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Miscellaneen (Journal von und für Franken, Band 6, 1)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Miscellaneen
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aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 117–128
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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XI.
Miscellaneen.


1
Arnstein den 12 Jan. 1793. 
Seit der Schultheiß Müllerischen Belehrung über die Benutzung der Kartoffeln zu Branntewein, wird das Brennen des Brannteweins aus dieser Frucht im hiesigen Amte auch stark betrieben. Besonders zeichnet sich ein hiesiger Metzger, Johann Georg Leyser, oder vielmehr dessen Frau darin aus, die| ihn trefflich brennt. Sie verkauft die Maas um 271/2 Kr. oder 51/2 hiesigen Baz. und er geht stark ab. Zu Hundsbach und Obersfeld, wo viele Wacholderbeeren wachsen, ziehen sie den Branntewein über diese Beeren, und er wird manchem besser schmecken, als jener über Anis. Nächstens werde ich etwas Kalmus bringen lassen, und auch mit diesem einen Versuch machen. Hier arbeitet man wieder an der Rottung mehrerer Ödungen an den steilsten Bergen, und, wie ich höre, will der Herr Amts-Keller Haas einen Versuch mit der großen Brenn-Nessel machen. Einen Viertel-Mezen Saamen, den er gesammelt hat, will er im nächsten Frühling auf diesen Ödungen aussäen lassen, zum Versuch, ob und in wie weit dasselbige zum Gespinnst zu brauchen sey. Wenn der arme Landmann kein Feld zum Flachs und Hanfbau hat, so kann er Nesseltuch tragen; das ist doch besser, als wenn er ohne Hemd geht.


2.
Coburg den 13ten Jan. 1793. 

 Am verwichenen Neujahrstage ist Herrn Hofprediger Schwarz die Pfarre zu Gauerstadt, eine der besten im ganzen Fürstenthume, auf eine sehr ehrenvolle und huldreiche Art ertheilt worden. Er behält seinen bisherigen Charakter als Hofprediger, und wird erst im Julius dort aufziehen.


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3.
Wirzburg, den 13 Jan. 1793. 
 Für unsere Universität ist seit der Abreise unsers Fürsten nach Bamberg, wo, wie bekannt, immer Beförderungen und Dienstvergebungen noch vorgenommen werden, der Schlag erfolgt, den man schon längst furchtsam ahndete. Herr Hofrath und Professor Seufferth, dieser allgemeine unter uns geschätzte Staats- und Rechtslehrer, ist ihr entrissen und zum geheimen Refendarius im Hochfürstl. Cabinete ernennt worden. Jeder Wirzburgische Patriot mag sich des freuen, so empfindlich und gar nicht leicht zu ersetzen sein Verlust für unsere hohe Schule ist; denn er ist auf einen Posten gestellt, wo er nun recht vielen nützlich werden kann, anstatt daß er es vorher nur unserer studirenden Jugend war. Mit tiefer Einsicht und warmer alles umfassender Menschenliebe verbindet er eine rastlose Thätigkeit; Eigenschaften, die ihn nothwendigerweise jedem getreuen Wirzburgischen Unterthan äusserst achtungswehrt machen; denn, wem kann er zum Referat an seinen gnädigsten Landesherrn seine Sachen zuversichtlicher anvertrauen, als einem Mann, in dem vorerwähnte Eigenschaften so vorzüglich vereiniget sind? Man verspricht sich daher mit Recht von dieser vortrefflichen Wahl unsers gnädigsten Landesvaters die allerglücklichsten Folgen fürs ganze Land,| für Industrie aller Art, und für Beförderung nützlicher Gewerbe und Wissenschaften.


4.

  Die Herren Capläne zu Baunach aus dem Wirzburg. Clerus sind aus dem dasigen Seminar wiederum nach Baunach geschickt, der ängstliche Herr Pfarrer aber von seiner Pfarre Baunach amovirt worden. Ob die Anekdote nun so merkwürdig, und zwar in mehr als einer Rücksicht war, das mag der Unbefangene beurtheilen.


5.
 Das Singen an den Klöpfleins-Nächten hat in Kitzingen noch eben so sein Unwesen, als wie alle andere Übertretungen göttlicher und menschlicher Gebote in der ganzen Welt. Daß aber die Polizey zu Kitzingen dagegen noch keine Vorkehrungen getroffen, ist grundfalsch. An diesen Abenden, so wie am Neu-Jahrs-Tage, wo oft hundert und mehrere Fremde durch Singen und Wünschen bettelten, sind seit 7 Jahren 5 auch 7 gemeine Stadtdiener beordert worden, die singenden und wünschenden Bettler zu verjagen und auszuführen. Es hatte auch immer seine gute Wirkung; nur ist es nie möglich gewesen, alle und jede Betteley dieser Art abzustellen; da 5 oder 7 Menschen unmöglich in einer Stadt von 800 Familien| allem Unfug wehren können; und die Kosten, solchem mit Macht zu wehren, über die Kräfte einer Landstadt gehen. Man verbanne, wenn es möglich ist, alle alten Vorurtheile, schaffe richtigere Kenntnisse der landesherrlichen Befehle und Landesgesetze; und dann gehet gewiß jedes Gute eher in Vollzug, und jedes Böse schleuniger in Vergessenheit. Aber kann dieses die Stadt-Polizey alleine?


6.

 Der bisherige Bibliothekar bey dem dirigirenden Herrn Staatsminister von Hardenberg, Herr J. G. Albrecht, ist bey dem königl. Gymnasium zu Anspach als Lehrer mit dem Prädicat eines Professors, angestellt worden, um vorzüglich über Historie, Geographie, Statistik, Litteraturgeschichte, und auch im Fall, daß der gegenwärtige Plan des Gymnasiums künftig erweitert werden würde, über Handlungswissenschaften Vorlesungen halten zu können.


7.
Nürnberg. 

 Der von der Göttingischen Societät der Wissenschaften auf den 24 Nov. 1792 ausgesetzte Preis über den Feldzug Trajans in Dacien ist Herrn M. Conrad Mannert, Lehrer am hiesigen Gymnasium, der durch seine Geographie der Griechen und Römer rühmlich bekannt ist, zuerkannt worden.


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8.

 Herr D. Johann Ernst Bernhard Emminghaus, ausserordentlicher Professor der Rechte und Universitäts-Syndikus zu Jena, hat den Ruf als ordentlicher Professor der Rechte nach Altdorf erhalten und angenommen.


9.

 Der durch mehrere mineralogische Schriften rühmlichst bekannte Assessor bey dem Bergwerks- und Hütten-Departemente des Generaldirectoriums zu Berlin, Herr Fridrich Heinrich Alexander von Humbold, ist zum Oberbergmeister der Fränkischen Fürstenthümer Anspach und Bayreut ernannt worden.


10.

 Bey Durchlesung des Journals von und für Franken. 5 B. 3 Hft. S. 341. über die Gebrechen der Medizinal-Polizey, Herrn Frühmesser Eberlein zu Gnozheim, im Fürstenthume Oettingen-Spielberg, als Afterarzt betreffend, werde ich veranlaßt folgende Nachrichten mitzutheilen.

 Es sey mir, meines dermahligen von gedachtem Orte sehr entfernten Aufenthalts ungeachtet, erlaubt, den beyläufigen Übergang von der alten zur neuen Medicin-Ausübung zu erzählen. Man wird meine Erzählung um so weniger bezweifeln, als ich nahe bey Gnozheim geboren und erzogen bin, auch mich in den Herbst-Ferien 1760, 1761 und 1762 daselbst aufgehalten habe.

|  Der Herr Frühmesser Eberlein hat die Medicin-Pfuscherey nicht gestohlen, sondern entweder durch Erbschaft, oder, welches glaublicher ist, durch Kauf überkommen: er hat also iustum Titulum.[1]

 Der vormahlige Frühmesser, Herr Raphael Hell, dispensirte viele Jahre lang Arzneyen. Weil nun der Marktflecken Gnozheim die günstigste Lage hat, so hatte er auch zahlreichen Zugang; denn ausser Gunzenhausen, Wassertrüdingen und Herrieden sind weit umher keine ordentlichen Ärzte, und bis Oettingen, Dinkelsbühl, Anspach u. s. w. zu laufen, ist zu entfernt; vom Altmühlgrund war also eine gute Strecke sein Wirkungskreis.

 Vor allem aber muß ich den weiten Abstand zwischen dem Hell und seinem Nachfolger Eberlein bemerken.

 Herr Hell hat die Arzneywissenschaft zu Ingolstadt ordentlich studiret, und daraus bey der Facultät daselbst die Prüfungen erstanden. Alsdann ist er, ohne den Doctorsgrad zu erlangen, als Feldmedicus mit den Kurbayerischen Truppen 1716, 1717 u. s. f. nach Ungarn und den Bannat gegangen, und so lang, als der Krieg gedauert hat, geblieben. Nachher nahm er erst den geistlichen| Stand an, und prakticirte fort; aber nicht aus Gewinnsucht: es galt ihm gleich, ob ihn jemand bezahlen konnte, oder nicht: er machte Gebrauch von seiner Kunst, weil er sah, wie in seinem Bezirke die Kranken ohne sein Zuthun verlassen wären. Er war aus eignen Mitteln mit einer guten Bibliothek aus allen Fächern der Arzneykunde versehen: er war Scheidekünstler, und sammelte bey der besten Gelegenheit der ihm nahen Berge, Thäler und Wälder seine Wurzeln, Kräuter, Blumen u. s. w. er bereitete die meisten zusammengesetzten Arzneyen selbst; kurz er hatte zu seiner Ausübung Werkzeug, Vernunft, Erfahrung und ein gutes Herz.

 Alles dessen ungeachtet darf Niemand denken, daß ihm das Mediciniren nur so gerade zu erlaubt gewesen sey: der Fürst Johann Aloys hat ihm das Frühmesser-Gehalt zu entziehen gedrohet, wofern er nicht abstände: und, weil Herr Hell in seinem Curiren fortfuhr, so wurde ihm solches auch wirklich entzogen.[2]

 Er war als ein 80jähriger Mann durchaus gesund und munter. Er erzählte mir oft lächelnd, daß ihm die Entziehung des Beneficii, gegen sein Mediciniren gerechnet, nichts schade.

 Er hat vieles ersparet, aber auch wieder vieles verloren: denn er war wie eine Sparbüchse,| welche zu Zeiten ausgeleeret wird. War eine Partikel Gelds beysammen in Lumpen eingewickelt, und in einem Winkel des Hauses seiner Meinung nach versteckt, hinter Bücher-Schränken u. s. w. so kamen einer oder zwey Freunde, und hohlten es weg. Er zeigte mit einmahl den Ort im Kühstalle, wohin er ein paar hundert Gulden verborgen hatte, und woraus seine Freunde solches Geld abzulangen sich die Mühe gaben, und setzte am Ende der Erzählung diesen mir lebenslänglich unvergeßlichen Text hiezu: Deus dedit, Diabolus abstulit, sit Nomen Domini benedictum.
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 Alle Herbstferien war ich bey ihm: aber wegen seiner Koch- und Speise-Ordnung konnte ich niemahls länger in jeder Woche, als zwey Tage, höchstens bis den dritten bey ihm bleiben. Diese war also eingerichtet: am Sonntage nach der Frühmesse setzte er selbst (seine Magd war nur zum Viehfüttern da) zwey oder drey Häfen, einen mit meist geräucherten Fleische – den andern mit Gemüse – und vielleicht noch den dritten mit Obst zum Feuer: mit diesen drey Häfen schleppte er sich die ganze Woche durch. Löffel brauchten wir, ausser Sonntags, wenige. Weil nun diese Waaren mehrere Tage alt wurden, so dachte ich: iam foetet, quatriduanus est enim! und lief meiner Heimath zu. Holderbrey,[3] den er Theriaca| Germanorum nennte, war, wie alles aus Obst, am längsten zu genießen. Nachmittags gingen wir spazieren, und nach der Rückkehr führte er mich ins Wirthshaus. Gabs Kranke, so nahm er mich mit sich, wo er mich dann rathen ließ, was ich von dem Zustande hielt, und was für Mittel die dienlichsten wären. Ich war kein Verwandter von ihm, sondern, weil ich ihn einmahl besucht und geäussert hatte, daß ich von seiner Wissenschaft profitiren wollte, so erlaubte er mir zu kommen, so oft, und zu bleiben, so lang, als ich wollte.
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 Herr Hell sagte mir unter andern: wer prakticiren will, muß nolens volens mit dem Urinbesehen sich abgeben, und so was daraus herprophezeihen; zu dem Ende habe er eine Tabelle, welche er mir zeigte, in seinen jüngeren Jahren gebrauchet, bis ihm alles so geläufig, wie das Vater unser, geworden. Ich wollte diese Tabelle gerne deutlicher beschreiben, allein ich fürchte, Herr Eberlein oder andere Pfuscher möchten betrügerischen Gebrauch davon machen; sollte aber Herr Eberlein| sub fide sacerdotali versichern, keinen Mißbrauch damit anzustellen, so will ich (weil ich ihm alsdann glauben muß) solche im Kupferstiche mittheilen. Vielleicht bedarf er aber meiner Hülfe gar nicht: denn wenn er, was ich nicht weiß, des Herrn Hells unmittelbarer Nachfolger geworden ist, so wird er sie gewiß nicht haben verloren gehen lassen.

 So handelte Herr Hell: er beschwor keine Teufel, er hatte nichts mit Hexen, Unholden, oder wie man diese Dinge heisset, zu thun. Vielweniger entehrte er als ein rechtschaffener Mann die Religion: aber, o Eberlein! o Eberlein! wie stehts mit Ihnen? Nicht zufrieden mit der medicinischen Pfuscherey, verpfuschen Sie auch die Religion; noch nicht genug, auch das Priesterthum.

 Hab ich in der Biographie des Herrn Hells zu wenig gesagt, so bitte ich lang und breit, von Herrieden bis Spalt, und von Stadt-Eschenbach bis Maria-Wembding es gütigst zu ersetzen.

 Ich hoffe bald in ihrem Journal zu lesen, daß Herrn Eberlein sein Handwerk gelegt worden, und zwar durch vereinte Verbote seiner geistlichen und weltlichen Herrschaft, welche hierin gewiß eines Sinnes seyn werden.



  1. Erst unlängst hat ein Physikus seine Arzneyen vor seinem Abzuge dem Orts-Bader verkauft; natürlich ist hiemit alles legalisiret; denn die Medicamenten wissen schon, wozu sie Gott erschaffen hat.
  2. Es wäre also Hoffnung, daß das Pfuschen dem jetzigen Herrn Frühmesser auch niedergelegt werden könnte.
  3. Nicht den aus Holdersaft gekochten Brey, welcher auch anderswo Holdersulze genennt wird; [126] sondern wohlzeitige Holderbeeren wurden im Tiegel gedämpfet, sodann im Butter geröstetes Brod darein gethan, welches man erkalten ließ und Abends genoß. Dieser Holderbrey laxirte nicht nur Magen und Gedärme, sondern auch die Ribben.