was Bd. 5. S. 750. geantwortet wird, wirklich von einem ganz andern Correspondenten sey.

Die Herausgeber.


10.
 Am 26 May vorigen Jahrs wurde zu Muggendorf im Bayreutischen zum erstenmahl eine bewundernswürdige Höhle von dem Grenadier Ludwig Wunder, Sohn des Muggendorfer Höhleninspectors entdeckt, und von ihm nebst dem Sohn des Herrn Superintendenten und D. Rosenmüllers bestiegen. Die Natur hat in derselben eine Cascade von mehr als 70 Fuß Höhe gemacht, wie sie Menschenhände nie bilden können, und die Grotten und Nischen sind schöner, als man sie sehen kann. An| dem Gewölbe hängen Stalaktitenmassen wie Teppiche oder Vorhänge geformt herab, welche, wenn man daran schlägt, Töne wie Glocken von sich geben. (s. Goth. gel. Zeit. 1793. 13 Stück. S. 111)


11.
Meinungen d. 1. März 1793.

 Herr Adjunctus und Stadt-Diakonus Walch, der sich so vorzügliche Verdienste um das Meinungische Schulmeister-Seminarium erworben hat, kommt als Superintendent nach Salzungen.


12.

 In einigen Heften des Journals von und für Franken sind verschiedene Arten der noch in Franken privilegirten, mitunter das edle Schullehrer-Amt entehrenden Betteleyen angemerkt. Ich kann noch eine von gleichem Schrot hinzusetzen, welche von Jahren her zu Röttingen an der Tauber, einem Wirzburgischen Landstädtchen, in Übung ist. Am vierten Sonntage in der Fasten, Lätare genannt, versammeln sich die dortigen Rathsverwandten nach gehaltener Vesper auf dem Rathhause, der Schullehrer führt die Schuljugend in feyerlicher Procession auf das Rathhaus. Auf dem Wege von der Schule bis zu dem genannten Orte singet der Schullehrer mit seinen Zöglingen folgendes Lied:

 1.
Als nun vollendet,
und sich geendet,
des Herrn Tisch und Abendmahl:
ging er in Garten,

|

hieß abseits warten,
seine lieben Jünger, die getreue Zahl.

 2.
Er aber kniete,
zur Erd sich biegte,
den Vater bath im Himmelreich,
ach! ist es möglich,
und schickt sich füglich
daß dieser Kelch des Leidens von mir weich.

 3.
Doch laß nicht gehen,
und nicht geschehen
meinen Willen, thu vielmehr
dein Heilgen Willen,
an mir erfüllen
und sey das Leiden an mir noch so schwer.

 4.
Als er betrachtet,
und wohl bedachtet,
sein Leiden, und sein bittern Tod,
aus Lieb erhitzet,
und häufig schwitzet,
sein heilig Blut, voll Jammer, Angst und Noth.
                       
 5.
Judas der Thäter,
und falsch Verräther,
grüst ihn, gab ihm einen Kuß:
von aussen freundlich,
von innen feindlich,
doch zeigt der Herr an ihm kein Verdruß.

 Wenn der Schullehrer mit seinem Gefolge in dem Rathhause angekommen ist, und das erbauliche Lied[1] zu Ende gesungen hat, so wird| der Schullehrer in das Rathszimmer eingelassen, demselben ein Sitz angewiesen, und der Herr Burgermeister mit seinem ehrenvesten Rath zechen in Corpore auf Rechnung der Gemeindscasse bis in die späte Nacht. Einem zeitigen Schullehrer, wenn solcher ein Liebhaber des Übermaaßes ist, wird bey dieser Gelegenheit ein Rausch ohne Rüge vergönnet: nachdem die Köpfe vom Weine erhitzet sind, so entstehen, wie die Erfahrung mehrmahlen bewiesen hat, unter den Rathsgliedern ärgerliche Zänkereyen, welche öfters in Schlägereyen auisgebrochen sind. Die Schul- und andere Kinder erhalten neugebackene Wecke, die der Rathsdiener unter dieselben tumultuarisch vertheilet. Diese andächtige Fastenzeche verursachet der Gemeinde zu Röttingen jährlich wenigstens 25 rhein. Gulden Kosten. Der Pfarrer, Beamte, Burgermeister und alle Rathsverwandten erhalten nebst der beschriebenen Zeche noch eine gewisse Anzahl an Brod und sogenannten Fasten-Wecken zum Geschenk.
.
 Vor einigen Jahren wolle man diese der Fasten- und Trauerzeit nicht angemessene Schwelg-Ceremonie abschaffen, und die dahin verwendeten Ausgaben zur Armencasse oder zum Schulfond schlagen. Es hieß aber, dieses Weckaustheilen, und die nebst der feyerlichen Kinder-Procession damit verflochtene Ergötzlichkeit für die Rathsverwandten wäre eine Stiftung von einem Fräulein Truchses von Baldersheim. Man könne diesen uralten Gebrauch nicht abstellen, ohne zu befürchten, daß eine weiße Frau in dem dem Städtchen nahe gelegenen Burgerwalde, welchen die gedachte Truchses von Baldersheim an die Röttinger| Gemeinde geschenket, sich sehen lasse, und dem Städtchen Unglück drohe, gleichwie diese Erscheinung, als man vor Jahren den löblichen Gebrauch aufheben wollte, sich wirklich ergeben habe, und dieser aberglaubische Gegensatz schreckte die beginnende Verbesserung dergestalt zurück, daß selbige bis auf den heutigen Tag ein frommer Wunsch geblieben ist.

 Wird wohl der weise Franz Ludwig diesen Mißbrauch, wenn die Unterhaltung desselben ihm zu Ohren käme, länger gleichgültig ansehen?


13.
Aus dem Wirzburg. vom 26 Febr. 1793.

 Die in dem Wirzburgischen Hof- Staats- und Standes-Kalender in dem vorigen Jahre 1792 auf Hochfürstl. Befehl ausgelassene Bemerkung der in den dortigen Stifts- Pfarr- und Mönchen-Kirchen vorräthigen Ablässe ist in diesem Jahre in dem erwähnten Kalender wieder beygesetzet worden.


14.

 Der Magistrat der Reichs-Stadt Schweinfurt hat im verwichenen Monat Hornung auf 11/2 Bogen in Folio eine neue Weisung für die Advocaten und Gerichts-Procuratoren drucken lassen, aus welcher folgende Puncte verdienen hier angeführt zu werden:

§. 7.

„Die Advocaten und Procuratoren sollen zu ihrer Legitimation keine bloßen Blanquets, sondern ordentliche ausgedehnte, mit allen Rechts-Erfordernißen versehene Vollmachten beybringen, wozu eigen gedruckte Exemplare künftig in der Kanzley mit 6 kr. zu lößen sind.

§. 16.
 In den neuern Zeiten ist ein großer Mißbrauch mit dem Remedio Nullitatis sowohl als| Restitutionis in integrum getrieben worden, da die Sachwalter meistens zur Umgehung des Succumbenzen-Geldes diese Remedia ohne Unterschied gleich der Reuision in den Gang zubringen gesucht haben. Ob man nun gleich das Remedium Nullitatis Niemand abstricken, auch das Remedium restitutionis in integrum, als ein Remedium suspensivum ordinarium auf die Zukunft zulassen will; so ist jedoch für nöthig befunden worden, den dabey mit untergelaufenen Mißbrauch abzuschaffen und einzuschränken. Zu dem Ende wird hierdurch verordnet: daß sowohl bey dem Remedio nullitatis, als restitutionis in integrum, gleich es bey der Revision eingeführt ist, das Succumbenz-Geld dergestalt Statt finden soll, daß wenn der Gegenstand des Processes nicht mehr als 100s fl. Frkl. und darunter im Stock beträgt, fünf fl. Frkl. – wenn derselbe aber über ein hundert fl. Frkl. oder Gerechtigkeiten betrift, Zehn fl. Frkl. binnen 8 Tagen vom Tage der Einwendung des Rechts-Mittels an, bey dem löblichen Unterburgermeister-Amte erlegt und die von dorther darüber auszustellende Quittung zum Beweiß der geschehenen Erlegung zu den Acten übergeben, dieser Termin als eine Nothfrist anzusehen, und derjenige, welcher sich daran versäumt, das Rechtsmittel deferirt haben und damit weiter nicht zugelassen werden soll.
§. 22.

 Endlich wird auf Ansuchen der sämtlichen hiesigen Advocaten hierdurch erlaubt: daß in Zukunft die Rationes von Urteln, welche von auswärtigen Rechtsgelehrten eingeholt worden sind, jedesmal zu den Acten registrirt und den Partheien auf ihr Verlangen aus der Canzeley, gegen die Gebühr, Abschriften davon ertheilt werden sollen.“


|
15.

 Verwichene Weihnachten schrieb der verdienstvolle Schweinfurthische Ober-Pfarrer, Herr M. Johann Lorenz Schmidt, als Inspector des Gymnasiums, sämtlicher lateinischer und deutschen Schulen, und öffentlicher Lehrer der Gottes-Gelehrsamkeit eine Einladungs-Schrift, zur Anhörung der gewöhnlichen von einem dasigen Gymnasiasten zu haltenden Homilie. Der dem Gymnasiasten , W. A. E. vorgeschriebene Text war 1 Korinth. Kap. 15. v. 22. Die Einladungs-Schrift handelte, was ganz dem Zwecke solcher Schriften gemäß ist, von einer unsern Zeitläuften sehr angemessenen Materie, Gleichheit und Freyheit. Man erkannte auch auswärts (zu Wirzbürg) das Gemeinnützige und unsern Zeiten angemessene in dieser Abhandlung und rieth einem Buchhändler sie nachzudrucken. Das geschah auch wirklich. Die Einladungs-Schrift wurde nochmahls aufgelegt unter dem Titel: Über Gleichheit und Freyheit. Der Zusatz ist aber wohl ein eigner Gedanke des Druckers, als eine Predigt über 1. Kor. 15. v. 22 gehalten von W. A. E. Deutschland. Man hat solches hier nur anmerken wollen, um allen zweydeutigen Urtheilen vorzubeugen; weil der angegebene Vorspruch mit der gelieferten Abhandlung natürlicher Weise nicht die entfernteste Verbindung hat und haben konnte.



  1. Selbst in protestantischen Gesangbüchern gibts hier und da unterm Titel der Paßions-Lieder noch ungleich schlechtere. Solches, kann zur Steuer der [253] Wahrheit nicht verbergen ein warmer Freund des vernünftigen christl. Kirchen-Gesangs. Anmerkung des Einsenders.