Zum Inhalt springen

MKL1888:Tertiärformation

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Tertiärformation“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Tertiärformation“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 15 (1889), Seite 601604
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Tertiär
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Tertiärformation. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 601–604. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Terti%C3%A4rformation (Version vom 17.06.2022)

[601] Tertiärformation (hierzu Tafeln „Tertiärformation I u. II“), in der Geologie Schichtenfolge, jünger als die Kreidebildungen und älter als das Diluvium. Der Name ist im Gegensatz zu „primär“ und „sekundär“ als Bezeichnungen der ältern Formationen gewählt, Ausdrücke, welche jetzt fast ganz außer Gebrauch gekommen sind, während speziell tertiär allgemein üblich geblieben ist. Zusammen mit dem jüngern Diluvium (Quartär) und dem noch jüngern Alluvium (Rezent), die wohl auch als Posttertiär zusammengefaßt werden, bildet das Tertiär die känozoische Formationsgruppe im Gegensatz zu der mesozoischen und paläozoischen. Charakteristisch für die Tertiärbildungen ist der große Einfluß, den die Herausbildung der Klimazonenunterschiede auf die Beschaffenheit der damaligen Tier- und Pflanzenwelt ausgeübt hat, während solche klimatische Sonderungen in den ihr an Alter vorausgehenden Formationen nur eben nachweisbar sind. Eigentümlich ist ferner das Zurücktreten oder vollkommene Verschwinden vieler tierischer und pflanzlicher Formen, welche noch dem mesozoischen Zeitalter einen fremdartigen, von unsrer heutigen Schöpfung wesentlich verschiedenen Charakter aufprägten, während im Tertiär Pflanzen und Tiere teils neu auftreten, teils zu dominieren beginnen, welche den uns umgebenden näherstehen. Weiter bietet das Tertiär vorzüglich in seinen jüngern Abteilungen besondere Lagerungsverhältnisse dar: die meisten Vorkommnisse sind auf einzelne, voneinander isolierte Becken beschränkt, und nur von älterm Tertiärmaterial finden sich zusammenhängende, über weite Strecken ununterbrochen verbreitete Ablagerungen. In den isolierten Becken wechseln Schichten, in denen Meeresformen aufgehäuft sind, mit solchen, die brackische Formen oder Süßwasser- und Landorganismen führen, oft in mehrfacher Folge. Einige dieser Eigentümlichkeiten der T., namentlich die zuletzt erwähnten, erschweren die Parallelisierung und Etagierung der Schichten sehr bedeutend. Eine noch jetzt in ihren Grundzügen beibehaltene Einteilung der Tertiärschichten rührt von Lyell (1832) her und beruht auf Verhältniszahlen zwischen ausgestorbenen und noch lebenden Mollusken, welche zuerst von Deshayes berechnet worden waren. Derselbe hatte gefunden, daß in den ältesten Schichten der T. etwa 97 Proz. aller Mollusken Arten angehören, welche sich in unsrer heutigen Schöpfung nicht mehr vorfinden, daß dieser Prozentsatz für die mittlere T. auf etwa 81 sinkt und in den jüngsten Schichten nur noch 48 beträgt, so daß in diesen die Mehrzahl der Versteinerungen sich den Arten der Jetztwelt unterordnen läßt. Lyell fixierte diese drei Stufen als Eocän, Miocän und Pliocän. Neuere Untersuchungen haben zwar diese Zahlen wesentlich korrigiert, im allgemeinen aber doch die Zunahme noch lebender Formen in den jüngern Schichten bestätigt; ja, bei der Vereinzelung vieler tertiärer Ablagerungen bildet dieses prozentige Verhältnis zwischen noch lebenden und schon ausgestorbenen Arten oft die einzige Unterlage für die relative Altersbestimmung. Dagegen hat sich der Sprung vom Eocän zum Miocän als zu groß, dem Intervall zwischen Miocän und Pliocän nicht gleichwertig herausgestellt, weshalb Beyrich (1854) zwischen Eocän und Miocän noch Oligocän einschob. Eine ursprünglich von Mayer herrührende, von andern mannigfaltig geänderte Einteilung der Tertiärschichten unterscheidet zwölf Stufen, die nach hervorragenden Lokalitäten ihres Vorkommens benannt werden, und von denen die Soissonische, Londoner, Pariser und Bartonische dem Eocän, die Ligurische, Tongrische und Aquitanische dem Oligocän, die Mainzer (auch Langhische Stufe genannt), Helvetische und Tortonische dem Miocän und endlich die Piacentische (Messinische) und Astische Stufe dem Pliocän zuzurechnen sein würden. Mayers Originalbezeichnungen sind französisch, z. B. Tongrien, Mayencien, Helvetien etc. Mayer selbst aber trennt die T. in nur zwei Abteilungen: das Alttertiär (Paläogen) und das Neutertiär (Neogen), von denen das erstere Eocän und Oligocän, das letztere Miocän und Pliocän umfaßt. Die „Übersicht der geologischen Formationen“ (s. Geologische Formation) gibt einen Katalog aller wichtigen Tertiärablagerungen, während im folgenden nur einige in geographischer Anordnung besprochen werden sollen.

Zu den ältesten Bildungen der T. gehören die untersten Schichten des Paris-Londoner Beckens, welches schon während der Eocänperiode einer wiederholten Aussüßung unterlag, was sich in dem Wechsel der Versteinerungen deutlich ausspricht. Oft genannt werden die Pariser Grobkalke (Calcaire grossier), reich an Tierresten, von denen die Tafel I Korallen (Turbinolia sulcata), Fischzähne (Carcharodon heterodon), Schnecken (Cerithium hexagonum) und Zweischaler (Crassatella ponderosa) darstellt. Etwas älter ist der Londonthon (London clay), welchem die abgebildete Kauplatte eines Rochens (Myliobatus punctatus, s. Tafel I) entstammt, noch älter die Tanetthone und -Sande, jünger die plastischen Thone von Barton und Bembridge, aus denen als Repräsentanten von Süßwasserschnecken Lymnaeus pyramidalis und Planorbis discus abgebildet sind (s. Tafel I). Die jüngern Schichten des Beckens fallen dem Oligocän zu, so namentlich die Gipse des Montmartre (Paläotherienschichten), an dessen reiche Reste (Palaeotherium, Anoplotherium commune, s. Tafel II) sich die berühmten Untersuchungen Cuviers anknüpften, sowie der Sandstein von Fontainebleau. An der Grenze zwischen Oligocän und Miocän stehen die Süßwasserkalke von La Beauce, und ungefähr gleichalterig sind die Indusienkalke der Auvergne, mit Phryganeenhülsen (Indusien), die aus kleinen zusammengekitteten Konchylien bestehen, durchspickte [602] Kalke. Noch jünger sind die Faluns der Touraine und der Bretagne, muschelreiche Sande und Mergel, aus denen Tafel I einen Seestern (Scutella striata) abbildet. In England sind außerdem pliocäne Schichten vertreten, der sogen. Crag, der sich in mehrere Etagen gliedern läßt. Eine rein marine Facies des Untertertiärs ist die Nummulitenformation. Wenn auch für diese die früher vorausgesetzte Gleichartigkeit nicht besteht, die betreffenden Gesteine vielmehr verschiedenen Altersstufen untergeordnet werden müssen, so sind doch die Altersunterschiede dieser aus Kalksteinen, Sandsteinen und Schiefern bestehenden überaus mächtigen Ablagerungen gering: es entsprechen die ältesten etwa dem Pariser Grobkalk, die jüngsten der untern Abteilung des Oligocäns. Kalksteine und Sandsteine sind mitunter überreich an großen Foraminiferen (Nummuliten, s. Tafel I u. beistehende

Nummulitenkalk.

Textfigur); die Schiefer (Flysch, s. übrigens auch Kreideformation) führen Fucus-Arten. Wesentlich unterscheidet sich die Bildung von dem in abgeschlossenen Becken auftretenden Tertiär durch die an ältere Formationen erinnernde Mannhaftigkeit der Entwickelung nach vertikaler Mächtigkeit und horizontaler Erstreckung. In den Ländern am Mittelmeer beginnend, beteiligen sich Nummulitengesteine an der Zusammensetzung der Pyrenäen, Alpen, Apenninen und Karpathen, durchziehen Kleinasien, sind im Himalaja vertreten und von den Sundainseln, China und Japan bekannt. In verschiedenen Niveaus führen sie fischreiche Schichten, so in einem tiefern, am Monte Bolca in Norditalien (s. Rhombus minimus, Tafel I), mit denen auch die Basalttuffe von Ronca fast gleichalterig sind, in einem höhern ein schwarzes, den alten Thonschiefer vollkommen gleichendes Gestein, den Fischschiefer von Glarus (Glarner Schiefer), in noch höherm Niveau (Ungarn) solche mit Meletta crenata. In mehreren der genannten Gebirge, den Pyrenäen, Alpen und dem Himalaja, steigen die Nummulitengesteine bis zu sehr bedeutenden Meereshöhen (im Himalaja bis über 5000 m) hinauf, ein Beweis, daß die Hebung dieser Gebirge erst in einer spätern Periode als in der des Alttertiärs erfolgt sein muß. Daß die mit den Sammelnamen „Wiener Sandstein“ (in den Südalpen Macigno) und „Karpathensandstein“ bezeichneten Schichten ebenso wie der Flysch nur teilweise hierher gehören, teilweise aber zur Kreideformation, wurde dort erwähnt. An einzelnen Stellen, namentlich in Bayern, werden die Nummulitengesteine glaukonitisch und eisenführend, so daß sie als Eisenerze gefördert werden (Sonthofen, Kressenberg); an andern Orten in den Alpen (Häring, Reit im Winkel) finden sich kohleführende Schichten. Ungefähr gleichalterig, teils oligocän, teils miocän, sind die besonders für Württemberg und die Schweiz wichtigen Bohnerze, welche kleine Becken oder Ausfüllungen von schlotähnlichen Vertiefungen in Jurakalken bilden, denen sie wegen dieser lokalen Verknüpfung lange beigezählt wurden, während ihre Reste (Säugetierknochen und Zähne) sie der T. zuweisen. Molasse ist kein streng geologischer Begriff, sondern eher ein petrographischer und bezeichnet meist feinere, lockere Sandsteine, besonders typisch in der Schweiz, aber auch in Oberschwaben entwickelt. Die Annahme einer Molassenformation hat nach genauern paläontologischen Untersuchungen weichen müssen; es gehören diese Bildungen verschiedenen Stufen des obern Oligocäns und des Miocäns an und bergen teils meerische, teils Süßwasserformen. Aus der Meeresmolasse bildet die Tafel I den Haifischzahn, Notidanus primigenius, ab. Der obern Süßwassermolasse, dem mittlern Miocän, werden auch die Kalke von Öningen in Oberbaden zugerechnet, welche einen ganz außerordentlichen Reichtum an pflanzlichen und tierischen Formen enthalten, unter den letztern jenen Riesensalamander (Andrias Scheuchzeri, s. Tafel II), den Scheuchzer 1732 als Homo diluvii testis beschrieb. Auch Nagelfluh ist ein petrographischer Begriff: die mit diesem Namen belegten polygenen Konglomerate gehören teils zum obern Oligocän, teils zum Miocän. Die Schichten, welche im W. Deutschlands das Mainzer Becken auf beiden Seiten des Rheins, mainaufwärts bis Aschaffenburg, nördlich zwischen Taunus und Vogelsberg bis gegen Gießen, bilden, sind teils Oligocän, teils Miocän. Zu ersterm zählen unter anderm die Meeressande, unter deren Resten namentlich die einer Seekuh (Halianassa) bemerkenswert sind, die Septarien- oder Rupelthone, die Landschneckenkalke, die Cerithienschichten und Cyrenenmergel. Dem Miocän werden Kalke, oft ganz erfüllt mit einer kleinen Schnecke (Litorinella), und Sandsteine mit Pflanzenabdrücken, sogen. Blättersandsteine (z. B. von Münzenberg in Hessen), beigerechnet und als jüngste Etage die Eppelsheimer Sande (Dinotheriensande), welche viele Säugetierreste, unter ihnen Rhinoceros (s. Tafel II) und Dinotherium (s. Tafel II), enthalten. Von dem großen Wiener Becken sind höchstens die ältesten Schichten dem Oligocän beizuzählen; das Gros der Bildung gehört dem Miocän, bis zu der jüngsten Stufe hinauf, an. Lokale Benennungen sind, von unten nach oben geordnet: der Leithakalk (Nulliporenkalk), ein fast nur aus Versteinerungen bestehender Kalk, der Tegel, ein kalkhaltiger Thon, beide wohl parallele Facies einer und derselben Bildungsperiode, Cerithienschichten, Kongerienschichten, oberer Tegel, Belvedereschichten. Gleichalterig sind die wichtigen Steinsalzablagerungen in Galizien (Wieliczka, Bochnia) und in Siebenbürgen (Kalusz), von denen Wieliczka jährlich gegen 11/2 Mill. Ztr. Steinsalz liefert. In Norddeutschland sind zahlreiche Tertiärbildungen bekannt, durch Bedeckung seitens jüngerer Schichten in eine große Anzahl kleiner Becken geteilt und meist dem Oligocän angehörig. Als technisch wichtiges Produkt führen diese Schichten Braunkohlen, unter denen die der Rhön, der Wetterau und des Niederrheins jünger als die Ostdeutschlands und als die Bernstein führenden Schichten des Samlandes sind. Zwischen diesen kohleführenden Schichten sind marine Niveaus entwickelt, wie die Sande von Egeln, die Sande der Kasseler Gegend, die Kiese von Mecklenburg [603] mit den Sternberger Kuchen (versteinerungsreiche Konkretionen). Italien besitzt außer den oben erwähnten alttertiären Gesteinen auch weit jüngere, die als Subapenninenformation zusammengefaßt werden. Sie sind bis zu mehreren Hunderten von Metern mächtig und reich an Arten, welche fast ausnahmslos mit noch lebenden mittelmeerischen oder tropischen identisch sind. Tafel I gibt einen Taschenkrebs (Cancer macrocheilus) aus diesen Schichten. Auch jenseit des Ozeans, in Nordamerika, sind zahlreiche Tertiärbildungen bekannt, welche reiche Funde, namentlich an höhern Tieren, geliefert haben. In Grönland treten Braunkohlen auf, welche einen Rückschluß auf das damals herrschende Klima gestatten. Die Kalktuff- und Lehmschichten aber, welche in riesigen Ablagerungen die Pampas am La Plata-Strom in Südamerika bilden, und von deren Riesenformen Tafel II einige Abbildungen (Glyptodon, Megatherium, Mylodon) gibt, werden jetzt nicht mehr wie früher dem Jungtertiär, sondern dem Diluvium (s. d.) zugerechnet.

Unter den Pflanzenformen, zunächst des Alttertiärs, spielen besonders die Koniferen (Taxites, Taxoxylon, Cupressinoxylon, Sequoia) eine hervorragende Rolle als kohlebildende Pflanzen, von denen auch der Bernstein geliefert wurde, der sich aber meist fern von den erzeugenden Pinus-Arten auf sekundärer Lagerstätte in glaukonitischen Sanden vorfindet. Die Thone, Sandsteine und Schiefer führen Reste von Chondrites-Arten (in meerischen Schichten), Palmen, Pandanen, Seerosen, Feigen, immergrünen Eichen, Lorbeer, Sandelbäumen, Myrten und Proteaceen, während die Sagobäume ganz zurücktreten. Die sämtlichen Pflanzen des Alttertiärs tragen einen tropischen Charakter an sich, wie denn auch die Land- und Süßwasserkonchylien ihre nächsten Verwandten unter den heutigen Arten von Ostasien, Polynesien und Indien haben. Auch nach den Pflanzenformen des Neogens, unter welchen 119 Arten Monokotyledonen und gegen 500 Arten Dikotyledonen gezählt werden, berechnet O. Heer für die verschiedenen Fundorte eine gegen 9° C. höhere Mitteltemperatur während der Neogenzeit, als heute an denselben Orten herrscht. Er nimmt an:

  Mitteltemperatur zur
frühern Miocänzeit   spätern Miocänzeit
in Oberitalien 22° 20°
in der Schweiz 201/2° 181/2°
bei Danzig 16°
in Schlesien 15°
in Nordisland

Unter den Tierformen der T. sind die Molluskenordnungen schon ganz in dem für die Jetztwelt bestehenden Verhältnis vertreten. Zweischaler und Schnecken überwiegen; Brachiopoden und namentlich Cephalopoden, noch in der Kreide in großartigem Formenreichtum entwickelt, treten vollkommen zurück. Gleiches Schicksal teilen die Krinoideen, die Meeressaurier und Flugsaurier. Weitaus das meiste Interesse unter den tertiären Tierformen erregen die Säugetiere, teils weil sie im Gegensatz zu der in ältern Formationen allein vertretenen Ordnung der Beuteltiere viel mannigfaltigere Typen aufweisen, teils weil sie gewisse in der heutigen Schöpfung nur lückenhaft entwickelte Ordnungen ergänzen. Schon im Alttertiär treten Wale auf, so das aus Alabama stammende, 15 m lange Zeuglodon (Tafel II), besonders aber Mischlingstypen zwischen den Wiederkäuern und Dickhäutern, wie Palaeotherium und Anoplotherium (Tafel II). Daneben kommen vereinzelt Fledermäuse, Raubtiere, Nager, Insektenfresser und Affen vor, während Funde in Nordamerika die abenteuerlichen Gestalten des Loxolophodon und Dinoceras geliefert haben, sechsfach gehörnte Tierkolosse, welche gewisse Merkmale des Tapirs, des Rhinozeros und des Elefanten in sich vereinigen. Für das Neogen sind vor allen die Mastodonten (Tafel II), Elefanten mit vier Stoßzähnen und eigentümlichen, nicht blätterig, sondern zitzenförmig gebauten Zähnen, charakteristisch, daneben Dinotherium (Tafel II), ein riesiges Rüsseltier mit abwärts laufenden Stoßzähnen, in der übrigen Bezahnung an den Tapir erinnernd. Ferner treten gehörnte und ungehörnte Rhinozerosarten, Giraffen, Antilopen, Hunde, Raubtiere sowie einige Affen auf, von denen Dryopithecus (Tafel II) ein besonderes Interesse erregt, weil seine Bezahnung der des Menschen so nahe steht, daß einzelne aufgefundene Zähne lange Zeit für menschliche gehalten wurden. Endlich birgt das Jungtertiär in Anchitherium und Hipparion Stammformen unsers Pferdes.

Die Produkte der vulkanischen Thätigkeit während der Tertiärperiode sind Basalte, Andesite, Trachyte und Phonolithe, meist mit Laven historischen Ursprungs petrographisch vollkommen übereinstimmend. Ihre als Tuffe ausgebreiteten Zertrümmerungsprodukte sind durch Wechsellagerung mannigfaltig mit rein sedimentärem Material verknüpft und führen oft als einen greifbaren Beweis gleichzeitiger Bildung tertiäre Petrefakten. Im schroffen Gegensatz zu der Seltenheit vulkanischen Materials, welches gleichalterig mit Kreide-, Jura- und Triasgesteinen ist, sind die Eruptivgesteine tertiären Alters äußerst zahlreich. In Deutschland gehören hierher die isolierten Basalt- und Phonolithkuppen des Hegaues, die Basalte der Alb, die Tuffe und Bomben im Ries, die vulkanischen Gesteine des Kaiserstuhlgebirges, die Umgebungen des Laacher Sees, die der Eifel, des Siebengebirges, Westerwaldes, Vogelgebirges, Habichtwaldes und Meißners, der Rhön, die isolierten Partien im Thüringer Wald, Fichtelgebirge, Erzgebirge und Riesengebirge. Gleichalterig sind ferner die nordböhmischen, ungarischen und siebenbürgischen Territorien vulkanischen Materials. Hierzu gesellen sich weiter die Gebiete in Zentralfrankreich, in Norditalien, in Schottland, Irland, auf den Shetlandinseln, den Färöern und Island. Auch im Süden Europas begann die heute noch andauernde vulkanische Thätigkeit schon während der Tertiärzeit. Gleich zahlreiche Belege für die großartige Entwickelung der Vulkane in der T. wären auch aus außereuropäischen Ländern beizubringen.

Vgl. Beyrich, Über den Zusammenhang der norddeutschen Tertiärbildungen (Berl. 1856); v. Ettingshausen, Die Tertiärflora der österreichischen Monarchie (Wien 1851); die Schriften von Heer: „Flora tertiaria Helvetiae“ (Zürich 1854–58), „Urwelt der Schweiz“ (2. Aufl., das. 1878), „Über das Klima und die Vegetationsverhältnisse des Tertiärlands“ (Winterthur 1860) und „Flora fossilis arctica“ (Zürich u. Winterthur 1868–75, 3 Bde.); Hörnes u. Reuß, Die fossilen Mollusken des Tertiärbeckens von Wien (Wien 1851–71, 2 Bde.); v. Könen, Über die Parallelisierung des norddeutschen, englischen und französischen Oligocäns (Berl. 1876); Sandberger, Untersuchungen über das Mainzer Tertiärbecken (Wiesbad. 1853); Derselbe, Die Konchylien des Mainzer Tertiärbeckens (das. 1863); Lepsius, Das Mainzer Becken (Darmst. 1883); Sueß, Der Boden der Stadt Wien (Wien 1862); Fuchs, Erläuterungen zur geologischen Karte der Umgebung Wiens (das. 1873); Derselbe, Übersicht der jüngern Tertiärbildungen [604] des Wiener Beckens etc. (Berl. 1877); Karrer, Geologie der Franz Joseph-Hochquellenwasserleitung (Wien 1877).

[Ξ]

Tertiärformation I.
Crassa­tella ponderosa (Art. Muscheln), äußere Seite. Cancer macro­cheilus. (Art. Krabben.) Crassa­tella ponderosa, innere Seite.
Nummu­lites, Horizontal­durch­schnitt der Schale. (Art. Nummu­liten.) Scutella striata. (Art. Echinoideen.) Nummu­lites nummularia, von oben.
Nummulites, von der Seite.
Limnaeus pyrami­dalis. (Art. Schlamm­schnecke.) Rhombus minimus. (Art. Fische.) Cerithium hexa­gonum. (Art. Schnecken.)
Turbinolia sulcata. (Art. Korallen.) Zähne von Notidanus primigenius. (Art. Selachier.) Planorbis discus. (Art. Lungenschnecken.)
Kauplatte von Myliobatus punctatus. (Art. Selachier.) Zahn von Carcharodon heterodon. (Art. Selachier.)

[Ξ]

Tertiärformation II.
Schädel von Rhinoceros incisivus. (Art. Huftiere.) Zeuglodon macro­spondylus, restauriert. Verkleinerung 1/100. (Art. Wale.) Anoplotherium commune, restauriert. (Art. Huftiere.)
Glyptodon clavipes. (Art. Zahnlücker.) Platte mit einem Abdruck von Andrias Scheuchzeri. Kopf, Vorderfüße und Rücken­wirbel­säule sind erhalten. (Art. Andrias.) Backenzahn von Mastodon australis. (Art. Mastodon und Rüsseltiere.)
Kopf des Dinotherium giganteum, sehr stark verkleinert. (Art. Dinotherium und Rüsseltiere.) – Backenzahn von Dinotherium giganteum, von der Krone aus gesehen, sehr stark verkleinert. Unterkiefer von Dryopithecus Fontani; natürliche Größe, a zerbrochener Eckzahn. (Art. Affen.)
Mylodon robustus, restauriert. (Art. Megatherium und Zahnlücker.) Skelett des Megatherium Cuvieri. (Art. Megatherium und Zahnlücker.)