MKL1888:Preußisch-deutscher Krieg
[380] Preußisch-deutscher Krieg, der 1866 in Deutschland zwischen Österreich und seinen Verbündeten einerseits, Preußen anderseits geführte Krieg um die Hegemonie in Deutschland. Die Ursache des Kriegs war die Nebenbuhlerschaft Österreichs und Preußens in Deutschland seit dem Emporkommen des letztern unter Friedrich d. Gr., welche bisher jeden Versuch einer Einigung Deutschlands vereitelt und schon 1848 einen großen Teil der deutschen Nation zur Überzeugung geführt hatte, daß dieser verderbliche Dualismus der deutschen Großmächte nur durch Ausstoßung der einen, nämlich Österreichs, aus Deutschland beseitigt werden könne. Den nächsten Anlaß zum Krieg bot die schleswig-holsteinische Frage, über welche Österreich und Preußen in einen Konflikt geraten waren, der durch die Gasteiner Konvention vom 14. Aug. 1865 nicht gelöst, sondern nur vertagt war (s. Deutschland, S. 898). Der Notenwechsel beider Mächte über die Verhältnisse der Herzogtümer wurde immer gereizter, die preußenfeindlichen Anträge der Mittelstaaten beim Bund immer entschiedener, und 16. März 1866 gab Österreich in einer Note an die befreundeten deutschen Höfe offen die Absicht kund, die schleswig-holsteinische Sache dem Bund anheimzugeben und die deutschen Streitkräfte gegen Preußen aufzubieten. Dieses schloß hierauf 8. April 1866 die Allianz mit Italien, welche Italien zum Kriege gegen Österreich verpflichtete, wenn derselbe innerhalb dreier Monate ausbrach, dagegen ihm den Besitz Venetiens sicherte, und stellte 9. April beim Bunde den Antrag, eine aus direkten Wahlen und allgemeinem Stimmrecht der ganzen deutschen Nation hervorgehende Versammlung zur Beratung einer Bundesreform zu berufen.
Da in Preußen (s. d., S. 376) der Verfassungskonflikt aufs heftigste entbrannt war und daselbst, besonders in den westlichen Provinzen, Demonstrationen für den Frieden und gegen den deutschen Bruderkrieg stattfanden, so waren Österreich und die mit ihm verbündeten Mittelstaaten des Siegs gewiß und verteilten bereits insgeheim die Beute: Österreich verlangte für sich Schlesien mit Breslau, Sachsen die Lausitz und einen Teil von Niederschlesien, Hannover ein Stück von Westfalen, Württemberg Hohenzollern, Bayern einen Teil der Rheinprovinz. Die beiderseitigen Rüstungen hatten schon im März begonnen, im April wurde über eine Abrüstung verhandelt, welche jedoch an der Weigerung Österreichs, sie auch in Italien vorzunehmen, scheiterte. Am 4. und 8. Mai wurde die Mobilmachung der preußischen Armee befohlen und die Landwehr aufgeboten, in den Mittelstaaten verlangten die Regierungen von den Landtagen Militärkredite und erhielten sie meist bewilligt; 1. Juni übertrug Österreich die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Angelegenheit dem Bund, indem es gleichzeitig die von den neutralen Großmächten vorgeschlagenen Friedenskonferenzen dadurch unmöglich machte, daß es gegen jede Gebietserweiterung und jeden Machtzuwachs einer der eingeladenen Mächte von vornherein protestierte. Am 5. Juni berief der österreichische Statthalter v. Gablenz die holsteinischen Stände auf 11. Juni nach Itzehoe zusammen, 7. Juni rückte Manteuffel von Schleswig in Holstein ein, weil der Gasteiner Vertrag dadurch gebrochen und ungültig sei, worauf die Österreicher Holstein räumten, und 11. Juni stellte Österreich beim Bundestag den Antrag, weil Preußen zu unerlaubter Selbsthilfe in Holstein gegriffen, die Bundesarmee mit Ausnahme des preußischen Kontingents mobil zu machen, welcher Antrag 14. Juni mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen wurde. Der preußische Gesandte v. Savigny erklärte hierauf, daß Preußen den bisherigen Bund als aufgelöst betrachte, und legte einen neuen Bundesvertrag vor, der Österreich ausschloß und eine starke Zentralgewalt mit Parlament verlangte. Hiermit war der Krieg erklärt. Am 17. Juni erließ der Kaiser von Österreich, 18. Juni der König von Preußen sein Kriegsmanifest.
Die geographische Lage zwang Preußen, sich vor allem Norddeutschland zu versichern. Es erließ daher 15. Juni an Hannover, Sachsen und Kurhessen ein Ultimatum, in welchem es die dortigen Regierungen zur unbewaffneten Neutralität und zum Beitritt zum neuen Bund aufforderte und dafür ihren Besitzstand und ihre Souveränität nach Maßgabe der neuen Bundesverfassung gewährleistete. Sofort nach Anlehnung des Ultimatums rückten 16. Juni preußische Truppen von allen Seiten in Hannover, Kurhessen und Sachsen ein. Die Könige von Sachsen und Hannover verließen mit ihren Truppen ihre Hauptstädte, der Kurfürst von Hessen wurde gefangen, sein Kontingent entkam nach dem Süden.
Während Österreich gegen Italien den Krieg nur verteidigungsweise zu führen beschloß und bloß 85,000 Mann unter dem Erzherzog Albrecht im Festungsviereck aufstellte, vereinigte es seine Hauptarmee, 247,000 Mann, für den Krieg gegen Preußen; hierzu kamen 140,000 Mann deutsche Hilfstruppen. Davon wurden 270,000 Mann (Österreicher und Sachsen) unter Benedek in Böhmen und Mähren aufgestellt, 120,000 Mann blieben im Westen und Süden Deutschlands. Preußen verfügte über 300,000 Mann. Hiervon wurden 45,000 Mann für den Krieg in Deutschland bestimmt, mit 255,000 Mann beschloß man den Krieg gegen Österreich zu führen. Den Oberbefehl übernahm König Wilhelm I. selbst, Moltke war sein Generalstabschef. Das Zentrum bildete die erste Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl in der Lausitz, den linken Flügel die zweite Armee unter dem Kronprinzen in Schlesien, den rechten die Elbarmee unter dem General Herwarth v. Bittenfeld in Sachsen. Der Krieg wurde demnach zu gleicher Zeit auf drei Schauplätzen geführt: in Böhmen, in Deutschland und in Italien.
Der Operationsplan des österreichischen Generals Krismanitsch wählte von vornherein die Defensive. Die Nordarmee wurde um Olmütz in Mähren zusammengezogen, um Wien zu decken, und nicht bloß die Verbindung mit den süddeutschen Kontingenten wurde aufgegeben, sondern auch Sachsen geopfert. Erst als man erkannte, daß Preußen nicht bloß in Schlesien, sondern auch in der Lausitz und in Sachsen seine Streitkräfte konzentrierte, wurde die Armee nach Böhmen in Marsch gesetzt, um zwischen der obern Elbe und der Iser Stellung zu nehmen. Diese Gegend, das Plateau von Gitschin, war auch das Ziel der preußischen Armee, welche Ende Juni an drei Stellen die böhmische Grenze überschritt: die Elbarmee bei Schluckenau, die erste bei Reichenberg, die zweite bei Liebau und Nachod. Da Benedek noch in seinem Flankenmarsch von Olmütz auf Josephstadt begriffen war, so wurde keiner dieser Pässe den Preußen streitig gemacht. Der Kronprinz von Sachsen und Clam-Gallas (1. Korps) hatten den Befehl erhalten, nur die Iserlinie zu halten. Clam-Gallas erwartete deshalb bei Münchengrätz die Elbarmee, die 26. Juni bei Hühnerwasser seine Vorhut zurückwarf. In der Nacht zum 27. bemächtigte sich die [381] erste Armee des Flußübergangs bei Podol, Clam-Gallas wurde 28. Juni aus seiner Stellung am Muskyberg bei Münchengrätz herausgeworfen, und 29. Juni wurden Österreicher und Sachsen nach heftigem, verlustreichem Gefecht bei Gitschin von der ersten Armee gezwungen, in ziemlicher Unordnung auf Smidar zurückzugehen. Inzwischen war es auch der zweiten Armee, der des Kronprinzen, gelungen, die Gebirgspässe zwischen Schlesien und Böhmen zu überschreiten. Benedek warf dem 5. preußischen Korps nach Nachod bloß das 6. (Ramming), dem 1. preußischen Korps nach Trautenau das 10. (Gablenz) entgegen, von denen am 27. das 6. von Steinmetz zurückgeschlagen wurde, das 10. zwar Bonin bei Trautenau besiegte und auf Liebau zurückwarf, aber am 28. von der Garde bei Soor in der Flanke angegriffen und mit großen Verlusten geschlagen wurde. Bei Skalitz warf Steinmetz 28. Juni auch das 8. Korps unter dem Erzherzog Leopold zurück und erreichte am 29., nachdem er das 4. Korps aus seiner starken Position bei Schweinschädel verdrängt hatte, bei Gradlitz die Elbe, welche das Gardekorps an demselben Tag bei Königinhof erreichte. Indem die erste Armee 1. Juli bis Miletin und Horitz vorrückte, hatte das preußische Heer den konzentrischen Vormarsch in Böhmen glücklich vollendet, seine Fronte von 300 auf 40 km verkürzt und seine strategische Vereinigung zu gemeinsamen Operationen in demselben Augenblick bewerkstelligt, in dem König Wilhelm von Reichenberg aus den Oberbefehl über die vereinigten Streitkräfte übernahm.
Dem gegenüber befand sich die österreichische Armee bereits in höchst ungünstiger Lage: die Gefechte der letzten Junitage hatten über 30,000 Mann und 16 Geschütze gekostet und den moralischen Halt der Truppen, besonders aber das Vertrauen des Oberfeldherrn Benedek in sich, sein Heer und die Sache, für die er focht, merklich erschüttert. Benedek riet sogar in einem Telegramm vom 2. Juli zum Frieden um jeden Preis. Jedoch faßte er sich wieder und nahm 2. Juli zwischen der Bistritz und Elbe auf einem hügeligen Terrain nördlich der Festung Königgrätz eine feste Stellung, in welcher er den Angriff des Gegners erwartete. Da das preußische Hauptquartier 2. Juli abends von der Stellung der Österreicher unterrichtet wurde und sofort die Befehle zum Angriff an alle drei Armeen erließ, so fand 3. Juli auf den Höhen von Chlum die Entscheidungsschlacht von Königgrätz (s. d.) statt. Obwohl die völlige Vernichtung der österreichischen Armee dadurch verhindert wurde, daß das preußische Hauptquartier, selbst nicht über die Tragweite des errungenen Erfolgs im klaren, 4. und 5. Juli die energische Verfolgung unterließ, so daß sich Benedek in drei Kolonnen in das befestigte Lager nach Olmütz retten und dort sein Heer neu ordnen konnte, so waren die politischen und strategischen Wirkungen des Königgrätzer Siegs außerordentlich. Die österreichische Regierung warf sich jetzt ohne Rückhalt in Napoleons Arme und trat ihm 4. Juli die Provinz Venetien ab, deren Besitz die österreichische Südarmee erst 24. Juni durch den Sieg über die Italiener bei Custozza von neuem gesichert hatte. Sie hoffte hierdurch nicht bloß die Neutralität Italiens, sondern auch die energische Intervention Frankreichs zu ihren gunsten zu erlangen. Jedoch Italien weigerte sich, sein Bündnis mit Preußen zu brechen, und Napoleon, dessen auf die gegenseitige Aufreibung Österreichs und Preußens berechneten Plan der Sieg von Königgrätz durchkreuzt hatte, war infolge der mangelhaften Ausrüstung seines Heers nicht in der Lage, mehr als seine guten Dienste für die Vermittelung des Friedens anzubieten. Inzwischen näherte sich nach einer kurzen Rast auf dem Schlachtfeld von Königgrätz das preußische Heer mit bedrohlicher Geschwindigkeit der österreichischen Hauptstadt. Am 13. Juli hielt König Wilhelm in Brünn seinen Einzug, am 16. erreichte die Avantgarde des Prinzen Friedrich Karl den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Lundenburg und sperrte den direkten Weg von Olmütz nach Wien und Preßburg; an demselben Tag drang die Elbarmee bis Hollabrunn, 45 km von Wien, vor; 17. Juli schlug der König sein Hauptquartier in Nikolsburg, 70 km von Wien, auf. Als daher die Österreicher sich zur Wiederaufnahme des Kampfes anschickten, welchen der zum Oberbefehlshaber ernannte Sieger von Custozza, Erzherzog Albrecht, leiten sollte, und alle erreichbaren Streitkräfte der Nord- und Südarmee zur Verteidigung Wiens herangezogen wurden, konnten aus Italien doch nur 50,000 Mann herbeigeschafft werden und die Nordarmee unter Benedek nur auf einem beschwerlichen Umweg über die Kleinen Karpathen und durch das Thal der Waag die Donau bei Preßburg erreichen. Bereits war aber dieser wichtige Punkt in Gefahr, den Österreichern entrissen zu werden. Die preußische Division Fransecky hatte 22. Juli im Gefecht von Blumenau die österreichische Brigade Mondl, welche Preßburg deckte, schon umgangen, als Eilboten den Abschluß einer Waffenruhe verkündeten.
Zwar hatte Erzherzog Albrecht einen zuversichtlichen Armeebefehl erlassen, und bei Floridsdorf waren rasch Schanzen aufgeworfen worden. Indes die Preußen standen vor den Thoren Wiens in einer Stärke, die größer war als bei Beginn des Kriegs, trotz der blutigen Kämpfe, der anstrengenden Märsche, der zahlreichen Detachierungen und trotz der verheerenden Wirkungen der Cholera. 660,000 Mann hatte Preußen am Ende des Kriegs unter den Waffen und war entschlossen, den Krieg bis zur Entscheidung mit aller Energie fortzusetzen. Bereits sammelte Klapka in Oberschlesien eine meist aus ungarischen Kriegsgefangenen gebildete ungarische Legion, um das seit 1849 von Österreich geknechtete Land zum Aufstand aufzurufen. Der Sieg, den Tegetthoff 20. Juli bei Lissa über die italienische Flotte erfocht, machte Italien den Abschluß eines Separatfriedens erst recht unmöglich und zwang es, weniger aus Rücksicht auf Preußen als auf den Unwillen und die Ungeduld der Nation, die Operationen zu Lande gegen Venetien, welche seit Custozza gestockt, wieder aufzunehmen. Unter diesen Umständen zeigte sich Österreich zum Frieden bereit, und 21. Juli kam in Nikolsburg eine fünftägige Waffenruhe vom 22. bis 27. Juli zu stande, während welcher die Bedingungen des Friedens festgesetzt werden sollten. Diese Waffenruhe erstreckte sich nur auf den Krieg zwischen Preußen und Österreich. Der Waffenstillstand mit Italien kam erst 12. Aug. in Cormons zu stande, nachdem Cialdini, ohne Widerstand zu finden, Venetien, mit Ausnahme der Festungen, fast ganz besetzt hatte. Ebenso dauerte der Krieg in Süddeutschland fort.
Durch sein rasches Vorgehen unmittelbar nach dem Bundesbeschluß vom 14. Juni hatte sich Preußen auch gegen die deutschen Mittelstaaten in Vorteil gesetzt. Obwohl es nur drei Divisionen (Goeben, Manteuffel und Beyer), im ganzen 45,000 Mann, die sogen. Mainarmee, unter dem General Vogel v. Falckenstein für den Krieg gegen die deutschen Verbündeten Österreichs verwendete, so erreichte es damit doch völlig seinen Zweck, da die Mittelstaaten an den Ernst des [382] Kriegs gar nicht geglaubt und nicht nur unvollkommen gerüstet hatten, sondern auch den Krieg selbst ohne jede ihres Zweckes bewußte Energie führten. Zunächst gelang es, die hannöversche Armee, welche zwar noch rechtzeitig bei Göttingen gesammelt worden war, dann aber tagelang plan- und ziellos zwischen dem Harz und Thüringer Wald hin und her zog und auf die Ankunft des bayrischen Heers harrte, welches seinerseits die Hannoveraner südlich des Thüringer Waldes erwartete, in dem blutigen Gefecht bei Langensalza (27. Juni) zu stellen und 29. Juni zur Kapitulation zu zwingen. Hierauf rückte Falckenstein 2. Juli über den Thüringer Wald gegen die Bayern, welche in der Stärke von 40,000 Mann unter dem Prinzen Karl von Bayern im Begriff waren, vom Thal der Werra sich nach dem der Fulda zu wenden, um dem aus Württembergern, Hessen, Badensern, Nassauern und Österreichern gebildeten 8. Bundesarmeekorps unter dem Prinzen Alexander von Hessen, das von Frankfurt a. M. sich ebenfalls Fulda näherte, die Hand zu reichen. Am 4. Juli lieferte die Division Goeben den Bayern das Gefecht bei Dermbach, welches den Prinzen Karl veranlaßte, sich durch die Rhön hinter die Fränkische Saale zurückzuziehen. Eine einzige preußische Granate, welche am 4. bei Hünfeld in zwei Kürassierschwadronen eine verheerende Wirkung hervorbrachte, scheuchte die ganze bayrische Kavallerie unter dem Prinzen Thurn und Taxis bis nach Schweinfurt zurück. Der Prinz Alexander wich einem jeden Zusammenstoß sofort nach Westen aus. Falckenstein erzwang darauf 10. Juli die Saalübergänge bei Hammelburg und Kissingen, wo es zu einem blutigen Zusammenstoß kam, wandte sich plötzlich nach Westen den Main abwärts gegen das 8. Bundeskorps, schlug 13. Juli die Hessen bei Laufach, zersprengte 14. Juli bei Aschaffenburg die österreichische Brigade Neipperg und besetzte 15. Juli Frankfurt. Hier wurde Falckenstein abberufen und Manteuffel zum Oberbefehlshaber der Mainarmee ernannt. Dieser bekam den Befehl, in Süddeutschland so weit wie möglich vorzudringen, während gleichzeitig eine aus preußischen und mecklenburgischen Truppen gebildete Reservearmee unter dem Großherzog von Mecklenburg in das bayrische Oberfranken einrückte. Manteuffel marschierte am linken Mainufer aufwärts gegen die Tauber, hinter welcher die Bayern und Bundestruppen standen. Sein Plan, sich zwischen beide zu schieben und sie einzeln zu schlagen, wurde zwar durch Goeben vereitelt, der 24. Juli bei Werbach und Tauberbischofsheim sich mit solcher Wucht auf die Badenser und Württembergs warf, daß Prinz Alexander sich sofort gegen Würzburg auf die Bayern zurückzog. Indes lieferte dieser 25. Juli nur das matte Gefecht bei Gerchsheim und entwich dann hinter das rechte Mainufer, wo sich sein Korps auflöste. Die Bayern leisteten 25. und 26. Juli bei Helmstadt und Roßbrunn den Divisionen Beyer und Flies hartnäckigern Widerstand, zogen sich dann aber auch nach Würzburg zurück. Jetzt beeilten sich die süddeutschen Regierungen, durch Gesandte, welche sie nach Nikolsburg schickten, von Preußen einen Waffenstillstand zu erlangen, welcher ihnen 2. Aug. gewährt wurde.
Inzwischen war nämlich 27. Juli in Nikolsburg der Präliminarfriede zwischen Preußen und Österreich zu stande gekommen, welcher Österreich verpflichtete, zur Auflösung des Deutschen Bundes und zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne seine Beteiligung seine Zustimmung zu geben, an Italien Venetien, an Preußen seine Rechte auf Schleswig-Holstein abzutreten, 20 Mill. Thlr. Kriegskosten zu bezahlen und die von Preußen in Norddeutschland herzustellenden neuen Einrichtungen, einschließlich der Territorialveränderungen (von denen nur das Königreich Sachsen ausgeschlossen war), anzuerkennen. Die einzige Wirkung der französischen Vermittelung war der Zusatz zu Art. 5, daß die nördlichen Distrikte von Schleswig, deren Bevölkerung durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gäbe, mit Dänemark vereinigt zu werden, an dieses abgetreten werden sollten. Was die Neuordnung der Verhältnisse in Deutschland anbelangt, so beanspruchte Preußen allerdings über Norddeutschland die unbedingte Herrschaft; es war entschlossen, nicht nur Schleswig-Holstein und die norddeutschen Staaten, welche am Kriege gegen Preußen teilgenommen, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M., seinem Gebiet einzuverleiben, sondern auch sämtliche norddeutsche Staaten zu einem staatlichen Gemeinwesen, dem Norddeutschen Bund, zu vereinigen. Dagegen ward im Art. 4 des Nikolsburger Vertrags bestimmt, daß die südlich vom Main gelegenen deutschen Staaten einen besondern unabhängigen Bund bilden sollten. Indem jedoch Preußen mit Ausnahme von Grenzberichtigungen auf Gebietsabtretungen von seiten der süddeutschen Staaten verzichtete, gewann es dieselben für den Abschluß eines Schutz- und Trutzbündnisses, in welchem sie bei Ausbruch eines Kriegs ihre Truppen unter preußischen Oberbefehl zu stellen sich verpflichteten. Auch wurde ihnen in den Friedensverträgen das absolute Veto in dem neu zu begründenden Zollverein entzogen; außerdem mußte Bayern im Friedensvertrag vom 22. Aug. 30 Mill., Württemberg 13. Aug. 8 Mill., Baden 17. Aug. 6 Mill., Hessen-Darmstadt 3. Sept. 3 Mill. Gulden Kriegskosten bezahlen. Am 23. Aug. ward der definitive Friede mit Österreich zu Prag abgeschlossen; mit Sachsen kam er erst 22. Okt. zu stande. Der Friedensschluß zwischen Österreich und Italien fand 1. Okt. statt. So war der Krieg rasch und in einer Weise zu Ende geführt, die dem besiegten Teil jede überflüssige Schädigung und Demütigung ersparte und Preußens Überlegenheit in staatlicher und militärische Beziehung so deutlich kundgab, daß sein moralisches Anrecht auf die Führerschaft des deutschen Volkes fast allgemein anerkannt wurde.
Litteratur. „Der Feldzug von 1866 in Deutschland.“ Redigiert von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des Großen Generalstabs (Berl. 1867–68); „Österreichs Kämpfe im Jahr 1866“, herausgegeben vom k. k. Generalstabsbüreau (Wien 1867–70, 5 Bde.); „Offizieller Bericht über die Kriegsereignisse zwischen Hannover und Preußen“ (das. 1867–68, 2 Bde.); „Anteil der königlich bayrischen Armee am Krieg des Jahrs 1866“ (Münch. 1868); „Der Anteil des königlich sächsischen Armeekorps am Feldzug 1866 in Österreich“ (2. Aufl., Dresd. 1870, 2 Bde.); „Die Operationen des 8. deutschen Bundeskorps im Feldzug des Jahrs 1866“ (Darmst. 1869); Borbstädt, Preußens Feldzüge gegen Österreich (5. Aufl., Berl. 1867); Blankenburg, Der deutsche Krieg von 1866 (Leipz. 1868); Rüstow, Der Krieg von 1866 (2. Aufl., Zürich 1867); W. Menzel, Der deutsche Krieg im Jahr 1866 (Stuttg. 1867, 2 Bde.); Fontane, Der deutsche Krieg (2. Aufl., Berl. 1871, 2 Bde.); (May) Taktische Rückblicke auf 1866 (4. Aufl., das. 1873); Trinius, Geschichte des Kriegs gegen Österreich und des Mainfeldzugs 1866 (das. 1886); v. d. Wengen, Geschichte der Kriegsereignisse zwischen Preußen und Hannover (Gotha 1886); Lamarmora, [383] Un po’ più di luce (Flor. 1873; deutsch, Mainz 1873); Vilbort, L’œuvre de M. de Bismarck (Par. 1869, 2 Bde.; deutsch, Berl. 1870) u. a.